Nach 100 Jahren erstmals Frau an Spitze der Fed

Die Federal Reserve feiert am 23. Dezember ihren 100. Geburtstag, kurz darauf soll erstmals in der Geschichte der US-Notenbank eine Frau an die Spitze rücken. US-Präsident Barack Obama nominiert am Mittwoch Janet Yellen offiziell als Nachfolgerin von Fed-Chef Ben Bernanke.
Die 67-Jährige ist bereits seit 2010 Bernankes Stellvertreterin und gilt wie dieser als Verfechterin einer expansiven Geldpolitik. Die promovierte Ökonomin mit der grauen Kurzhaarfrisur blickt auf eine langjährige Erfahrung bei der Fed zurück, war aber nicht Obamas erste Wahl für den wichtigsten geldpolitischen Posten der Welt.
"Die Arbeitslosigkeit reduzieren, das muss im Zentrum stehen"
"Die Arbeitslosigkeit reduzieren, das muss im Zentrum stehen", hat Yellen in den vergangenen Jahren gepredigt. Jobs zu schaffen ist ihr wichtiger als der Kampf gegen die Inflation - damit gilt sie im Offenmarktausschuss der Fed, zuständig für die Geld- und Währungspolitik der USA, als "Taube". Seit den Krisenzeiten im Jahr 2008 kurbelt die Zentralbank die Konjunktur mit billigem Geld an. Der Leitzins verharrt bei praktisch null Prozent, über den Aufkauf von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren pumpt die Fed Milliardensummen in den Wirtschaftskreislauf.
Verheiratet mit Nobelpreisträger

Nach fünf Jahren als Dozentin in Harvard kommt sie 1977 erstmals zur Fed - und zwar durch die Hintertür zum wissenschaftlichen Dienst, der die Entscheider mit Statistiken und Analysen füttert. Dort trifft Yellen auch ihren späteren Ehemann George Akerlof, der 2001 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhält.
"Wenn Sie bei uns zuhause am Tisch sitzen, dann wird dort über Ökonomie geredet"
"Wenn Sie bei uns zuhause am Tisch sitzen, dann wird dort über Ökonomie geredet - Sie werden mit mehr Diskussionen vollgestopft, als Sie vertragen können", beschreibt Yellen einmal ihren Alltag. Das Paar hat einen erwachsenen Sohn, der an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Warwick in England doziert.
Yellen kehrt 1980 an die Universität zurück und lehrt bis 1994, als der damalige US-Präsident Bill Clinton sie als Gouverneurin in den Zentralbankrat holt. Damit gehört sie erstmals auch dem Offenmarktausschuss an. Drei Jahre später macht Clinton sie zu seiner obersten Wirtschaftsberaterin, bis 1999 sammelt sie im Weißen Haus Regierungserfahrung.

Weiteres Prozedere
Bevor Yellen an die Spitze der Fed aufsteigt, muss der Senat der Nominierung noch zustimmen. Dort haben Obamas Demokraten die Mehrheit. Parteipolitische Ränkespiele in der Kongresskammer könnten die Bestätigung noch hinauszögern, Yellen weiß aber einflussreiche demokratische Senatoren hinter sich.
Als Fed-Chefin würde sie vor der Aufgabe stehen, mittelfristig den Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik zu organisieren, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Die Finanzmärkte können dabei wohl aufatmen: Mit einer "Taube" an der Spitze der Notenbank dürfte der Entzug vom billigen Geld in homöopathischen Dosen erfolgen.
Arthur F. Burns (Februar 1970 bis Jänner 1978)
G. William Miller (März 1978 bis August 1979)
Paul A. Volcker (August 1979 bis August 1987)
Alan Greenspan (August 1987 bis Jänner 2006)
Ben S. Bernanke (seit Februar 2006)
HOLGER SANDTE, NORDEA-CHEFANALYST FÜR NORDEA
"Das ist eine gute Entscheidung. Yellen ist für den Job besser geeignet als Summers. Man weiß bei ihr, was man kriegt. Bei Summers wäre das nicht so klar gewesen - außer, dass er einen kontroversen Führungsstil pflegt.
Ihre größte Herausforderung: Sie muss herausfinden, wie lange die amerikanische Wirtschaft noch die Unterstützung der Notenbank braucht. Sie muss rechtzeitig den Fuß vom Gas nehmen, um Blasen auf den Märkten zu verhindern. Es ist eher von Vorteil, dass sie eine ausgewiesene Arbeitsmarktexpertin ist und bereits Erfahrung in der Fed gesammelt hat."
CHRISTIAN SCHULZ, ÖKONOM DER BERENBERG BANK
"Mit ihr wird es keine Revolution in der Geldpolitik geben. Sie ist eine Architektin des ultralockeren Kurses der Fed. Ich würde sie noch stärker in der Tauben-Fraktion verorten als den aktuellen Chef Bernanke. Das heißt, dass die Fed eher noch vorsichtiger den Ausstieg aus ihren Sondermaßnahmen betreiben wird. Hier ist Kontinuität gewählt worden. Das sollte für die Märkte die Sicherheit bringen, dass der Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik nicht verfrüht kommt."
TOHRU SASAKI, JPMORGAN
"Die Nominierung von Yellen ist keine Überraschung, nachdem sich Summers aus dem Rennen zurückgezogen hat. Aus Sicht der Märkte ist Yellen die beste Kandidatin."
BRAD DELONG, PROFESSOR AN DER UNIVERSITY OF CALIFORNIA, BERKELEY
"Kein Kandidat ist jemals besser auf diesen Job vorbereitet gewesen als Janet Yellen. Es ist gut, dass sie dafür gerüstet ist. Das ist eine Nachricht, die mich ruhiger schlafen lässt."
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