Jetzt auch Beschwerden über Amazon-Verteilzentrum in Österreich
Nach gut einem halben Jahr im Amazon-Verteilzentrum Großebersdorf (NÖ) hat es Maarten N. gereicht. Er habe genug von erniedrigenden Vorschriften seines Arbeitgebers, der ständigen Überwachung und auch von seinem Lohn, der lediglich in einem Monat so hoch war wie ursprünglich veranschlagt.
Der Leiharbeiter hat sich an die Gewerkschaft gewandt, die nun gegen Amazons „menschenunwürdigen Umgang“ vorgehen will. Wobei das wohl nicht so einfach wird, da Amazon „sehr geschickt darin ist, die Grenzen des Legalen auszuloten“, sagt Barbara Teiber, Vorsitzende der GPA-djp.
Maarten erzählt etwa, dass Mitarbeiter nach dem Weihnachtsgeschäft „ersucht“ wurden, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Die Lohneinbuße betrug demnach 20 Prozent (bei einem monatlichen Nettolohn von 750 Euro für 25 Wochenstunden), die versprochene Wiederaufstockung nach drei Monaten blieb aus. Trotz der Stundenreduktion wurden Mitarbeiter gekündigt. Die Hälfte des im November eingestellten Personals sei schon wieder gegangen oder gegangen worden. Das Arbeitspensum steige stetig.
Um die Pakete lagern zu können, seien Regale enger zusammengestellt worden. In Regalgängen von einer Länge von 2,5 Metern und 1,5 Meter Breite würden regelmäßig fünf bis sieben Leute arbeiten. Ihre Leistung werde ständig dokumentiert, die gewonnenen Daten entscheiden offenbar über Kündigung und Weiterbeschäftigung. Mitarbeiter haben keine Einsicht in die Daten. Sie dürfen während der Arbeit auch nichts Persönliches, wie Handys bei sich haben. Wer sich nicht daran halte, werde schnell verdächtigt, den Gegenstand aus einem Paket gestohlen zu haben, heißt es.
„Körper bestellen“
Nur 16 der 150 Beschäftigten in Großebersdorf sind direkt bei Amazon angestellt, alle anderen sind Leiharbeiter. Eine Führungskraft des Verteilzentrums habe einmal gesagt „Amazon bestellt die Körper, die wir gerade brauchen“, erzählt Maarten.
Nebeneffekt dieser Personalpolitik: Die Mitarbeiter können sich schwer gewerkschaftlich organisieren und ihre Rechte durchsetzen. Teiber fordert daher, „dass maximal so viele Leiharbeitskräfte im Betrieb beschäftigt sind, wie es reguläre Beschäftigte gibt“. Möglich soll das eine unternehmensspezifische Verordnung machen, die vom Sozialministerium erlassen werden müsste. Zudem soll das Arbeitsinspektorat prüfen, ob die Arbeitsplatzsituation im Verteilzentrum gesetzeskonform ist. Außerdem soll die Gebietskrankenkasse der Frage nachgehen, ob bei den Fahrern eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.
Amazon nimmt schriftlich zu den Vorwürfen Stellung: „Wir denken nicht, dass die Vorwürfe die Wirklichkeit in unseren Gebäuden widerspiegeln.“ Wie jedes Unternehmen erwarte Amazon eine Leistung von den Mitarbeitern.
Maarten geht davon aus, dass seine Leistung bei Amazon nicht mehr gefragt ist. Er rechnet damit, dass sein nächster Arbeitstag der Tag seiner Kündigung sein wird.
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