Julius und die Detektive

Julius Meinl.
Die Staatsanwaltschaft will den Banker an einer Nebenfront anklagen. Wegen Untreue – die Meinl Bank zahlte 860.000 Euro an eine Detektei.

Zehn Jahre werden es heuer, seit die Justiz gegen den Banker Julius Meinl V. ermittelt. Zehn Jahre, in denen sich der Spross einer altehrwürdigen Handelsdynastie und die Wiener Staatsanwaltschaft ein erbittertes Gefecht unter Ausnutzung aller Rechtsmittel liefern. Nicht frei von Emotionen auf beiden Seiten.

Was Meinl mit den Anlegern der Meinl European Land (MEL) aufführte, war ein Skandal. Die große Frage aber ist, ob Meinl strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist. Bis dato konnte die Staatsanwaltschaft keinen Erfolg landen.

Jetzt hofft man, den Banker an einer kleinen Nebenfront zu erwischen, die mit dem Anlegerskandal nur indirekt zu tun hat. Im Justizministerium liegt der Vorhabensbericht "Privatdetektive" . Wegen der Prominenz des Bankers entscheidet das Ministerium, ob tatsächlich Anklage erhoben wird. Die Staatsanwaltschaft will Meinl (als Anstifter) und seinen Ex-Vorstand wegen Untreue anklagen, es gilt die Unschuldsvermutung.

Meinl, derzeit wohnhaft in Prag, wird vorgeworfen, die Meinl Bank um exakt 862.422 Euro geschädigt zu haben. Die kleine Privatbank in der Wiener Innenstadt zahlte diese Summe 2009 und 2010 in mehreren Teilbeträgen an die Detektei Ulm (siehe Faksimile unten). Sechs Detektive waren als Security für Meinl im Einsatz und sicherten auch das weitläufige Landgut der Familie im steirischen Pöllau. Die Argumentation der Staatsanwaltschaft: Die Detektiv-Kosten seien Privatsache und hätten nichts mit der Bank zu tun.

Die Causa beginnt im April 2009. Nach einer Einvernahme wurde der britische Staatsbürger Meinl, Aufsichtsratsvorsitzender der Bank, wegen Fluchtgefahr nächtens inhaftiert. Österreichs prominentester U-Häftling kam schon am folgenden Tag wieder frei.

In den Internetforen entluden sich Häme, Hass und Aufrufe zur Gewalt. Meinl V. soll auf offener Straße bedroht worden sein, auf dem Meinl-Gut trieben sich fremde Personen (und Journalisten) herum, im Privathaus des damaligen Bank-Vorstandes Peter Weinzierl passierte ein sehr seltsamer Einbruch. Und die ganze Welt wusste, dass es in Österreich einen Mann gibt, der innerhalb von 53 Minuten eine Rekord-Kaution von 100 Millionen Euro aufstellen kann. Man muss nicht sonderlich ängstlich sein, um sich in einer derartigen Situation vor Gewalt-Attacken oder einer Entführung zu fürchten.

Die Ermittler sahen das ganz anders. "Eine objektivierte Gefährdung des Lic.Oec. Meinl war nicht festzustellen", heißt es im Abschlussbericht der SOKO Meinl. Es seien keine Dokumentationen oder Fotos vorgelegt worden, die eine "Gefährdungslage" beweisen würden.

Wie sollten derartige Fotos aussehen, konterten Meinls Anwälte im (abgelehnten) Antrag auf Einstellung des Verfahrens? Müsse "der potenzielle Entführer erst von Sicherheitsleuten fotografiert werden, damit eine Gefährdungslage stichhaltig belegt werden kann?"

Die Ermittler beweisen viel Liebe zum Detail. Sie vertieften sich sogar in die österreichische Gewerbeordnung und stellten fest, dass Detektive laut §129, Abs. 1, Z 7 Gewerbeordnung 1994 lediglich zum Schutz von Personen berechtigt sind. Die Bewachung von Grundstücken etc. obliege gemäß Abs. 4 hingegen dem Bewachungsgewerbe.

Der ursprüngliche Verdacht, die Detektive hätten auch die Staatsanwälte ausspioniert, ist im Abschlussbericht kein Thema mehr. Bei der Detektei hatte es deswegen eine Hausdurchsuchung gegeben, mehr als 500.000 Fotos und Unmengen von Daten wurden sichergestellt. Wohl aber wurden ein rebellischer Aktionär und ein Vorstand von zwei anderen Meinl-Gesellschaften (Airport, International Power) observiert.

Fürchten Unternehmen um die Sicherheit ihrer Aufsichtsräte oder Manager in Zusammenhang mit deren beruflicher Tätigkeit, werden Security-Kosten üblicherweise von der Firma bezahlt. Die Muttergesellschaft der Meinl-Bank, die Beleggingsmaatschappij Far East mit Sitz in den Niederlanden, kündigte 2014 in einem Schreiben an die Vorstände des Instituts eine Kapitalerhöhung von neun Millionen Euro an. Damit seien auch die Ausgaben der Bank für die Security abgedeckt. Die Ermittler bezweifeln allerdings die Echtheit des Schreibens.

Die Strafverfahren haben die Bank bis heute einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet. "Mit dem Geld, das die Meinl Bank für die Abwehr dieser sinnlosen strafrechtlichen Ermittlungen aufwenden musste, hätte man alle noch offenen Anlegerverfahren bereinigen können", sagt Ex-Vorstand Weinzierl. Er kritisiert, die Staatsanwaltschaft "steht einer Gesamtlösung des MEL-Themenkomplexes seit Jahren im Wege". Auch im Justizministerium ist man längst alles andere als glücklich über den Krieg zwischen Meinl und den Staatsanwälten. Zehn Jahre ohne Ergebnis seien einfach viel zu lange, heißt es.

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