Industrie will Kurzarbeit neu regeln

Industrie will Kurzarbeit neu regeln
320.000 Arbeitslose im November und düstere Aussichten lassen den Ruf nach flexibleren Lösungen laut werden.

Der österreichische Arbeitsmarkt vermag dem beginnenden weltweiten Konjunkturabschwung nicht ganz zu trotzen. Die Arbeitslosigkeit steigt, wenn auch nur sehr langsam. Ende November waren inklusive Schulungsteilnehmer gut 320.000 Personen auf Jobsuche, um 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Das niederschlagsfreie, recht milde November-Wetter sowie die nach wie vor gute Wirtschaftslage beim wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschland, wo die Arbeitslosigkeit noch sinkt, wirkten sich positiv auf die Beschäftigung aus. Diese stieg im Jahresabstand sogar auf ein Rekordniveau von 3,43 Millionen Erwerbstätige. Die Saisonarbeitslosigkeit am Bau setzt witterungsbedingt später ein und auch Tourismus und Handel zeigen sich stabil. In der Industrie gab es sogar um 2,3 Prozent weniger Arbeitslose als vor einem Jahr.

Neue Lösungen

Dafür schnellte die Zahl der - vorwiegend in der Industrie tätigen - arbeitslosen Leiharbeiter um elf Prozent auf fast 26.000 Betroffene in die Höhe. Ein Frühindikator für eine sinkende Auftragslage über die Wintermonate. Die Branchenvertreter der heimischen Industriebetriebe schlagen daher schon jetzt Alarm und fordern neue Lösungen zur Krisenintervention am Arbeitsmarkt.
Wolfgang Welser, Obmann der Industriesparte in der Wirtschaftskammer, will konkret die bestehende Kurzarbeitsregelung neu verhandeln. "Die heutige Situation ähnelt sehr jener des Jahres 2009, man muss daher rasch eine Lösung zur Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse finden", sagt Welser. Während der letzten Krise 2008/2009 sei es über erhöhte Flexibilität und dank Kurzarbeitsbeihilfe zwar gelungen, eine größere Kündigungswelle zu vermeiden; wegen dieser Not-Maßnahmen seien aber noch heute Urlaubstage und Guthaben auf Zeitkonten erschöpft und fielen als Puffer aus.

Die Branchenvertreter wollen jetzt eine "attraktivere Kurzarbeitsregelung als 2009". Vorbild ist Deutschland oder Schweiz, wo es flexiblere, für Arbeitgeber billigere Regelungen gibt. Vor allem die mitunter langen Behaltefristen nach Auslaufen der Kurzarbeit, der Bürokratie-Aufwand sowie Lohngarantien sind den Arbeitgebern ein Dorn im Auge.

Zu früh

Während Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung rasche Gespräche auf Sozialpartnerebene einfordern, bremsen die Arbeitnehmer-Vertreter. "Die bestehende Kurzarbeitsregelung hat in Österreich zuletzt gut funktioniert, wir sehen daher keinen akuten Änderungsbedarf", sagt Josef Wallner von der Arbeiterkammer. So hätten Studien gezeigt, dass die Kurzarbeit besser funktioniert habe als in Deutschland. 80 Prozent aller Betriebe hätten trotz Kurzarbeit Gewinne geschrieben. "Wenn sie jetzt höhere Beihilfen wollen, dann nur, um höhere Gewinne zu erzielen", ätzt Wallner. Ungelöste Frage ist auch die Finanzierung der staatlichen Kurzarbeitsbeihilfe in Zeiten knapper Budgets. 2009 gab der Staat 150 Millionen Euro für die Kurzarbeitsbeihilfe aus, der Spielraum für 2012 dürfte sehr eng sein. "Die Kurzarbeit steht natürlich weiterhin jederzeit zur Verfügung", versucht Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer zu beruhigen. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer hält sich mit aktuell 900 zwar noch in Grenzen, steigt aber kontinuierlich. Im Krisenjahr 2009 gab es 66.000 Kurzarbeiter, wobei mehr als 70 Prozent der Fälle Industriebetriebe aus Ober- und Niederösterreich waren. 2010 waren es 24.000 Betroffene.

Kurzarbeit: Zahlen steigen wieder

Regelung Bei Kurzarbeit reduziert ein Arbeitnehmer die Arbeitszeit in bestimmter Höhe, z.B. um 50 Prozent. In Summe erhält ein Kurzarbeiter dann rund 70 bis 80 Prozent des Gehalts als Ersatzquote. Einen Teil davon zahlt das AMS als Beihilfe, der Rest kommt vom Betrieb. Während der Kurzarbeit dürfen die Mitarbeiter nicht gekündigt werden. Danach gilt eine vorher vereinbarte Behaltefrist.

Statistik Aktuell sind 900 Beschäftigte in 13 Betrieben in Kurzarbeit, Ende September waren es 600. Im Krisenjahr 2009 waren es 66.000.

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