Wohnungseigentum: Wer zahlt was?

Wohnungseigentum: Wer zahlt was?
Viele Wohnungseigentümer, ein Haus und die Frage: Wer muss wie viel für Reparaturen an Gemeinschaftsflächen bezahlen?

Die Fassade bröckelt, der Regen tropft durch das Dach und das Gras wuchert im Innenhof in alle Richtungen. Im Inneren des Hauses tummeln sich rund 60 Hausbewohner, die gleichzeitig auch Wohnungseigentümer sind und diskutieren. Wer bezahlt wie viel für welche Reparatur? Was muss tatsächlich saniert werden? Und wer ist überhaupt zuständig?

In einem Haus voller Wohnungseigentümer ist die Antwort – zumindest was die letzte Frage betrifft – relativ einfach: Jeder.

„Während die einzelnen Wohnungseigentümer eine Erhaltungspflicht hinsichtlich ihrer eigenen Wohnung trifft, hat die Wohnungseigentümergemeinschaft für die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses zu sorgen“, erklärt Rechtsanwältin Simone Maier-Hülle von Müller Partner.

Die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile reicht vom Dach über den Lift, die Fenster am Gang, die Wasserrohre, elektrische Leitungen und die Fassade bis hin zum Rasenmähen im Sommer und Schneeräumdiensten im Winter. Wer wie viel zahlen muss, ist situationsabhängig zu entscheiden und hängt von den individuellen Vereinbarungen der Wohnungseigentümergemeinschaft ab.

Bei einem Wasserrohrbruch teilt sich die Kostenfrage beispielsweise auf. „Die Kosten der Behebung des Rohrbruches trägt die Eigentümergemeinschaft, auch wenn sich das gebrochene Rohr in der Wohnung eines Miteigentümers befindet. Die Behebung des Schadens in der Wohnung wird in der Regel über die Gebäudeversicherung des individuellen Eigentümers abgewickelt“, weiß Rechtsanwalt Peter Hauswirth.

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Rohrbrüche gelten als ernste Schäden am Haus. Diese liegen dann vor, wenn die Bausubstanz des Hauses angegriffen oder bedroht ist. „Das wäre beispielsweise großflächige Schimmelbildung oder fehlerhafte Wasserleitungen, die zu ständigen Feuchtigkeitsschäden führen“, so Hauswirth weiter. Die Reparaturkosten fallen der gesamten Eigentümergemeinschaft zu. Außer: Ein Eigentümer hat den Schaden selbst verschuldet. In diesem Fall muss er die finanzielle Verantwortung allein übernehmen und die anderen Eigentümer können ihren bereits bezahlten Anteil von ihm zurückfordern.

Rechtsexperten kennen das anfangs angeführte hypothetische Szenario einer Eigentümerversammlung nur zu gut. Genauso wie Hausverwalter sind sie meist live dabei und versuchen zu vermitteln, wenn die Wohnungseigentümer – in der Regel einmal in zwei Jahren – zusammenkommen und über die Sanierung von Gemeinschaftsflächen wie Dächer, Fenster im Gang oder Liftanlagen abstimmen. Ein einfacher Mehrheitsbeschluss (über fünfzig Prozent) der Wohnungseigentümer genügt und die Sanierung wird vom beauftragten Verwalter veranlasst und überwacht.

Über die sogenannte Rücklage verfügt der Hausverwalter ebenfalls. Befüllt wird die Rücklage mit monatlichen Zahlungen der Wohnungseigentümer. Sie ist zwingend gesetzlich vorgeschrieben und eine Ansparung zur Vorsorge der Eigentümer. „Die Rücklage dient zur Deckung von Kosten für Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen“, erklärt Daniela Kager, Immobilienrechtsexpertin bei Vavrovsky Heine Marth.

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Symbolbild

Einen gesetzlich vorgeschriebenen Rücklage-Betrag gibt es nicht. Der Hausverwalter muss allerdings eine Prognose erstellen und darin die „die voraussichtliche Entwicklung der zukünftigen Aufwendungen in Bedacht nehmen“, erklärt Rechtsexpertin Kager weiter.

Die individuellen Beiträge der Miteigentümer für die Rücklage berechnen sich nach dem Verhältnis ihrer Besitzanteile am Haus. Diese ergeben sich aus der Wohnfläche, einem etwaigen Kellerabteil, Garagenplatz, Stockwerk und Freiflächen wie Balkon oder Terrasse.

Sondervereinbarungen, die einen anderen Verteilungsschlüssel der Kosten festlegen, können ebenfalls getroffen werden. Das geschehe etwa bei Liftanlagen. „Die Kosten einer Reparatur können angepasst werden, wenn der Lift von einzelnen Wohnungseigentümern objektiv nicht benützt werden kann“, so Kager.

Für Tiefgaragenparkplätze können ebenfalls unterschiedliche Abrechnungskreise gefunden werden. Sondervereinbarungen regeln, wann es zu einer Erhöhung der Rücklage kommt.

Rechtsexperten empfehlen allerdings, die Vereinbarungen exakt auszuformulieren und dabei auch den Verwalter zu Rate zu ziehen. „Die Praxis zeigt, dass ungenaue Formulierungen zu Schwierigkeiten und Unverständnis unter den Wohnungseigentümern führen“, weiß Rechtsanwältin Simone Maier-Hülle.

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Und wenn das Geld ausgeht? „Reicht die Rücklage nicht aus, kann die Eigentümergemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss ein Darlehen aufnehmen – auch gegen den Willen eines Eigentümers, dem die finanziellen Mittel fehlen“, erklärt Maier-Hülle.

Vermieten Miteigentümer ihre Wohnungen langfristig, betrifft das die anderen Miteigentümer übrigens nicht.

„Treten in dieser Wohnung ernste Schäden auf, muss der Vermieter gemeinsam mit den anderen Wohnungseigentümern die Kosten dafür tragen“, erklärt Maier-Hülle. Ein nicht funktionierender Herd oder ein tropfender Wasserhahn fallen beispielsweise nicht in diese Kategorie.

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