Islamic Banking: Österreich hinkt hinterher

Der für das islamische Bankensystem wichtigste Rechtsgrundsatz beschreibt das im Koran verankerte Zinsverbot (Riba).
Heimische Institute bieten noch keine Produkte nach islamischem Recht an - Bedarf gäbe es wohl.

Regierungen und Finanzmarktaufsichtsbehörden weltweit fördern Finanzprodukte, die nach islamischem Recht "halal", also religionskonform sind. Ende 2013 waren 38 Millionen Menschen Kunden bei einer Bank, die wenigstens teilweise Islamic Banking anbietet. Tendenz stark steigend.

Nicht so in Österreich. Hiesige Banken bieten noch keine Produkte nach islamischem Recht an. Das Islamische Informations- und Dokumentationszentrum Österreich (IIDZ-Austria) hat zwar eine Norm für shariakonforme Finanzprodukte erarbeitet, diese wurde allerdings noch nicht einmal begutachtet. "Wir kämpfen seit Jahren für Islamic Banking, doch wir kommen nicht weit. Österreich hinkt hier weit hinterher", sagt Günther Ahmed Rusznak, Präsident der IIDZ-Austria. "In Österreich gibt es leider kein Angebot. Viele Banken sehen dieses Produkt als nicht zielführend an", meint auch Mouddar Khouja, dessen Firma bis vor fünf Jahren shariakonforme Produkte der BNP Paribas im Portfolio hatte.

"'Noch traut sich der österreichische Markt nicht in dieses Segment."

Die Bank Austria bestätigt das Fehlen islamischer Finanzprodukte, merkt aber auch an, dass man beim Vermögensmanagement persönlich auf Wünsche der Kunden eingehen könne. Wertpapierhändlerin Barbara Katzdobler sieht Islamic Banking aber schon bald auf den Agenden der heimischen Banken. "'Noch traut sich der österreichische Markt nicht in dieses Segment", meint Katzdobler. "Im Vergleich zu herkömmlichen Produkten sind islamische Fonds noch nicht konkurrenzfähig. Das schreckt viele ab. Früher oder später müssen aber auch österreichische Banken ein Angebot für gläubige Muslime ins Portfolio nehmen. Schließlich stellen sie einen immer größeren Teil der Bevölkerung", ist Katzdobler überzeugt.

Islamic Banking: Österreich hinkt hinterher
A man walks past an Emirates Islamic Bank branch in Bank street in Dubai, in this October 18, 2011 file photo. As it recovers from a crippling property market crash in 2009-2010, the emirate has set its sights on becoming a global centre for Islamic business - activity conducted under religious principles, in areas from banking and insurance to food production, education, tourism and contract negotiation. To match ISLAMIC-FINANCE/DUBAI REUTERS/Jumana El Heloueh/Files (UNITED ARAB EMIRATES - Tags: BUSINESS)
Im Gegensatz dazu gibt es weltweit ein starkes Wachstum, vor allem in der islamischen Welt: Der kumulierte Gewinn in den sechs Märkten Katar, Indonesien, Saudi Arabien, Malaysia, Vereinigte Arabische Emirate und Türkei wird auf 10 Milliarden Dollar (7,35 Mrd. Euro) geschätzt, schreibt Finance & Ethics Research.

Auch in Europa entdecken traditionelle Großbanken wie die französische BNP Paribas gläubige Muslime als Kunden. In Großbritannien gibt es seit 2004 die Islamic Bank of Britain. Ansprechen sollen diese Produkte aber nicht ausschließlich strenggläubige Muslime. Das Angebot soll sich an alle Menschen richten, die an ethik-, sozial- und umweltorientierten Anlageoptionen interessiert sind.

Grundpfeiler ist das Verbot von Zinsen. Wer sein Geld daher nach islamischen Regeln ("Halal") anlegt, wird am künftigen Gewinn - oder Verlust - der Bankgeschäfte beteiligt. Garantie für eine bestimmte Verzinsung gibt es nicht. Zweiter Grundsatz ist, dass jeder Transaktion ein reales Geschäft zugrundeliegen muss. Geld darf nicht Geld verdienen, sondern muss dazu verwendet werden, reale Geschäfte zu finanzieren. Spekulation ist ebenso verboten. Dennoch können islamische Banken die meisten bekannten Bankprodukte anbieten, von Kreditkarten - ohne verzinsten Überziehungsrahmen - bis zu Leasing.

Islamisches Banking untersagt Investitionen in Geschäfte, wo Alkohol oder Schweinefleisch im Spiel ist - also auch in Restaurants, wo Alkohol ausgeschenkt wird. Verboten ist es auch, Geld in Glücksspiel, konventionelle Banken oder Versicherungen, die Rüstungsindustrie, die Unterhaltungsindustrie, die Klon- und Stammzellenforschung oder allgemein umwelt- und gesundheitsschädigende beziehungsweise arbeitnehmerdiskriminierende Unternehmen zu investieren.

Auch "klassische" Banken können islamische Produkte anbieten - indem sie ein "islamic window", also eine eigene Abteilung in der Bank schaffen, die nach den zulässigen Regeln arbeitet. Dazu muss ein Experten-Rat, international "Sharia-Board" genannt, eingerichtet werden, der aus drei Personen besteht, mindestens einer davon islamischer Rechtsexperte. Die Experten müssen dafür garantieren, dass die Regeln des islamischen Banking eingehalten werden.

ONR 142001-1:2010 für islamisches Banking

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