Vorsorgewohnungen: Sicher investieren, aber wie?

Martin Müller (JP Immobilien), Elisabeth Binder (RVW) und Thomas Thaler (Zima) im Gespräch mit KURIER-Redakteurin Barbara Nothegger (v.li.)
Die Experten Martin Müller (JP Immobilien), Thomas Thaler (Zima) und Elisabeth Binder (RVW) im KURIER-Gespräch.

KURIER: In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der verkauften Vorsorgewohnungen stetig an, heuer werden es rund 1000 sein. Unter welchen Voraussetzungen ist ein Investment in eine Vorsorgewohnung sinnvoll?

Martin Müller: Beim Kauf einer Vorsorgewohnung sollte immer ein Grundkapitalpolster vorhanden sein, um auch dann die Finanzierung zu schaffen, wenn kurzfristig kein Mieter in der Wohnung ist. Bei unseren Kunden ist es meist nicht das erste Investment, das getätigt wird. Und die Eigenkapitalquote sollte mindestens 40 Prozent sein.

Thomas Thaler: Obwohl bei einer Vorsorgewohnung steuerliche Gesichtspunkte zu beachten sind, sollte der Kauf nicht steuerlich motiviert sein. Sondern die Entscheidung ist von der jeweiligen Lebenssituation abhängig. Ich empfehle, zuerst in eine Eigennutzerwohnung zu investieren, dann erst in eine Vorsorgewohnung.

Müller: Außer, man hat einen günstigen Mietvertrag. Wir haben durchaus Kunden, die in einer Mietwohnung wohnen und eine Vorsorgewohnung als Investment erwerben. Das ist aber noch eine kleine Kundenschicht. Denn generell begründen die Österreicher sehr gerne Wohneigentum. Allerdings ist die kommende Generation wesentlich stärker am Sharing orientiert. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es rechnerisch besser, in den Wiener Innenstadtbezirken in einer Mietwohnung zu leben als im Eigentum.

Vorsorgewohnungen: Sicher investieren, aber wie?

Martin Müller: "Es sollte ein Grundkapitalpolster vorhanden sein."

Da wären wir gleich bei der alten Frage: kaufen oder mieten?

Thaler: Viele meinen ja, der Markt sei überhitzt. Ich sage: die Preise entsprechen dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Die Preise steigen, weil alle in der Stadt wohnen wollen. Stichwort Urbanisierung. Warum sollte es nicht werthaltig sein, auch künftig in eine Stadtwohnung zu investieren?

Elisabeth Binder: Egal ob Vorsorgewohnung oder Eigennutzerwohnung: Immobilien sind ein langfristiges Produkt. Wenn man sich beispielsweise die Entwicklung des zweiten Bezirks ansieht: Hätte ich mir vor zwanzig Jahren dort eine Wohnung gekauft, dann hätte ich einen extremen Wertsteigerungssprung mitgemacht.

Thaler: Ich finde es falsch, Immobilien zu Spekulationsprodukten zu machen, indem man jemanden empfiehlt, eine Immobilie deshalb zu kaufen, weil das Wertsteigerungspotenzial hoch ist. Der Grund, warum es am Markt so gut läuft, ist ja, dass es eine risikoaverse Veranlagung ist.

Was ist der Unterschied zwischen Vorsorgewohnung und Eigennutzerwohnung?

Binder: Die Vorsorgewohnung sollte eine Größe haben, die gut vermietbar ist. Und das ist die klassische Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnung von 40 bis 75 Quadratmeter. Dafür gibt es einen sehr großen Mietmarkt. Wir versuchen, den optimalen Grundriss zu schaffen, nahe an der U-Bahn zu sein und Qualitätsprodukte wie Eichenparkett zu verbauen.

