Selfstorage bietet neue Stauräume

Selfstorage bietet neue Stauräume
Zu wenig Platz beim Wohnen oder Arbeiten? Alte Möbel geerbt, die Sie nicht weggeben wollen? Die moderne Lösung heißt Selfstorage. IMMO hat drei Nutzer in ihrem Abteil besucht.

Wohin mit der Skiausrüstung, einer langjährigen Hut-Sammlung oder geerbten Antiquitäten, die man nicht weggeben will? Nicht jeder will im eigenen Zuhause mit unendlich vielen Möbelstücken, Schränken oder übereinandergestapelten Kisten wohnen. Platz ist gefragt, aber meist nur begrenzt vorhanden. Und was kann ich tun, wenn sich gerade mein ganzes Leben aufgrund von Scheidung oder Übersiedlung ins Ausland ändert?

Wer seine Sachen vorübergehend oder auf Dauer gut untergebracht wissen will, mietet sich bei einem Anbieter von Lagerraum ein. Selfstorage, ein Konzept, das man in den USA schon lange kennt, wird auch bei uns immer notwendiger und beliebter. Anfang dieser Woche haben wir uns in zwei Filialen von MyPlace, einem der größten Lagerraum-Anbieter in Österreich, umgesehen.

Frau B. lagert ihre Sommergarderobe aus

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Zuerst treffen wir auf Frau B. Die rüstige Pensionistin ist von Kopf bis Fuß in Türkis gekleidet und passt damit farblich perfekt zu den Abteiltüren der anonymen, großflächigen Anlage. Frau B. hat früher als Bilanzbuchhalterin gearbeitet. Jetzt verreist sie oft und gerne - zuletzt auf Sommerfrische nach Kärnten - und kümmert sich um weniger rüstige Freundinnen.

Heute kommt die 82-Jährige mit zwei großen Reisetaschen an. Sie will ihre Sommerhüte verstauen. Im Abteil ist alles perfekt organisiert: Eine ganze Reihe Dirndln hängt in Plastikhüllen verpackt auf einem Kleiderständer. Der Rest ihrer umfangreichen Bestände von Kleidern und Accessoires ist in zahlreichen Schachteln und Taschen im Regal verstaut. "Ich komme regelmäßig vorbei", erzählt sie, "tausche Sommer- gegen Wintersachen und dann wieder umgekehrt ein. Ich sammle leidenschaftlich und in meiner Wohnung habe ich dafür einfach nicht genug Platz." Wenn Frau B. verreist, packt sie den Koffer oft direkt in ihrem Abteil. "Der wird dann von der Bahn direkt hier abgeholt und ich erspare mir viel Tragerei."

Lagerräume bieten viel Stauraum

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Auch drei Gänge weiter räumt ein häufiger Besucher gerade neue Ware ein. Bogdan Kapsarev handelt mit Musikinstrumenten und sein gemietetes Abteil ist Lager und Werkstatt in einem. "Hier habe ich alles, was ich brauche, und niemand bringt meine Ordnung durcheinander", sagt er. Zu Hause mit Kleinkind wären die mitunter sehr wertvollen Pianos und Gitarren nicht sicher. Vorrangig geht es aber auch um das übliche Platzproblem: "Ein Studio oder eine Wohnung mit einem so großen Raum mehr würde mich ein Vielfaches kosten."

Weniger leidenschaftlich betreibt Miranda Martin ihren Lagerraum. Sie kommt selten. "Meine Schwester ist ins Ausland übersiedelt und hat irgendwann begonnen, Sachen bei mir unterzustellen. Als das überhand- nahm, habe ich ihr vorgeschlagen, dass wir uns zusammen ein Storage-Abteil teilen", erzählt sie. Die Fläche ist penibel in linke und rechte Seite geteilt. "Die Linke gehört mir, da sehen Sie meinen Hometrainer, den ich wahrscheinlich nie wieder benutzen werde, und dahinter die ganzen alten Schulsachen meiner Kinder."

