Richtig reagieren bei Baumängeln
Die meisten Menschen kaufen nur einmal im Leben eine Immobilie. Oft ist die Vorfreude groß, die Vorsicht aber gering. "Es ist ratsam, nicht nur dem Inhalt des Kaufvertrages und den weiteren Dokumenten besondere Aufmerksamkeit zu schenken, sondern auch der tatsächlichen Übergabe der Wohnung", sagt Daniela Kager, Wohnrechtsexpertin bei Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte. "Um beurteilen zu können, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, ist zu prüfen, welcher Zustand der Wohnung im Vertrag vereinbart wurde und vom Verkäufer daher geschuldet wird."
Bei neu errichteten Objekten gibt es normalerweise eine Bau- und Ausstattungsbeschreibung, in der genau festgehalten ist, wie dieses herzustellen und auszustatten ist. Hier sind zum Beispiel die Ausführung der Türen, die Art der Bodenbeläge oder die Ausstattung der Küche vermerkt. "Entspricht die Wohnung bei der Übernahme nicht dem vereinbarten Zustand oder fehlen Eigenschaften, die gewöhnlich vorausgesetzt werden dürfen, liegt ein Mangel vor", erklärt Kager. Wurden zum Beispiel die falschen Fliesen verlegt, muss sie der Handwerker austauschen. Oder man einigt sich auf eine Preisminderung.
Übergabe
Egal ob neu oder gebraucht: Bei der Übergabe sollte die Wohnung gemeinsam besichtigt und ein Übergabeprotokoll erstellt werden. "Hier werden offenkundige Mängel vermerkt und am besten auch durch Lichtbilder dokumentiert", sagt Thomas Sochor, Wohnrechtsexperte der Kanzlei Scheuch Sochor Rechtsanwälte. Der Verkäufer kann dann das Problem durch Reparatur oder Austausch beheben. Ist dies nicht möglich, kann der Käufer eine Preisminderung verlangen, bei schwerwiegenden Mängeln kann er sogar vom Vertrag zurück treten . "Bei einem Bauträgerprojekt wird bei Streitfragen oft ein Schiedsgutachter bestellt. Dieser stellt fest, wie groß der Schaden ist und ob der Mangel den ordentlichen Gebrauch der Wohnung verhindert. Geringfügige Mängel berechtigen den Käufer nach gängigen Vertragsmustern meistens nicht, die Übernahme der Wohnung abzulehnen", erklärt Sochor.
Bei Neubauprojekten organisiert die Hausverwaltung kurz vor Ende der Gewährleistungsfrist häufig noch eine gemeinsame Begehung. Denn manche Mängel fallen einfach erst durch die Benützung der Wohnung auf.
Schadenersatz
Schadenersatz ist ein Thema, wenn das ausführende Unternehmen ein Problem verschuldet hat: Ist zum Beispiel das Dach undicht, muss die Firma dieses reparieren. Wurden durch diesen Defekt aber wertvolle Einrichtungsgegenstände zerstört, kann man dafür eine Entschädigung verlangen. Ist eine Einigung nicht möglich, bleibt nur der Weg zu Gericht. Ab Kenntnis von Schaden und Schädiger hat man dafür drei Jahre Zeit. Bei versteckten Mängeln, die aufgrund von Baufehlern entstehen, sich aber erst später auswirken oder bemerkt werden, kann man sogar bis zu 30 Jahre zurück Schadenersatzansprüche geltend machen.
Während der ersten zehn Jahre muss der Unternehmer belegen können, dass er den Fehler nicht verschuldet hat. Danach liegt die Beweislast beim Eigentümer. Sind erst einmal einige Jahre ins Land gezogen, kann es schwierig sein, das Verschulden der ausführenden Firma nachzuweisen. Eine Klage sollte man sich daher gut überlegen. Denn wer verliert, bleibt auf den Prozesskosten sitzen. Und so ein Verfahren kostet mitunter mehr, als die Behebung des Schadens.
Haftrücklass
Wer vom Plan weg kauft, ist durch das Bauträgervertragsgesetz geschützt. "Dieses sieht vor, dass mindestens zwei Prozent des Kaufpreises zur Sicherung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen in Form eines Haftrücklasses einzubehalten sind. Und zwar für die Dauer von drei Jahren ab Übergabe des Vertragsgegenstandes", erklärt Thomas Sochor. "Es kann auch ein höherer Betrag vereinbart werden, etwa drei bis fünf Prozent. Denn diese Reserve muss nicht nur Mängel am Vertragsgegenstand – also der Wohnung selbst – umfassen, sondern auch Schäden an der Gesamtanlage abdecken."
Gibt es tatsächlich Probleme mit allgemeinen Teilen des Hauses, kann es durchaus kompliziert werden. Denn in vielen Fällen müssen sich die Miteigentümer erst untereinander einigen. Bei einem Problem in der Garage zum Beispiel, kann es durchaus sein, dass diejenigen mit einem Parkplatz eine Mängelbehebung vom Bauträger fordern, die anderen aber eine Preisminderung bevorzugen würden.
Beim Bau eines Einfamilienhauses sollte man ebenfalls einen Haftrücklass einbehalten. Und am besten eine Ratenzahlung (etwa nach Fertigstellung des Kellers und des Rohbaus) vereinbaren. Am Ende muss der Bauherr unterschreiben, dass es keine augenscheinlichen Mängel gibt. Weil das aber für einen Laien schwer zu beurteilen ist, sollte bei der Bauabnahme ein Sachverständiger dabei sein.
Noch ein Detail am Rande: Bei Geschäften zwischen Privatpersonen können Gewährleistungsansprüche zum Teil ausgeschlossen werden. Denn das Konsumentenschutzgesetz gilt nur für Rechtsgeschäfte zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Weiß aber der Haus- oder Wohnungseigentümer von einem Problem, muss er den Interessenten sehr wohl darüber informieren. Wird ein Mangel sogar absichtlich vertuscht, kann der Käufer den Vertrag anfechten oder Schadenersatz fordern.
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