Müller: Es gibt auch Lagen, wo Kunden als Eigennutzer kaufen und die Wohnung vermieten. Dann entfallen zwar manche steuerlichen Vorteile, die auf eine gewissen Zeitspanne ausgelegt sind. Die Kunden wollen sich damit Flexibilität bewahren, um die Wohnung gegebenenfalls selbst zu nutzen. Aber egal wie man eine Vorsorgewohnung kauft, sie bleibt ein handelbares Produkt, weil es einen Sekundärmarkt gibt. Wir hatten in den vergangenen Jahren nur Fälle, wo Wohnungen um mindestens das Doppelte wieder verkauft wurden, als sie erworben wurden.

Vorsorgewohnungen: Sicher investieren, aber wie?

Elisabeth Binder: "Die Vorsorgewohnung sollte eine Größe haben, die gut vermietbar ist."

Die Arbeiterkammer hat kürzlich gewarnt, dass viele Risiken bei Vorsorgewohnungen wie Leerstand unterschätzt werden und die Renditen zu optimistisch gerechnet sind. Was ist realistisch?

Binder: Wir stellen unseren Kunden eine Planrechnung für steuerliche Zwecke zur Verfügung, die sehr konservativ gerechnet ist und viele Risiken berücksichtigt: Bei 70 Prozent Eigenkapital vom Nettokaufpreis mit Nebenkosten und drei Prozent Zinssatz über die nächsten zwanzig Jahre sollte die kalkulierte Miete abzüglich einem kalkulierten Leerstand von sechs Prozent sämtliche Kosten decken. Es ist also ein Nullsummenspiel für den Kunden. Wesentlich ist jedoch, dass der steuerliche Totalgewinn innerhalb des zwanzigjährigen Beobachtungszeitraums erreicht wird. Wir empfehlen, die steuerlichen Details mit einem Steuerberater zu besprechen.

Wodurch unterscheiden sich seriöse von unseriösen Angeboten?

Müller: Es ist wichtig, dass eine Wohnung auch langfristig gemanaget wird. Der Kauf ist schnell erledigt, aber das Besitzen ist eine langfristige Sache. Es braucht einen guten Hausverwalter, der sich um alles kümmert. Wenn man am Wochenende mit der Familie beim Kaffeeplausch sitzt, will man nicht unbedingt vom Vermieter angerufen werden, weil es einen Wasserrohrbruch gibt.

Thaler: Ich habe selbst erlebt, wie aufwendig es ist, eine Wohnung instand zu halten und zu verwalten. Darum muss das Service gegeben sein. Außerdem ist die Seriosität von der Erfahrung des Bauträgers und vom Produkt abhängig: Lage, Grundriss und soziales Umfeld. In der Produktentwicklung ist das Feedback der Kunden entscheidend. Die Kunden wissen sehr wohl, was sie wollen.

Müller: Da muss ich widersprechen. Manche Kunden wohnen in einer schönen Villa in und können sich nicht vorstellen, in Favoriten auf 45 Quadratmeter zu leben. Sie kennen oft diesen Mietmarkt gar nicht.

Vorsorgewohnungen: Sicher investieren, aber wie?

Thomas Thaler: "Es ist aufwendig, eine Wohnung instand zu halten. Daher muss Service gegeben sein."

Je kleiner eine Wohnung, desto höher ist der Quadratmeterpreis. Sollten Anleger daher eher auf kleine Wohnungen setzen?

Binder: Kleinere Wohnungen sind meist nur eine Übergangs-Lösung oder die erste Wohnung.

Müller: Die Fluktuation bei kleineren Wohnungen ist höher als bei größeren. Durchgerechnet über einen längeren Zeitraum, kann es sein, dass angesichts von höheren Leerständen größere Wohnungen für Anleger attraktiver sind.

Wird mögliche Zinssteigerung den Boom bei Vorsorgewohnungen einbremsen?

Müller: Wenn die Zinsen steigen und andere Anlageklassen wieder attraktiver werden, werden Investoren möglicherweise wieder in andere Assets gehen und der Markt für Vorsorgewohnungen einen Dämpfer bekommen.

Thaler: Die Zinsen alleine sind aber nicht der ausschlaggebende Faktor, sondern die Schere aus Zinsen und Inflation. Erst diese Kennzahl entscheidet, ob ein Investment erfolgreich ist.

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