Lohnstückkosten: Deutsche Industrie produziert teurer als österreichische

Media tour through Volkswagen production line in Dresden
Studie ortet schwindende Wettbewerbsfähigkeit gegenüber außereuropäischer Konkurrenz. Österreich bei Produktivität hinter Deutschland.

Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gegenüber außereuropäischer Konkurrenz geht zurück, wenn auch nicht überall im selben Ausmaß. Eine Vergleichsstudie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) verglich Deutschland mit den wichtigsten Industrienationen. 

Fazit: Die deutsche Industrie produziert der Studie zufolge um gut ein Fünftel teurer als ihre ausländischen Konkurrenten. Die Lohnstückkosten lagen im vergangenen Jahr um 22 Prozent über dem Schnitt von 27 untersuchten Industriestaaten. Höher sind die Kosten demnach nur in Lettland, Estland und Kroatien. In Österreich sind die Lohnstückkosten zwar etwas niedriger als in Deutschland, das Land liegt mit Rang 7 von 27 jedoch ebenfalls auf hohem Niveau. 

Die Lohnstückkosten gelten als wichtiges Maß für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit und geben an, wie hoch die Arbeitskosten je Wertschöpfungseinheit sind. Doch auch das Euro-Ausland (Euro-Länder gewichtet nach Weltexport ohne Deutschland, Anm.) schneidet hier deutlich besser ab: Dort liegen die Lohnstückkosten um 13 Prozent unter jenen von Deutschland.

Hohe Produktivität 

Zugleich punktet Deutschland mit einer hohen Produktivität, die unter den großen Industriestaaten nur von den USA übertroffen wird. Bei der Produktivität liegt Österreichs Industrie mit Rang 9 knapp hinter Deutschland auf Rang 7. Im Europa-Vergleich schneiden hier Dänemark und die Niederlande am besten ab. In den Vereinigten Staaten - die bei Hightech wie künstlicher Intelligenz führend sind - ist die Produktivität gleich um 44 Prozent höher.

"Vor allem die außereuropäische Konkurrenz produziert teilweise deutlich weniger arbeitskostenintensiv als Deutschland", heißt es in der Studie. "Japan kann mit um 24 Prozent und die USA sogar mit um 32 Prozent niedrigeren Lohnstückkosten um industrielle Aufträge konkurrieren."  

"Schritt für Schritt in die Deindustrialisierung"

"Der Fachkräftemangel treibt die Löhne weiter nach oben", sagt IW-Studienautor Christoph Schröder voraus. "Die Kosten am Standort Deutschland dürften in den kommenden Jahren weiter steigen." Die deutsche Regierung könne dem entgegentreten. Dazu müsse sie das Wachstum bei den Lohnnebenkosten bremsen und auf die demografische Herausforderung reagieren. "Ohne eine Reform der Sozialsysteme rutscht der Standort Schritt für Schritt in die Deindustrialisierung", warnt Schröder.

Unternehmen können seltener Preise diktieren

Interessant ist auch die Entwicklung. So sind die Lohnstückkosten in Deutschland seit 2018 mit 18 Prozent schwächer gestiegen als im Ausland (20 Prozent). In Österreich betrug der Anstieg sogar 26,9 Prozent. Viele deutsche Unternehmen hätten ihren Technologievorsprung verloren, heißt es in der Studie - vor allem gegenüber der chinesischen Konkurrenz. Sie könnten dadurch seltener die Preise diktieren. Die hohen Standortkosten würden deshalb zum Nachteil.

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