Nach 100 Jahren erstmals Frau an Spitze der Fed

Janet Yellen blickt aufmerksam zur Seite.
Obama beruft Janet Yellen zur Bernanke-Nachfolgerin. Sie gilt als Arbeitsmarktexpertin.

Die Federal Reserve feiert am 23. Dezember ihren 100. Geburtstag, kurz darauf soll erstmals in der Geschichte der US-Notenbank eine Frau an die Spitze rücken. US-Präsident Barack Obama nominiert am Mittwoch Janet Yellen offiziell als Nachfolgerin von Fed-Chef Ben Bernanke.

Die 67-Jährige ist bereits seit 2010 Bernankes Stellvertreterin und gilt wie dieser als Verfechterin einer expansiven Geldpolitik. Die promovierte Ökonomin mit der grauen Kurzhaarfrisur blickt auf eine langjährige Erfahrung bei der Fed zurück, war aber nicht Obamas erste Wahl für den wichtigsten geldpolitischen Posten der Welt.

"Die Arbeitslosigkeit reduzieren, das muss im Zentrum stehen"

"Die Arbeitslosigkeit reduzieren, das muss im Zentrum stehen", hat Yellen in den vergangenen Jahren gepredigt. Jobs zu schaffen ist ihr wichtiger als der Kampf gegen die Inflation - damit gilt sie im Offenmarktausschuss der Fed, zuständig für die Geld- und Währungspolitik der USA, als "Taube". Seit den Krisenzeiten im Jahr 2008 kurbelt die Zentralbank die Konjunktur mit billigem Geld an. Der Leitzins verharrt bei praktisch null Prozent, über den Aufkauf von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren pumpt die Fed Milliardensummen in den Wirtschaftskreislauf.

Yellen gehörte schon immer zum engeren Kreis der Anwärter auf die Nachfolge Bernankes, dessen zweite vierjährige Amtszeit am 31. Jänner 2014 endet. Als Obamas bevorzugter Kandidat galt jedoch Larry Summers, einst US-Finanzminister und Professor an der Eliteuni Harvard. Gegen Summers regte sich aber in den Reihen von Obamas Demokraten Widerstand, eine Bestätigung durch den Senat schien nicht sicher. Mitte September erklärte Summers seinen Verzicht.

Verheiratet mit Nobelpreisträger

Ein Mann im Anzug schüttelt vor einem „UC Berkeley“-Hintergrund eine Hand.
American economist Oliver Williamson (R) shakes hands with 2001 Nobel winner in economics George Akerlof after a news conference at the University of California in Berkeley, California October 12, 2009. American economists Williamson and Elinor Ostrom won the 2009 Nobel prize for economics for their work in economic governance, the prize committee said on Monday. REUTERS/Kim White (UNITED STATES BUSINESS SCI TECH)
Qualifiziert für den Job ist Yellen allemal.

Nach fünf Jahren als Dozentin in Harvard kommt sie 1977 erstmals zur Fed - und zwar durch die Hintertür zum wissenschaftlichen Dienst, der die Entscheider mit Statistiken und Analysen füttert. Dort trifft Yellen auch ihren späteren Ehemann George Akerlof, der 2001 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhält.

"Wenn Sie bei uns zuhause am Tisch sitzen, dann wird dort über Ökonomie geredet"

"Wenn Sie bei uns zuhause am Tisch sitzen, dann wird dort über Ökonomie geredet - Sie werden mit mehr Diskussionen vollgestopft, als Sie vertragen können", beschreibt Yellen einmal ihren Alltag. Das Paar hat einen erwachsenen Sohn, der an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Warwick in England doziert.

Yellen kehrt 1980 an die Universität zurück und lehrt bis 1994, als der damalige US-Präsident Bill Clinton sie als Gouverneurin in den Zentralbankrat holt. Damit gehört sie erstmals auch dem Offenmarktausschuss an. Drei Jahre später macht Clinton sie zu seiner obersten Wirtschaftsberaterin, bis 1999 sammelt sie im Weißen Haus Regierungserfahrung.

