Stück für Stück

Reportage Kaminzusammenbau
IMMO besuchte einen Wiener Hafnerbetrieb, der die Tradition des Ofensetzers noch immer aufrechterhält.

Typisch wie auf einer Baustelle geht es hier nicht gerade zu. Der Geräuschpegel liegt bei normaler Zimmerlautstärke. Bohrende Maschinen? Fehlanzeige. Auf der Baustelle in Wien-Döbling geht es wesentlich entspannter zu, als man vielleicht vorerst vermuten würde. Im Wohnzimmer des Einfamilienhauses werden soeben die ersten Zentimeter des neuen Kachelofens von Robert Krotz und Felix Winkler aufgestellt.

Die beiden Hafnermeister haben sich 1995 selbstständig gemacht und ihr eigenes Unternehmen „Ofenkörper Off&Go“ gegründet. Heute, siebzehn Jahre später, beschäftigen sie sogar einen Lehrling und einen Gesellen, doch die Suche nach jungen Nachwuchstalenten gestaltet sich schwierig: „Zu meiner Zeit war die Generation meiner Eltern begeistert, als ich mich für die Ausbildung entschieden habe. Damals konnte man zumindest mit dem Begriff Hafner noch was anfangen. Heute ist der Beruf weder bekannt noch begehrt“, erklärt Felix Winkler.

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Reportage Kaminzusammenbau
Mittlerweile kann man die Ausbildung mit der Berufsmatura abschließen, ein zusätzlicher Anreiz, der im Idealfall mehr Jugendliche anlocken soll. Reinhard Pientsch ist bereits Geselle und knüpft mit der Wahl seiner Ausbildung an die des Vaters an, der ebenfalls den Beruf des Hafners gelernt hat: „Man muss vorsichtig arbeiten, in unserem Beruf gibt es wenig Platz für Fehler und man muss flexibel sein. Das ist eigentlich das Spannende an unserem Beruf, in der Früh weiß man nie, was einen erwartet.“

Das Planen, Entwerfen, Bauen und Setzen von Kaminen oder Kachelöfen erfordert Geschick und Feingefühl. Die meisten Materialien werden vor Ort passgenau zugeschnitten. Lukas Stadler schleift mit dem Carborundum (ein spezieller Schleifstein für das Anpassen von einzelnen Keramik­elementen) bereits die nächsten Keramikteile zu: „Man braucht viel Geduld bei unserer Arbeit und ein Gespür für die Materialien. Ein paar Millimeter zu viel und schon muss man von vorne beginnen“, erklärt Stadler. Der 22-Jährige ist ein Spätentschlossener. Vor etwa einem Jahr hat er mit der Hafner-Lehre begonnen. In seinem Jahrgang sind sie nur zu fünft.

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Geduld ist das Schlüsselwort für diesen Beruf. Nur ein paar wenige Einzelteile werden industriell vorgefertigt. Reihe für Reihe werden die einzelnen Kacheln positioniert, miteinander verbunden und innen mit Schamottmaterial ausgefüttert. Kleine Spranzenteile (Stücke aus Schamotteziegeln) werden mit der Hand zurechtgeklopft, um die einzelnen Reihen damit zu fixieren. Etwa drei Arbeitstage dauert es, bis das Team den Kachelofen fertiggestellt hat. Auf dem Land kann man mit der Profession eher junge Menschen erreichen, in urbanen Gebieten wird es schwieriger: „In der Stadt hat man nur bedingt Kontakt mit dem Beruf des Ofensetzers. In ländlichen Regionen findet man eher Bezugspunkte“, erklärt Robert Krotz. Laut Bundesinnung gibt es in Österreich etwa 643 Hafnerbetriebe.

Die entfernteste Baustelle, die das Team jemals betreut hat, lag in Irland. In zwei Wochen installierten Robert Krotz und Felix Winkler eine Ganzhausheizung. „Wir mussten damals sämtliche Materialien einfliegen lassen. Bei solchen Distanzen kann man es sich nicht erlauben, Einzelteile zu vergessen. Ein sehr spannendes Projekt“, beschreibt Felix Winkler. Aufträge in Kroatien, Italien und Ungarn folgten. Ein gemauerter Ofen ist ein sehr arbeitsintensives Produkt – das erklärt auch die hohen Preise. Wer sich einen Ofen individuell entwerfen, planen und setzen lassen möchte, muss mit Summen ab 10.000 Euro rechnen.

Spezielle Handwerke sind wichtige kulturelle Werte. Es ist schade, dass heutzutage viele traditionelle Professionen in Vergessenheit geraten. Kreativität und das Feingefühl für Handarbeit schlummern sicherlich in vielen. Ein Versuch, sich mit altem Handwerk auseinanderzusetzen, könnte sich vielleicht lohnen.

Ankica Nikolić (Text) und Gilbert Novy (Fotos)

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