Job-Offensive: Die fünf Hebel für mehr Beschäftigung
420.000 Arbeitsplätze will ÖVP-Chef Michael Spindelegger in den nächsten fünf Jahren schaffen. Das sind in etwa so viele Arbeitsplätze wie im heimischen Tourismus und sogar etwas mehr als in der gesamten Industrie. Der Arbeitsmarkt brauchte für diesen Zuwachs zwölf Jahre. „Das ist ein sehr, sehr ambitioniertes Ziel“, kommentiert IHS-Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer die Spindelegger-Zahl. Zentrale Frage für ihn ist, um welche Arbeitsplätze es sich überhaupt handelt: Vollzeit, Teilzeit, geringfügig, prekär, befristet, subventioniert oder selbstständig. Aber kann der Staat überhaupt Jobs schaffen und wo könnten diese entstehen? Der KURIER fasste die wichtigsten Hebel für steigende Beschäftigung zusammen:
Arbeitszeit: Verteilung der vorhandenen Arbeit auf mehr Köpfe – auch so werden mehr Arbeitsplätze geschaffen. Ein Großteil des Beschäftigungsanstiegs der vergangenen Jahre ist auf diesen Teilungsprozess zurückzuführen, insbesondere bei Frauen. Dort stieg die Teilzeitquote binnen zwölf Jahren von 33 auf 45 Prozent. Mehr ist aber nicht immer besser, wenn die Qualität der Arbeit darunter leidet. Die Arbeiterkammer kritisiert, dass im Dienstleistungssektor immer mehr Vollzeitstellen in Teilzeit- oder geringfügige Beschäftigung umgewandelt werden. Sie will die Arbeit gerechter verteilen und sieht im Abbau von den jährlich geleisteten 300 Millionen Überstunden einen Hebel für mehr Jobs. „Wenn keine Überstunden mehr gemacht werden, würden 180.000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen“, rechnet ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz vor.
Arbeitsmarktpolitik: Der Staat fördert mit knapp einer Milliarde Euro die Schaffung von Arbeitsplätzen in vielfältiger Weise. Das AMS schickt Langzeitarbeitslose in gemeinnützige Beschäftigungsprojekte oder zahlt Firmen bis zu zwei Drittel der Lohnkosten, wenn sie schwer vermittelbare Personen wie über 50-Jährige aufnimmt. Und schließlich befinden sich gut 10.000 Jugendliche in einer staatlich finanzierten „Ersatz-Lehrstelle“ im Rahmen der Ausbildungsgarantie, die von der EU als Vorbild für Jugendbeschäftigung gesehen wird.
Zukunftsberufe: Drei von vier neuen Jobs entstehen derzeit im Dienstleistungssektor, vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich. Laut AK-Ökonom Markus Marterbauer würde eine Milliarde Euro für den Bereich Pflege und soziale Dienstleistungen etwa 20.000 bis 25.000 zusätzliche Jobs jährlich schaffen. Einen Beschäftigungsschub schafft auch der Ausbau der Kinderbetreuung sowie die Aus- und Weiterbildung. Nur wer gut ausgebildet ist, hat gute Karten am Arbeitsmarkt.
Wirtschaftsförderung Exportförderung, Agrarförderung, Jungunternehmerförderung, Ansiedelungsagenturen, Wohnbauförderung, Förderbank aws: Staatliche Zuschüsse gibt es für nahezu alle Bereiche. Beispiele mit unmittelbarem Beschäftigungseffekt sind etwa die Thermische Sanierung, die das Handwerk fördert, oder Infrastruktur-Projekte wie Straßen-, Wohn- oder Bahnausbau, die der Baubranche zugute kommt. Wirtschaftsvertreter pochen auf eine Senkung der Lohnnebenkosten.
Forschung/Innovation: Immer wenn Neues geschaffen bzw. erfunden wird, entstehen Arbeitsplätze. Forschungsförderung ist daher ein wichtiger Hebel für Wirtschaftswachstum, sind sich Experten einig. „Wichtig ist aber auch, den Unternehmergeist zu wecken“, ergänzt Hofer. Der Ökonom warnt aber, dass, wann immer der Staat Geld in die Hand nehme, der Steuerzahler dafür aufkommen müsse. Teure Joboffensive und Budgetsanierung funktioniere nicht, wie das Beispiel Spanien zeige. „Das Wichtigste ist wohl, ein stabiles, beschäftigungsfreundliches Umfeld zu schaffen.“
Flexibler Arbeitsmarkt
Vor allem weil immer mehr Frauen berufstätig sind, steigt die Beschäftigung. Die Teilzeitquote stieg binnen zwölf Jahren von 16 auf knapp 26 % (Frauen 45 %) und ist eine der höchsten in der EU. Zwei Drittel der unselbstständig Erwerbstätigen sind Angestellte, ein Drittel Arbeiter. Die Zahl der Lehrlinge ist seit 2011 rückläufig.
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