Wer kriegt Papas Haus am Meer?

Wer kriegt Papas Haus am Meer?
Welches Recht gilt beim grenzüberschreitenden Erben? Eine neue EU-Verordnung hat einige Veränderungen gebracht.

Ein paar Monate pro Jahr im Ferienhaus in Italien oder der Stadtwohnung in Paris zu verbringen ist eine feine Sache. Wer eine Immobilie im Ausland besitzt und diese irgendwann seinen Kindern vererben will, sollte sich jetzt über die im jeweiligen Land geltende Rechtslage informieren. Denn seit Mitte August ist die neue Erbrechtsverordnung der EU in allen Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme von Dänemark, Irland und dem Vereinigte Königreich) in Kraft.

Was ist die wichtigste Änderung?

Nicht mehr die Staatsangehörigkeit des Erblassers zählt, sondern das Aufenthaltsprinzip. Welches Recht anwendbar und welches Gericht zuständig ist, hängt vom "letzten gewöhnliche Aufenthaltsort" des Verstorbenen ab.

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Für einen Österreicher, der im Winter zwei Monate in Spanien verbringt, den Großteil des Jahres aber in seinem Heimatland lebt, ändert sich nichts. Wer jedoch seinen Lebensmittelpunkt im Ausland hat, dessen Verlassenschaft wird in diesem Land nach dem dort geltenden Recht abgewickelt. Und das kann sich vom österreichischen Recht massiv unterscheiden. Hierzulande erben Ehepartner ein und Kinder zwei Drittel. In Spanien etwa haben die Ehegatten keinen vergleichbaren Anspruch. Gleichzeitig ist das Pflichtteilsrecht der Kinder noch stärker. Wie der Lebensmittelpunkt zu bestimmen ist, ist in der neuen Verordnung nicht genau festgelegt. "Was passiert zum Beispiel, wenn jemand die eine Hälfte des Jahres in Griechenland lebt und die andere Hälfte in Österreich? Hier muss man abwarten, was die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs in den nächsten Jahren bringen wird", sagt der Wiener Notar Christoph Beer. "Wer sich auf diese Unsicherheit nicht einlassen möchte, kann in seinem Testament festlegen, dass das Erbrecht jenes Landes anwendbar sein soll, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt." Das macht die ganze Sache einfacher: Denn im Gegensatz zum letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort ist die Staatsbürgerschaft ganz klar definiert.

Kritiker der EU-Verordnung fürchten die bewusste Umgehung von Pflichtteilsansprüchen. Um ungeliebte Erben leer ausgehen zu lassen, könnten vermögende Personen ihren Lebensmittelpunkt bewusst in ein Land verlegen, in dem diese Ansprüche lockerer geregelt sind.

Welches Gericht ist zuständig?

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Wer neben dem Ferienhaus im Süden auch noch eine Eigentumswohnung in Österreich besitzt, sollte wissen: Die neue Verordnung betrifft auch dieses Objekt. Bis jetzt waren österreichische Gerichte für Immobilien in Österreich zuständig. Seit 17. August gilt: Das Gericht des EU-Mitgliedstaates, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, ist für das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen zuständig – egal wo sich dieses befindet.

Um die Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens zu vereinfachen wurde das "Europäische Nachlasszeugnis" eingeführt. Dieses Formular ist in der ganzen EU einheitlich und belegt die Rechte der Erben. Sie bekommen das Dokument am Ende des Verfahrens und können damit in jedem Land die Übertragung der Immobilie und die Eintragung ins Grundbuch beantragen.

Wo muss man Erbschaftssteuer zahlen?

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Erbschaftssteuer muss man in jenem Land zahlen, in dem sich die Immobilie befindet. "In Österreich gibt es derzeit keine Erbschaftssteuer, hier muss man lediglich Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr zahlen. In Italien zum Beispiel müssen die Erben je nach Verwandtschaftsgrad zwischen vier und acht Prozent Erbschaftsteuer einkalkulieren", erklärt Christina Pichler, Steuerberaterin bei Libertas Intercount/ SOT Süd-Ost-Treuhand. In den meisten Ländern unterscheidet man zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht. "Wenn man sein Ferienhaus im Ausland nur ein paar Wochen im Jahr selber nützt, kann dieser Staat meist nur die Steuer auf die Immobilie verlangen. Hat man aber dort seinen Lebensmittelpunkt, muss man für das gesamte Vermögen Erbschaftssteuer zahlen – auch für die Wohnung und das Sparbuch in Österreich", erklärt Pichler. "Wer überlegt, eine Immobilie zu kaufen, sollte bei der Wahl des Landes auch die Steuergesetze mitbedenken."

Über 200 Jahre ist das österreichische Erbrecht bis auf kleine Anpassungen unverändert geblieben. Jetzt tut sich etwas: Von 1500 Paragrafen werden rund 350 erneuert. Am 1. Jänner 2017 tritt die Erbrechtsnovelle in Kraft.

Lebensgefährten

Freuen können sich vor allem Lebensgefährten. Gibt es kein Testament, gehen sie derzeit leer aus. Sind keine gesetzlichen Erben (Ehepartner, Kinder, Geschwister, Eltern, Großeltern) am Leben, bekommt in Zukunft nicht mehr der Staat, sondern der Partner oder die Partnerin das Vermögen.
„Wenn es aber gesetzliche Erben gibt, haben Lebensgefährten auch weiterhin keinen Anspruch. Sie dürfen nicht einmal in der Wohnungen bleiben, wenn diese dem Verstorbenen gehört hat. In diesem Fall sollte man ein Testament machen“, sagt der Wiener Notar Alexander Winkler.

Testament

Änderungen gibt es auch bei der Form des Testaments. Wird der letzte Wille mit dem Computer oder von einer anderen Person verfasst, muss das Dokument von drei Zeugen unterschrieben werden. Damit diese besser identifizierbar sind, müssen sie in Zukunft ihren Vor- und Familiennamen sowie das Geburtsdatum angeben. Damit ein Testament nicht zu leicht gefälscht werden kann, muss der Erblasser neben seiner Unterschrift einen eigenhändig geschrieben Zusatz anfügen – etwa „Das ist mein letzter Wille“.

Pflegevermächtnis

Angehörige, die den Verstorbenen in den drei Jahren vor dem Tod zumindest 20 Stunden im Monat betreut haben, erhalten ein gesetzliches „Pflegevermächtnis“. Dieser Anspruch muss im Verlassenschaftsverfahren berücksichtigt werden. Gelingt keine Einigung, muss der Pflegende die Abgeltung einklagen. „Wenn es kein Barvermögen, aber eine Immobilie gibt, so hat diese einen Wert im Nachlass. Dem Erben kann es passieren, dass er mit einer Abgeltung von Pflegeleistungen konfrontiert ist“, erklärt Alexander Winkler.

Stundung des Pflichtteils

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Für Erben einer Immobilie kann die Auszahlung des Pflichtteils ein Problem sein. Gibt es zum Beispiel drei Geschwister, von denen einer das Elternhaus erben soll, muss er den anderen beiden den entsprechenden Betrag sofort überweisen. „Ab 2017 kann der Pflichtteil in Raten bezahlt oder für fünf Jahre gestundet werden“, erklärt Notar Winkler. Der Erblasser kann im Testament die Stundung verfügen. Im Streitfall können sich die Erben ans Gericht wenden. Dieses kann im Interesse der Pflichtteilsberechtigen die sofortige Zahlung anordnen. Umgekehrt könnten die Erben auch eine Stundung bei Gericht beantragen.

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