Janet Yellen spricht vor Mikrofonen.
Geboren am 13. August 1946 im New Yorker Stadtteil Brooklyn, machte sie ihren Uni-Abschluss 1967 mit dem Spitzenprädikat "summa cum laude". 1971 erhielt sie ihren Doktortitel von der renommierten Yale-University.
2004ist Yellen zurück bei der Zentralbank - sie wird Chefin der Fed von San Francisco, zuständig für die Staaten Kalifornien, Nevada und Arizona. Kritiker werfen ihr vor, nicht früh genug Alarm geschlagen zu haben, als die Immobilienblase platzte und die auf faulen Krediten basierenden Geldanlagen die Welt in eine schwere Finanzkrise stürzten. Bei einer Anhörung im Kongress räumt sie2010ein, dass sie die Risiken von hypothekenbesicherten Wertpapieren falsch eingeschätzt habe: "Ich habe nichts davon kommen sehen, bis es passierte."

Weiteres Prozedere

Bevor Yellen an die Spitze der Fed aufsteigt, muss der Senat der Nominierung noch zustimmen. Dort haben Obamas Demokraten die Mehrheit. Parteipolitische Ränkespiele in der Kongresskammer könnten die Bestätigung noch hinauszögern, Yellen weiß aber einflussreiche demokratische Senatoren hinter sich.

Als Fed-Chefin würde sie vor der Aufgabe stehen, mittelfristig den Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik zu organisieren, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Die Finanzmärkte können dabei wohl aufatmen: Mit einer "Taube" an der Spitze der Notenbank dürfte der Entzug vom billigen Geld in homöopathischen Dosen erfolgen.

Arthur F. Burns (Februar 1970 bis Jänner 1978)

G. William Miller (März 1978 bis August 1979)

Paul A. Volcker (August 1979 bis August 1987)

Alan Greenspan (August 1987 bis Jänner 2006)

Ben S. Bernanke (seit Februar 2006)

HOLGER SANDTE, NORDEA-CHEFANALYST FÜR NORDEA

"Das ist eine gute Entscheidung. Yellen ist für den Job besser geeignet als Summers. Man weiß bei ihr, was man kriegt. Bei Summers wäre das nicht so klar gewesen - außer, dass er einen kontroversen Führungsstil pflegt.

Ihre größte Herausforderung: Sie muss herausfinden, wie lange die amerikanische Wirtschaft noch die Unterstützung der Notenbank braucht. Sie muss rechtzeitig den Fuß vom Gas nehmen, um Blasen auf den Märkten zu verhindern. Es ist eher von Vorteil, dass sie eine ausgewiesene Arbeitsmarktexpertin ist und bereits Erfahrung in der Fed gesammelt hat."

CHRISTIAN SCHULZ, ÖKONOM DER BERENBERG BANK

"Mit ihr wird es keine Revolution in der Geldpolitik geben. Sie ist eine Architektin des ultralockeren Kurses der Fed. Ich würde sie noch stärker in der Tauben-Fraktion verorten als den aktuellen Chef Bernanke. Das heißt, dass die Fed eher noch vorsichtiger den Ausstieg aus ihren Sondermaßnahmen betreiben wird. Hier ist Kontinuität gewählt worden. Das sollte für die Märkte die Sicherheit bringen, dass der Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik nicht verfrüht kommt."

TOHRU SASAKI, JPMORGAN

"Die Nominierung von Yellen ist keine Überraschung, nachdem sich Summers aus dem Rennen zurückgezogen hat. Aus Sicht der Märkte ist Yellen die beste Kandidatin."

BRAD DELONG, PROFESSOR AN DER UNIVERSITY OF CALIFORNIA, BERKELEY

"Kein Kandidat ist jemals besser auf diesen Job vorbereitet gewesen als Janet Yellen. Es ist gut, dass sie dafür gerüstet ist. Das ist eine Nachricht, die mich ruhiger schlafen lässt."

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