In der Arbeit stets auf Reisen
Heute Wien, gestern Mariazell, morgen Bratislava – Dodik Dalibor fährt durch ganz Europa. Als Reisebusfahrer bringt er Gruppen zu ihren Urlaubszielen – und darf oft selbst am Programm teilnehmen. Ständig mit Leuten unterwegs, sieht er vieles, lernt vieles und hört, was er nie gehört hat. Ihm ist auch klar: Wenn etwas passiert, ist den Angehörigen egal, was er dazu zu sagen hat. Er trägt die Verantwortung.
1 Ihre spannendste Reise?
Eigentlich ist der Job von Tag zu Tag ein Erlebnis. Die sechstägige Reise ins italienische Friaul hat mir gefallen.
2 Was gehört neben dem Busfahren zu Ihrem Job?
An Bord biete ich Getränke an, eventuell auch kleine Snacks für die Pausen. Der Bus muss sauber sein. Kleinigkeiten repariere ich selbst, tausche die Glühbirnen aus. Besonders ältere Gruppen befragen mich zur Strecke. Es ist wichtig, höflich und hilfsbereit zu sein.
3 Wie bereiten Sie sich vor?
Wenn ich zum Beispiel nach Italien fahre, habe ich meist zwei Tage davor frei. Ich schaue mir im Internet die Strecke und die Gegend an und erkunde, wo ich hinfahren werde und was es dort gibt. Wenn mich Kunden fragen, möchte ich Auskunft geben können.
4 Warum Reisebusfahrer?
Mein Vater ist Busfahrer. Als Kleinkind war ich oft mit ihm unterwegs, es hat mir immer schon gefallen. Dann wollte ich es selbst probieren – ein großes Ding fahren und unter den Leuten sein.
5 Ist Linienbusfahren anders?
Für mich ist Linienbusfahren mehr wie Straßenbahnfahren – immer dieselbe Strecke mit denselben Leuten. Meins ist das nicht. Aber es ist gut, die Erfahrung gemacht zu haben, bevor ich lange Reisen gefahren bin. Linienbusse fahren auf breiten Straßen, haben eigene Busspuren. Auf Reisen gibt es sehr schmale Wege, ich muss überall schauen, brauche 60 Augen.
6 Sie tragen große Verantwortung. Was geht nicht?
Wenn ich nicht konzentriert bin, steige ich in keinen Bus. Ich trage die Verantwortung für fünfzig Leute. Es wäre schlimm, auch nur eine Person auf dem Gewissen zu haben. Man muss ja gar nicht selbst schuld sein – es gibt genug Leute auf der Straße, die nicht rücksichtsvoll fahren. Wenn ich mit Kleinkindern fahre, muss ich extrem aufpassen. Ich könnte keinem Elternteil in die Augen schauen und erklären, wenn was passieren würde.
7 Was macht den Kundenkontakt schwierig?
Manchmal muss ich mich zusammenreißen, um beim Lenken nicht über die Kommentare zu lachen, die die Kunden sagen. Sonst haben sie das Gefühl, ich nehm’ gleich eine Laterne mit.
8 Haben Ihre Kunden Angst?
Nein, ich fahre so, dass sie sich nicht verschreckt fühlen. Ich bremse und lenke nicht ruckartig.
9 Reisen Sie in Ihrer Freizeit?
Dort, wo ich in letzter Zeit war, würde ich auch gerne mit meiner Familie hinfahren. Ich bin in meinem Job viel unterwegs, aber ich sehe nicht genug davon.
10 Sehen Sie etwas von den Reisezielen?
Wenn die Gruppen zum Beispiel eine Stadtrundfahrt machen, laden sie mich in der Regel ein, mitzukommen. Einmal war ich nicht mit, da hat mir der Fremdenführer gesagt, dass die Gruppe traurig war.
11 Fällt es Ihnen schwer, mit anderen mitzufahren?
Normalerweise nicht. Es kommt auf den Fahrer an.
12 Wie viel verdienen Sie?
Durchschnittlich gut.
13 Was bevorzugen Sie?
Die Abwechslung. Ich will nicht nur in Wien herumfahren und nicht nur mit Kindern oder nur Pensionisten. Egal, wo und mit wem ich unterwegs bin – die Arbeit sollte 100-prozentig erfüllt werden.
In Bosnien aufgewachsen, hat Dodik Dalibor die Lehre zum Gas-, Wasser- und Heizungsinstallateur absolviert. Drei Jahre hat er sich fürs Bundesheer verpflichtet und mit der Militärschule begonnen, bevor er sich zum Heizungs- und Klimatechniker ausbilden ließ. Nach eineinhalb Jahren in der Branche hat er 2010 nach Abwechslung gesucht und als Linienbusfahrer begonnen, bis er bei seiner jetzigen Funktion als Reisebusfahrer landete. Neben dem Führerschein waren ein psychologischer Test nötig, eine Prüfung und eine Abfrage von Fahrtwegen: „Wie kommen Sie schnell und sparsam zur Philadelphiabrücke?“
In Zahlen2500 Kilometer fährt Dodik Dalibor durchschnittlich pro Woche30 längere Reisenzwischen sechs und vierzehn Tagen hat er in seinen drei Dienstjahren gemacht.
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