Neuer Eigentümer, alte Regeln
Ideale Lage, guter Grundriss, passabler Preis – die Wohnung ist perfekt. Doch es gibt einen kleinen Haken: Sie ist vermietet. Aber was würde ein Eigentümerwechsel eigentlich bedeuten? Zwei Wohnrechtsexperten beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema:
Kann ein neuer Wohnungseigentümer den Mieter kündigen?
Nicht ohne Grund. Denn der Käufer eines Zinshauses oder einer Wohnung tritt in die bestehenden Mietverhältnisse ein. "Diese Objekte unterliegen in der Regel dem Mietrechtsgesetz, daher gilt der Grundsatz: Kauf bricht Miete nicht", erklärt Christian Marth, Immobilienrechtsexperte und Partner bei Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte. Kündigen kann der Vermieter lediglich aus den im MRG genannten Gründen – wenn etwa der Mieter den Zins nicht zahlt oder wenn er die Wohnung komplett untervermietet.
Gelten bereits getroffene Vereinbarungen auch weiterhin?
Der Käufer muss sich an mündliche und schriftliche Abmachungen halten. "Das gilt jedoch nicht für ungewöhnliche Nebenabreden, die er nicht kannte oder kennen musste", erklärt Marth. Als ungewöhnlich gilt eine Vereinbarung, wenn sie sich bei vergleichbaren Mietverhältnissen nicht oder nur selten findet – zum Beispiel die unentgeltliche Überlassung eines Parkplatzes oder die Bezahlung der Heizkosten durch den Vermieter.
Was passiert, wenn ein vermietetes Ein- oder Zweifamilienhaus den Eigentümer wechselt?
Wird ein solches Objekt verkauft, verschenkt, vererbt oder versteigert, kann der neue Eigentümer die Bewohner vor die Tür setzen. Statt dem MRG gilt nämlich das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB). "Der Käufer übernimmt zwar das Mietverhältnis, kann dieses aber unter Einhaltung der gesetzlichen Frist von einem Monat kündigen", sagt Thomas Sochor, Wohnrechtsexperte der Kanzlei Scheuch Sochor Rechtsanwälte. Auch eine vereinbarte Befristung erlischt mit dem Eigentümerwechsel. Absichern kann sich der Mieter nur durch die vorherige Eintragung des Bestandsverhältnisses im Grundbuch.
Darf der neue Eigentümer den Mietzins erhöhen?
Da die bisherigen Vertragsinhalte weiterhin gelten und der Vermieter nicht nachteilig in bestehende Verträge eingreifen darf, ist eine Erhöhung während des laufenden Mietverhältnisses nicht möglich. Anders ist die Situation im Ein- und Zweifamilienhaus: "Hier hat der Vermieter de facto das Druckmittel der außerordentlichen Kündigung und wird so eine Erhöhung leichter durchsetzen können", erklärt Marth.
Muss der Bewohner den Kaufinteressenten bzw. den neuen Besitzer in die Wohnung lassen?
Wer eine Immobilie erwirbt, will sie natürlich auch in Augenschein nehmen. Für die Bewohner ist ein solcher Besuch meist mühsam. "Liegt ein wichtiger Grund vor, muss der Mieter das Betreten der Wohnung erlauben", sagt Sochor. Sowohl die Begehung im Zuge des Verkaufes als auch die Bestandsaufnahme nach dem Eigentümerwechsel wurden vom Obersten Gerichtshof als solcher gewertet. Eine Besichtigung darf nur nach vorheriger Ankündigung stattfinden. Außerdem muss entweder der Mieter selbst oder eine von ihm bestimmte Vertrauensperson anwesend sein.
Worauf sollten Käufer einer vermieteten Immobilie achten?
Wer selbst und sofort eine neue Bleibe braucht, sollte lieber die Finger davon lassen. Denn eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist für Käufer einer vermieteten Eigentumswohnung erst nach einer Frist von zehn Jahren möglich. Und auch dann muss man ein dringendes Wohnbedürfnis nachweisen. Viele Richter entscheiden bei der Interessensabwägung zugunsten des Mieters.
Ein Vertrag mit Ablaufdatum ist jedoch kein Problem – zumindest, wenn man nicht sofort einziehen möchte: "Der Käufer sollte aber prüfen, ob die Befristung auch tatsächlich noch durchsetzbar ist", sagt Marth. "Falls nämlich der alte Vermieter das Ende der Befristung übersehen hat, verlängert sich der Mietvertrag automatisch einmalig um die Dauer von drei Jahren. Hat er die Frist vielleicht ein zweites Mal verpasst, gilt das Mietverhältnis als unbefristet verlängert und eine Kündigung ist nur mehr eingeschränkt möglich."Der Käufer einer vermieteten Wohnung sollte außerdem darauf achten, dass ihm vom Verkäufer auch die vom Bewohner geleistete Kaution übergeben wird. Sonst müsste er am Ende des Mietverhältnisses die Kaution aus der eigenen Tasche refundieren.
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