Jeder vierte Arbeitnehmer übt nicht den erlernten Beruf aus

Offene Stellen und Arbeitslose passen immer seltener zusammen. Steigende Zahl an Über- und Unterqualifizierungen gefährdet die Produktivität.

Hohe Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig akutem Fachkräftemangel sind längst kein Widerspruch mehr. Im Gegenteil: Offene Stellen und Arbeitslose passen immer seltener zusammen. Das Phänomen „Mismatch“, zu Deutsch „Passfehler“, zähle zu den „größten Herausforderungen des zukünftigen Arbeitsmarktes“, sagt Michael Wottawa, Österreich-Chef des Personaldienstleisters Randstad. Laut einer von Randstad beauftragten, globalen Erhebung von seo economic research werden immer mehr Arbeitsplätze fehlbesetzt. So arbeiten in Österreich schon 26 Prozent aller Arbeitnehmer in einem anderen als dem erlernten Beruf. Nur 59 Prozent erfüllen die für ihren Job geforderten formalen Qualifikationen. 17 Prozent gelten als „überqualifiziert“, weitere 24 Prozent als „unterqualifiziert“, ihnen fehlen also wichtige Fachkenntnisse.

Mitte bricht weg

„Durch zunehmende Automatisierung steigt die Nachfrage nach höher Qualifizierten, jene nach weniger Qualifizierten bleibt jedoch gleich. In Bedrängnis kommen die mittleren Qualifikationen“, fasst Wottawa die Studie zusammen. Fehlbesetzungen würden zu Produktivitätsverlusten führen und letztlich das Wirtschaftswachstum gefährden.

Roland Löffler vom Institut für Berufsbildungsforschung (ÖIBF) verweist darauf, dass in Österreich fast 40 Prozent der Lehrlinge nach Lehrabschluss in eine andere Branche wechseln.

Die Ursachen für die Zunahme an Fehlbesetzungen sieht er unter anderem in der Ausbildung – „die Anforderungen der Wirtschaft wechseln so rasch, dass das Bildungssystem nicht mehr mitkommt“ , aber auch im Preis-Leistungs-Verhältnis, der Vereinbarkeit mit Familie oder mangelnder Mobilität. Fachkräfte würden oft nicht vor der Haustüre gesucht. Während überproportional viele Migranten überqualifiziert seien, betreffe die Unterqualifizierung zunehmend Ältere, deren Wissen nicht auf dem neuesten Stand sei. Nicht immer bedeute eine rein formale Unterqualifizierung aber auch eine reale, schränkt Löffler ein.

Der im August in Österreich gestartete niederländische Zeitarbeitsriese Randstad hat ehrgeizige Wachstumsziele. „Wir sind in jedem Land unter den Top-3-Anbietern, das haben wir auch in Österreich vor“, sagt Randstad-Vorstand Leo Lindelauf und schließt auch weitere Übernahmen nicht aus. Durch den Kauf von Start People mit zehn Standorten und rund 1500 Zeitarbeitern ist Randstad derzeit die Nummer sechs am heimischen Markt. Weltweit beschäftigt der börsenotierte Konzern 580.000 Zeitarbeiter in 39 Ländern. Er ist damit hinter Adecco der zweitgrößte Personaldienstleister der Welt. In Österreich ist die Zahl der Leiharbeiter im August gegenüber 2012 um 7 Prozent auf 78.000 gesunken. Die Auftragslage habe sich im September etwas gebessert, sieht Österreich-Chef Michael Wottawa Anzeichen einer Erholung. „Wir sehen einen Schub kommen. Vor allem im Gewerbe füllen sich die Auftragsbücher wieder.“

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