Die Geschäfte mit Selfstorage laufen gut

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Wer Geld für Raum bezahlt und nicht einfach nur sein Zeug im Keller abstellt (und dann meist für immer vergisst), der will es offensichtlich ordentlich: Die Schulsachen aus dem Hause Martin sind genau beschriftet in transparenten Plastikboxen übereinandergestapelt. Das Gebäude am Margaretengürtel beherbergt 1057 Abteile. Insgesamt vermietet MyPlace 34.447 Einheiten in 32 Filialen. "Als wir vor 13 Jahren damit begonnen haben, war das noch ziemliches Neuland", erzählt Betreiber Martin Gerhardus. "Wenn man gesagt hat, dass man Selfstorage macht, haben einen die meisten Leute fassungslos angeschaut. Mittlerweile weiß jeder, wovon die Rede ist", sagt er. Auch andere Anbieter können sich nicht über mangelnden Zulauf beklagen. Die Geschäfte mit Selfstorage laufen gut. "In einer Welt, in der Menschen immer flexibler sein müssen und möglichst schnell auf veränderte Arbeits- oder Wohnsituationen reagieren müssen, ist die ausgelagerte Unterbringungsmöglichkeit eine gute Lösung", erklärt der Trendforscher Harry Gatterer.

"Heute weiß jeder, was Selfstorage ist."

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Studien belegen, dass jeder von uns rund 25.000 Gegenstände besitzt - und dass davon für den täglichen Bedarf mindestens ein Drittel überflüssig ist. Nicht alle wollen da gleich so radikal sein und sich für immer trennen. Minimalismus gilt zwar als chic, liegt aber über das rein optische Konzept hinaus den wenigsten.

"Diese steigende Nachfrage hängt mit der Pluralisierung zusammen", sagt Carmen Keckeis, aus Vorarlberg stammende Soziologiestudentin, das Phänomen. Selfstorage ist das Thema ihrer Diplomarbeit. "Wir sind zunehmend mit neuen Haushalts- und Familienformen konfrontiert. Die Angebote am Wohnungsmarkt sind oft nicht entsprechend. Wenn man es sich leisten kann, lagert man aus", sagt sie.

Menschen horten Dinge in den "Nicht-Orten"

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Ein Gebäude - oft mitten in der Stadt -, in dem Menschen Dinge horten. Es sind eigenartige Plätze, nicht dazu da, um schön zu sein, sondern vor allem, um uns Sicherheit zu geben. Der französische Anthropologe Marc Augé bezeichnet sie als Nicht-Orte. Für ihn sind das monofunktional genutzte Flächen im urbanen und suburbanen Raum (dazu zählen auch Einkaufszentren, Bahnhöfe und Flughäfen). Ohne Geschichte, Relation und Identität. Schwarzseher prangern in diesem Zusammenhang die kommunikative Verwahrlosung an. So oder so: Die moderne Zeit verlangt nach all diesen Möglichkeiten. Und bietet uns damit auch neue Freiheiten. Flexibilität ist alles. Natürlich ist das Mieten von zusätzlichem Platz nicht billig. Aber immer noch wesentlich günstiger, als sich Dinge neu zu kaufen, weil man die alten irgendwann weggeben musste.

SelfStorage: Anbieter im Überblick

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MyPlace: Standorte in Wien, Graz und Linz (in Wien sieben Mal, unter anderem im 5. und im 13. Bezirk). Dazu Anlagen in Deutschland und in der Schweiz. Die kleinste Einheit (1 mit Raumhöhe 2,70 m) kostet 37,95 Euro für 4 Wochen. Rabatte bis zu 35 Prozent bei Vorauszahlung oder längerer Laufzeit. www.myplace.at

Mike's Box: Zwei Standorte im 15. und im 21. Bezirk in Wien, kleinste Einheit (rund 1 m²) kostet 11,- Euro pro Woche. Ermäßigung bei längerer Laufzeit. www.mikesbox.at

Easy Storage: Ein Standort im 22. Bezirk in Wien, Modulsystem mit Containern. Der kleinste Container (3,16 m²) kostet 59,- Euro pro Monat. www.easy-storage.at

Frachtmeister: Ein Standort in Wiener Neudorf. Eine 5 Kubikmeter große Box kostet 35,- Euro pro Monat. www.frachtmeister.at

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