Wasserstoff als massentauglicher Antrieb für den Individualverkehr zeichnet sich nicht ab. Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern ein Speichermedium. Er wird gasförmig (H₂) getankt, umgewandelt, mithilfe einer Brennstoffzelle wird ein Elektromotor betrieben. Die Fahrzeuge sind lokal emissionsfrei, sehr leise und können ähnlich schnell betankt werden wie Verbrenner.
41 Wasserstoff-Pkw sind derzeit in Österreich zugelassen. 36 davon seien Hyundai Nexo, sagt Roland Punzengruber, Geschäftsführer Hyundai Österreich. Das Modell verkauft der Importeur „ausschließlich an ausgewählte Firmenkunden mit direktem Bezug zu Wasserstoff“ – Industrie und Forschung. Massentauglich soll die Technologie in fünf bis zehn Jahren sein.
Umstrittener Antrieb
Doch der Wasserstoff-Antrieb ist umstritten. „Elektrofahrzeuge haben eine dreimal höhere Energieeffizienz“, erklärt Holger Heinfellner, Leiter des Teams Mobilität im Umweltbundesamt. Für kleine, leichte Fahrzeuge mit wenig Anforderungen an Reichweite überwiegen die Vorteile des Batterieantriebs. Für hohe Reichweiten, Leistungen und zeitliche Flexibilität aber sei Wasserstoff richtig, meint Alexander Trattner, Leiter des Wasserstoff-Forschungszentrums HyCentA in Graz: Oberklassefahrzeuge etwa, Taxis, Busse, Lkw oder Züge.
Diese Einschätzung spiegelt der Markt: Während die Hersteller mit Plänen für Pkw eher zurückhaltend sind, ist im Bereich Schwerlast viel in Bewegung. Start-ups wie Hyzon und Nikola Motors planen die Serienproduktion von Trucks und Lkw mit Wasserstoff-Antrieb. Züge sind bereits im Einsatz, in Österreich in Planung, ÖBB und Wiener Linien testen den Einsatz von Wasserstoffbussen. In dieser Woche wurde mit dem Lynx HySnow das erste Schneefahrzeug vorgestellt, das mit H₂ fährt.
Von Entweder-Oder-Debatten hält Trattner nichts: „Die Diskussion Batterie gegen Brennstoffzelle gegen Diesel bringt nichts.“ Erst in der Praxis werde sich zeigen, was besser sei. „Wir werden keinesfalls nur auf eine Technologie setzen können“, sagt auch Heinfellner.
Hohe Herstellungskosten
Was fehlt, damit Wasserstoff-Fahrzeuge für Private attraktiv werden? Die Herstellungskosten müssen gesenkt werden, die Infrastruktur muss ausgebaut werden: Derzeit gibt es fünf öffentliche Wasserstoff-Tankstellen in Österreich. Und: Wirklich nachhaltig wird der Antrieb erst mit grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen.
Dieser Anteil „liegt in Österreich bei quasi 0 Prozent“, sagt Heinfellner. „Der Wasserstoff stammt zu annähernd 100 Prozent aus fossilen Energieträgern.“ In einer Pilotanlage in Linz erprobt voestalpine, wie es anders gehen könnte. Und Shell verkündete, in den Niederlanden mit einem Mega-Windpark das größte Wasserstoff-Projekt Europas aufbauen zu wollen. HyCentA-Leiter Trattner hält eine flächendeckende Versorgung mit grünem Wasserstoff für realistisch.
Österreich auf dem Weg zur Wasserstoffnation Nummer 1? Was genau das heißt, weiß man auch im Umweltbundesamt nicht. Alexander Trattner ist vorsichtig mit Superlativen, auch wenn er große Chancen im H₂-Antrieb sieht: „ Da muss man schon die Kirche im Dorf lassen.“
Pionier-Zug aus dem Zillertal
Zur Wintersaison 2023 will die Zillertalbahn komplett auf Wasserstoff-Antrieb umstellen. Bis Ende März sollen die Fahrzeuge bestellt werden, ab Juni 2022 sind Testfahrten geplant, sagt Helmut Schreiner, Technischer Vorstand der Zillertalbahn. Der Wasserstoff-Betrieb sei um sechs Prozent günstiger als mit Oberleitungen, zudem leiser und mit weniger Gefahr für Strom-Unfälle.
Doch: „Wasserstoff ist nur sinnvoll, wenn er aus nachhaltiger grüner Energie gewonnen wird“, sagt Schreiner. Das schafft die Schmalspurbahn: In Mayrhofen kommt die Energie von den dortigen Wasserwerken, am Bahnhof wird per Elektrolyse grüner Wasserstoff produziert, gespeichert, gekühlt, verdichtet, die Züge werden direkt betankt.
Von Julika Oppitz
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