Iran-Sanktionen: „Die Chinesen sind der lachende Dritte“

Kommen und Gehen beim South-Pars-Ölfeld
Die Europäer müssen sich zurückziehen. Ihr Geschäft fällt Chinas Staatskonzernen in den Schoß, denen US-Drohungen egal sind.

Peking rechnet sich blühende Geschäfte mit dem Iran aus: 1150 Tonnen Sonnenblumenkerne werden in 15 Tagen in Teheran eintreffen. Am Donnerstag hatte sich der damit beladene Güterzug aus Bayan Nur (Nordchina) auf den Weg gemacht.

Es ist das rollende Signal, dass China seinem Handelspartner ungeachtet der US-Drohungen die Treue halten will. Der Iran ist ein zentrales Transitland für Chinas gigantisches Infrastrukturprojekt, die „Neue Seidenstraße“.

Der von Präsident Donald Trump verordnete Ausstieg der USA aus dem Anti-Atomabkommen von 2015 mischt die Karten im Iran neu. „Die Chinesen sind der lachende Dritte“, sagte der rot-weiß-rote Wirtschaftsdelegierte in Teheran, Christoph Grabmayr, zum KURIER: „Sie hatten schon vorangegangene Sanktionsperioden genützt, um sich sehr gut zu positionieren.“ Die Zahlen belegen das (siehe Grafik): Während der Handel der Europäer mit dem Iran stagniert, hat sich Chinas Stellenwert binnen elf Jahren nahezu verdreifacht.

Iran-Sanktionen: „Die Chinesen sind der lachende Dritte“

Strafen für Europäer

So ist China der mit Abstand größte Abnehmer iranischen Öls, im Wert von zuletzt 11 Milliarden Dollar. Die staatliche chinesische CRRC hat Aufträge für den Bau von 1400 U-Bahn- und Bahnwaggons für die Großstädte Teheran, Maschhad, Isfahan und Schiras an Land gezogen.

Jetzt fällt den Chinesen zusätzliches Geschäft in den Schoß: Nach dem Willen der USA müssen sich ausländische Firmen – speziell im Auto-, Rohstoff- Energie- und Finanzsektor – binnen 90 oder 180 Tagen aus dem Iran zurückziehen. Andernfalls verlieren sie den Zugang zum US-Markt oder müssen mit Milliardenstrafen rechnen.

Chinesischen Staatskonzernen können solche Drohungen herzlich egal sein. Auch jene Russlands und Indiens sind selten auf die USA als Absatzmarkt angewiesen. Für die Europäer steht hingegen viel auf dem Spiel: Ein gutes Dutzend Großbanken fasste bereits wegen Verstößen gegen US-Sanktionen exorbitante Geldstrafen aus – so musste die französische BNP Paribas 2014 unter anderem wegen Iran-Geschäften die Rekordbuße von 8,9 Mrd. Dollar begleichen; für die britische HSBC waren es knapp zwei Milliarden.

Kein Wunder, wenn der französische Ölmulti Total nun den Rückzug vom größten Gasfeld der Welt, dem South-Pars-Projekt im Persischen Golf, erwägt. Chinas Energiekonzern CNPC würde den 50,1-Prozent-Anteil liebend gern (zusätzlich zu eigenen 30 Prozent) übernehmen, hieß es am Freitag. Auch die japanische Explorationsfirma Inpex will aus einem Ölprojekt auszusteigen. Airbus fällt um einen 19-Milliarden-Dollar-Auftrag für 100 Passagierflugzeuge um. Und PSA und Renault werden wohl geplante Investitionen in Irans Autofabriken abblasen müssen.

Das EU-Dilemma

Die Deutschen, Franzosen und Briten, die das Anti-Atom-Abkommen mit dem Iran aufrecht erhalten möchten, stehen vor einem fast unlösbaren Problem: Sie können ihr Versprechen engerer Wirtschaftsbeziehungen wegen der US-Pressionen nicht einlösen. Damit verliert aber der Iran den Ansporn, strenge Kontrollen zuzulassen.

Die EU überlegt nun ein „Blockade-Gesetz“, das die US-Sanktionen für europäische Firmen ungültig erklären soll. Dafür gibt es ein historisches Vorbild: Die Verordnung EG2271 von 1996 war eine Reaktion auf Sanktionen der USA gegen Kuba.

Das sei jedoch ein „zahnloses Instrument“, befinden die Iran-Experten der Kanzlei Freshfields, Farid Sigari-Majd und Stephan Denk: Es helfe Unternehmen nicht aus der Zwickmühle, sich zwischen dem US-Markt oder Iran entscheiden zu müssen.

Auf USA angewiesen

Was mittlerweile auch für einige chinesische Konzerne gilt. Weil sie elektronisches Gerät mit US-Komponenten im Iran und Nordkorea verkauft hatte, musste die Mobilfunkfirma ZTE 1,2 Milliarden Dollar Strafe aus Washington akzeptieren. Andernfalls hätten alle US-Zulieferer die Kontakte zu ZTE abbrechen müssen. Ebenso wenig könnte Handyhersteller Huawei, der die Branchenführer Samsung und Apple jagt, auf seinen US-Absatzmarkt verzichten.

Eines werden die US-Santionen indes beschleunigen: Chinas Abkehr vom Dollar. Peking hat wohlweislich alle Voraussetzungen für Ölgeschäfte in seiner Landeswährung Renminbi geschaffen.

Pfeifer (ORF) zum Iran-Israel-Konflikt

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