„Der Raum ist immer zu knapp“

Als Stadtplaner braucht man mehr als technisches Wissen, ein Gespür für die Bedürfnisse der Nutzer sei wichtig.
Als Stadtplanerin interessiert Andrea Faast die Gestaltung der Zukunft Wiens

Die neu errichtete Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße wird gemieden, in der Begegnungszone herrscht allgemeine Verwirrung, nur die Radfahrer freuen sich über freie Fahrt. In den Seitengassen werden die Staus dafür umso länger. Geht das Planungskonzept der Stadt Wien am Ziel vorbei, den Dialog zwischen den Verkehrsteilnehmern zu fördern? Den Interessensausgleich, bei dem alle Beteiligten als Gewinner hervorgehen, gibt es leider selten, findet auch Stadtplanerin Andrea Faast.

1 Was hätten Sie beim Projekt „Neugestaltung Mariahilfer Straße“ anders gemacht?

Andrea Faast: Grundsätzlich gefällt uns das Konzept der Begegnungszone. Wir hätten uns aber eine einheitliche Lösung für die gesamte Straße gewünscht. Außerdem hätten wir das Problem der Querungen zwischen 6. und 7. Bezirk anders gelöst. Das derzeitige Konzept ist verbesserungswürdig.

2 Warum haben Sie den Beruf der Stadtplanerin gewählt?

Ich war schon immer fasziniert, die Zukunft der Stadt gestalten zu können.

3 Gab es ein ausschlaggebendes Ereignis in Ihrem Leben, als Sie die Entscheidung Stadtplanerin zu werden, getroffen haben?

Für die Stadtplanung habe ich mich mit 15 entschieden, nach einem ausführlichen Gespräch mit einem Assistenten vom Institut für Stadtplanung.

4 Wie viel arbeiten Sie?

Durchschnittlich 50 Wochenstunden.

5 Welche Probleme ergeben sich häufig bei Projekten?

Der Raum ist immer zu knapp, egal, wie groß die Fläche ist. Bei Einkaufsstraßen will man beispielsweise Schanigärten unterbringen, dann soll es genug Platz für Fußgänger und Radfahrer geben. Es ist oft schwierig, eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden.

6 Wie wichtig ist das „Vor-Ort-Sein“ als Städteplaner?

Es ist enorm wichtig, dass man das Grätzl, das man plant, auch kennt. Für mich als Vertreterin der Wirtschaftsinteressen ist es wichtig, die Anforderungen der Unternehmen zu kennen. Jeder Raum ist individuell in seinen Gegebenheiten. Auch der Kontakt zu den Anrainern ist sehr wichtig.

7 Was mögen Sie an Ihrem Job?

Es ist schön, wenn man einen Interessensausgleich herstellen kann, wo alle Beteiligten an einem Tisch sitzen und ein für alle tragbarer Kompromiss gefunden werden kann.

8 Gibt es auch etwas, das Sie nicht mögen?

Was ich gar nicht mag ist, wenn einseitige politische Interessen durchgesetzt werden.

9 Wie viel verdienen Sie?

Ich werde für meinen Job gut bezahlt.

10 Ist die Konkurrenz groß? Ja, aber es ist erfreulich zu sehen, dass die jungen Leute sehr gut ausgebildet von der Technischen Universität kommen und auch Auslandserfahrung mitbringen.

11 Welche Fähigkeiten braucht man als Stadtplanerin?

Eine rasche Auffassungsgabe, ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und ein Gespür für die Bedürfnisse der Raumnutzer, ein Sich-Hineindenken-Können.

12 Worauf sind Sie stolz?

Ein besonderes Projekt ist für mich der „Masterplan zur Urbanitätsoffensive“. Hier geht es um die Belebung der Erdgeschoßzonen, da, wo sich das wirtschaftliche Leben abspielt. Durch die Förderung der Ansiedlung von Gastronomie und Gewerbe wollen wir die Urbanität stärken.

13 Was sind Ihre Aufgaben als Stadtplanerin?

Die Aufgaben liegen hauptsächlich im Bereich Verkehrsinfrastruktur, aktuell geht es stark um die Erdgeschoßnutzung.

Andrea Faast, geboren am 11. 2. 1966 in Wien, studierte an der TU Wien Raumplanung. Den Entschluss, den Beruf der Stadtplanerin zu ergreifen, fasste sie bereits mit 15. Heute ist die ausgebildete Mediatorin bei der WKO tätig.

2300 Betriebe in und rund um die Mariahilfer Straße sind von der Neugestaltung betroffen.

6 Semester dauert das Bachelorstudium Raumplanung an der TU-Wien, das 4-semestrige Masterstudium kann direkt angehängt werden. Derzeit gibt es für das Studium kein Aufnahmeverfahren.


40 Maßnahmen sind mit dem Masterplan zur Urbanitätsoffensive erarbeitet worden, um vor allem die Erdgeschoßzonen in Wien zu beleben. Vielfalt soll dabei im Zentrum stehen.

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