Denn bis zuletzt haben sich beide Zentralbank-Chefs alle Optionen offen gelassen. An den Märkten und unter Ökonomen wird umso intensiver darüber diskutiert, wann die Zinsen wieder sinken werden.
In den USA gilt die Bandbreite für die Leitzinsen von 5,25 bis 5,5 Prozent bereits seit Juli 2023. Seither hat Powell die Füße still gehalten. Schon seit dem Frühjahr 2022 sind die Zinsen so kräftig gestiegen wie selten zuvor. Jetzt sinkt die Inflation jedoch und der Arbeitsmarkt hat sich abgekühlt. In der Fed werden für 2024 zwei Zinssenkungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte erwartet, an den Märkten erwartet man das Doppelte. Demnach würden die Leitzinsen um einen ganzen Prozentpunkt sinken. Nur der Zeitpunkt ist de facto noch fraglich: Startet die Zinswende schon im Frühjahr oder erst ab der Jahresmitte 2024.
Finanzexpertin Monika Rosen, Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen-Gesellschaft, sagt zum KURIER: „Die aktuell sinkende Inflation stärkt noch einmal die Erwartung einer Zinssenkung. Sie könnte aber überzogen sein, denn zuletzt ist die US-Arbeitslosigkeit überraschenderweise gesunken. Das deutet auf steigende Löhne hin, wodurch auch die Inflation wieder steigen könnte.“
Daher werde die Fed wohl noch zuwarten mit der ersten Zinssenkung, die jetzt nach Markterwartung erst im Mai stattfinden wird. Bisher war schon vom März die Rede gewesen. Rosen: „Der Markt hat das in den Anleiherenditen und den Aktienkursen schon vorweg genommen.“
Bei seinem jüngsten Auftritt blieb Powell wohl absichtlich vage. Er sagte einerseits, angesichts des bereits hohen Zinsniveaus müsse die Fed vorsichtig vorgehen. Andererseits unterstrich er die Bereitschaft des zuständigen geldpolitischen Ausschusses, die Geldpolitik notfalls weiter zu straffen, also die Zinsen im Notfall nochmals anzuheben.
Auch Inflation in Eurozone sinkt
Auch in der Eurozone hat der Inflationsdruck nachgelassen und die Konjunktur hat sich scharf eingebremst - die Wirtschaft ist auf Talfahrt. Beides wurde durch die starken Zinsanhebungen ab dem Sommer 2022 auf jetzt 4,5 Prozent erwirkt und war vom Effekt her auch so erwünscht. Zuletzt ist die Inflation in der Eurozone aber schon auf 2,4 Prozent gesunken (nicht so in Österreich, hierzulande beträgt die Inflaton noch immer 5,4 %).
Umso heftiger wird spekuliert, wann die Zinsen auch in Europa endlich wieder sinken. An den Märkten sind Zinssenkungen von in Summe 1,5 Prozentpunkten im kommenden Jahr eingepreist, was sich etwa an den jüngsten Höchstständen beim deutschen Leitindex DAX gezeigt hat. Von Reuters befragte Ökonomen sind da vorsichtiger. Sie erwarten, dass die EZB ab dem zweiten Quartal den Leitzins jedes Quartal um 0,25 Prozentpunkte senken wird - also in Summe um 0,75 Punkte im Jahr 2024.
Auf dieser linie liegt auch Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer. Er erwartet im KURIER-Gespräch, dass „die EZB bis zum Sommer 2024 die Zinsen unverändert lässt und dann, beginnend im Juni 2024, die nächsten Quartale um jeweils einen Viertel-Prozentpunkt senkt.“
Hervor gestochen ist zuletzt die Prognose der Deutschen Bank. Die EZB werde die Zinsen „früher, schneller, tiefer“ senken, sagen die dortigen Experten. Die EZB werde die Leitzinsen im kommenden Jahr um 1,5 Prozentpunkte senken. Die Deutsche Bank erwartet dabei zwei aufeinanderfolgende Zinsschritte um jeweils 0,5 Prozentpunkte schon bis zum Sommer.
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