Industrie schlägt Alarm: "Sind auf Ground Zero"

Die Industriellenvereinigung sorgt sich um den Wirtschaftsstandort Österreich.

Die Stimmung in der Industrie sei extrem schlecht, die Unternehmer fühlten sich in Österreich "nicht mehr wertgeschätzt", beklagt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer – und kommt im KURIER-Interview zum Schluss: "Was den Standort angeht, sind wir auf Ground Zero angelangt. Was seit dem Jahr 2000 erarbeitet wurde, ist jetzt verloren. Das Land muss grundsätzlich neu aufgestellt werden."

Dieser Befund stütze sich nicht auf zweifelhafte Rankings oder subjektive Einschätzungen, sondern auf den einfach zu ziehenden Vergleich mit Deutschland.

Deutschland besser

Jahrelang habe Österreich einen Wachstumsvorsprung gegenüber seinem wichtigsten Handelspartner halten können, dieser sei weg. Neumayer: "Früher war Österreich das bessere Deutschland. Heute ist Deutschland längst das bessere Österreich." Dazu kämen die stagnierenden Investitionen, die im Vergleich um zehn Prozent höheren Arbeitskosten sowie die hierzulande steigenden Arbeitslosenzahlen. "Dadurch wird auch unser Qualifikationsproblem immer sichtbarer. Im untersten Qualifikationsbereich haben wir bereits eine Arbeitslosigkeit von 25 Prozent."

In dieser Situation sei es ein "Kardinalfehler" der Regierung gewesen, etwa beim jüngsten Steuerpaket "einmal so, einmal so" zu entscheiden, z.B. bei der GmbH light. Auch bei der Gruppenbesteuerung oder der Firmenwertabschreibung sei bis zum Schluss hart nachverhandelt worden. Neumayer: "Wir haben im letzten Moment Einiges erreicht, aber Vertrauensschutz schaut anders aus."

Neumayer pocht vor allem auf eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten. 200 Millionen Euro sind im Steuerpaket gelungen, dies sei ein "Auftakt" gewesen. Insgesamt sei bis 2020 in Sozialtöpfen ein Potenzial von vier Milliarden Euro vorhanden. Die IV hat etwa Beitragssenkungen bei der Unfallversicherung oder beim FLAF im Visier. Die "zweite Nagelprobe für die strukturelle Budgetsanierung" seien die Pensionen. Bis 2020 müsse beim faktischen Antrittsalters zumindest der OECD-Durchschnitt von 62 bzw. 63 Jahren erreicht werden.

Auf der anderen Seite müssten Zusatzbelastungen für die Wirtschaft unbedingt verhindert werden.

Was die Hypo-Abwicklung angehe, sei die Mehrheit der IV-Mitglieder für die Anstaltslösung und vehement gegen die Pleite. Die Abwicklung in der Anstalt sollte aber "nicht auf zehn Jahre begrenzt" werden. Man müsse die Verwertung der Hypo-Altlasten "flexibel handhaben", um das Maximum zu erlösen. Neumayer: "Auch am Balkan darf es zu keinen Notverkäufen kommen."

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