Warum wir mehr Käfigeier essen, als wir glauben

Warum wir mehr Käfigeier essen, als wir glauben
Die meisten Eier landen in verarbeiteten Produkten und in der Gastronomie. Österreich macht jetzt Schluss mit Legebatterien.

Ende des Jahres wird Österreich das erste Land in Europa sein, das zu hundert Prozent auf Käfighaltung von Legehennen verzichtet. Derzeit gibt es landesweit noch acht Betriebe mit Käfighaltung, gemeinsam halten sie 60.000 Hennen. "Das entspricht etwa einem Prozent der österreichischen Legehennen", sagt Michael Wurzer von der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG).

In anderen Ländern sieht die Lage aber noch ganz anders aus, schlägt die Tierschutzorganisation Vier Pfoten Alarm. In Spanien und Polen sitzen mehr als 40 Millionen Legehennen in Käfigen, in Frankreich sind es mehr als 30 und in Italien mehr als 20 Millionen (siehe auch interaktive Grafik unten). Unter dem Strich hocken noch immer mehr als die Hälfte aller Legehennen in der EU in Käfigen. "Eine Schande", finden die Tierschützer. Denn schließlich hat die EU bereits 2012 die konventionellen Käfige verboten.

Allerdings wurde der Industrie eine Hintertür offen gehalten. Käfige waren weiter erlaubt, sie mussten nur statt bisher mindestens 550 künftig mindestens 750 Quadratzentimeter groß sein. Ob sich alle Halter an die neuen Vorschriften halten, darf bezweifelt werden. Experten gehen davon aus, dass zumindest zehn Prozent der Käfige nicht umgestellt wurden. Wie so oft gilt: Wo kein Kläger, da kein Richter. "Es gibt ja keine unterschiedliche Kennzeichnung für die alten und die ausgestalteten Käfige, das macht die Kontrollen nicht leichter", erklärt ein Branchenkenner.

Dass die EU die alten Käfige verboten hat, hat nicht allen gefallen. Schließlich konkurrieren die Betriebe mit der weltweiten Konkurrenz – und diese drängt mit Billigpreisen in den Markt. "Jedes zweite hierzulande konsumierte Ei stammt aus verarbeiteten Produkten wie Nudeln, Keksen oder Saucen – und hier wissen wir in der Regel nicht, woher und aus welcher Haltung es kommt", kritisiert Vier-Pfoten-Präsident Heli Dungler.

Warum wir mehr Käfigeier essen, als wir glauben

Industrie protestiert

In der Lebensmittelindustrie will man von einer verpflichtenden Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsform aber nichts wissen. "Einen österreichischen Alleingang lehnen wir entschieden ab", macht Josef Domschitz, Geschäftsführer vom Lebensmittelfachverband, klar. Eine Kennzeichnung sei eine logistische Herausforderung, die zusätzliche Kosten verursache. Damit hätten österreichische Erzeuger einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Konkurrenz.

Weltweit sind die Proteste der Tierschützer gegen die Käfighaltung bisher mehr oder weniger ungehört verhallt. "Ich schätze, dass 90 Prozent der weltweit für den Großmarkt produzierten Eier aus Käfighaltung kommen", sagt Wurzer. Vor ein paar Jahren seien es sogar noch 95 Prozent gewesen. "Mittlerweile beginnen aber unter anderem einige Bundesstaaten in den USA umzustellen."

Zaghafte Umstellung

Auch in Europa geht zumindest der Trend in die Richtige Richtung. Aktuell kommen 54 Prozent der Eier aus Käfighaltung, vor zwei Jahren waren es noch mehr als 60 Prozent. "Die Verbesserungen kommen vor allem aus Deutschland, wo die Sensibilität für das Thema zunimmt", erklärt Wurzer. Weil auch die Niederlande viele Eier nach Deutschland liefert, verschwinden auch dort immer mehr Käfige von der Bildfläche.

Österreichs Legehennenbetriebe liefern aktuell 64 Prozent der Eier aus Bodenhaltung, 23 Prozent kommen aus Freilandhaltung und zwölf aus Bio-Betrieben.

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