Neue Widmung: Von der Wohnung zur Praxis und zurück

Neue Widmung: Von der Wohnung zur Praxis und zurück
So funktioniert die Änderung: Wie Eigentümer aus ihrem Zuhause ein Büro oder eine Ordination machen.

Man sitzt beim Arzt im Wartezimmer und stellt sich vor, was für eine tolle Wohnung diese Räumlichkeiten abgeben würden. Hier stünde die Couch, dort der Fernseher. Im Untersuchungsraum wäre das Schlafzimmer und im Besprechungsraum der Essplatz. Tatsächlich eignen sich viele Objekte sowohl zum Wohnen als auch zum Arbeiten – ob als Ordination, Büro oder Geschäftslokal. Wenn die Widmung stimmt.

Wartezimmer statt Wohnraum

Neue Widmung: Von der Wohnung zur Praxis und zurück
Wer aus seinem Zuhause eine Kanzlei oder aus einer Praxis eine Wohnung machen will, braucht eine Bewilligung von der Baupolizei (in Wien von der MA 37). Vorher ist ein Blick in den Flächenwidmungsplan sinnvoll. Infos gibt es beim Magistrat für Stadtteilplanung und Flächennutzung (MA 21). Denn in sogenannten Wohnzonen (vor allem innerhalb des Gürtels) müssen 80 Prozent der Nutzfläche für Wohnungen verwendet werden. Gibt es zu viele Büros, werden keine Umwidmungen genehmigt, wenn nicht Ersatzwohnraum geschaffen wird. "Die Nutzung einer Wohnung als Arztpraxis ist aber meist auch ohne Widmungsänderung möglich. Für ein Büro oder einen Geschäftsraum braucht man immer eine neue Widmung", sagt der Leiter der MA 37, Gerhard Cech. Doch die Flächenwidmung ist eine Sache, das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) eine andere.

Der Wohnungseigentumsvertrag

Ob Räumlichkeiten als Wohnung, Geschäftslokal, Ordination oder Büro gewidmet sind, steht im Wohnungseigentumsvertrag. "Grundsätzlich ist jeder Eigentümer zu Änderungen an seinem Objekt berechtigt – einschließlich einer neuen Widmung", erklärt Nicole Neugebauer-Herl von nmh2 Rechtsanwälte. "Das WEG beschränkt jedoch diesen Anspruch – je nachdem wie stark in die Rechte des Einzelnen oder der Gemeinschaft eingegriffen wird."

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Wer einen anderen Gebrauch anstrebt, als den vertraglich vereinbarten, braucht also die Erlaubnis der übrigen Eigentümer. Sind nicht alle einverstanden, kann man die Zustimmung vom Gericht ersetzen lassen. Der Außerstreitrichter prüft dann, ob mit der Veränderung eine wesentliche Beeinträchtigung verbunden wäre – ob es zum Beispiel zu mehr Lärm durch verstärkten Kundenverkehr oder zu einer Gefahr für die Sicherheit der Bewohner oder des Hauses kommen würde.

Wurde festgehalten, dass die Objekte ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet werden dürfen, ist übrigens auch die Nutzung als Arztpraxis genehmigungspflichtig. "Erlaubt der Vertrag die Ausübung geschäftlicher Tätigkeiten, die üblicherweise in Wohnungen ausgeübt werden, so ist nach der aktuellen Rechtsprechung die Nutzung als Ordination eines praktischen Arztes oder als Heilmasseur-Praxis gar keine Widmungsänderung und bedarf daher auch keiner Genehmigung", sagt Neugebauer-Herl.

Vom Büro zur Wohnung

In die andere Richtung braucht man für eine Umwidmung ebenfalls die Zustimmung aller übrigen Eigentümer. Da allerdings bei der Umwandlung von einer Praxis oder einem Geschäftslokal in eine Wohnung wohl kaum mit vermehrtem Lärm und ähnlichem zu rechnen ist, ist das für gewöhnlich der einfachere Weg.

"Ein Einwand wäre höchstens denkbar wenn der änderungswillige Eigentümer nach erfolgter Umwidmung auch eine Neufestsetzung der Nutzwerte begehren würde", erklärt Neugebauer-Herl. "Da nämlich der Nutzwert einer Wohnung meist geringer ausfällt als der eines Geschäftsraumes, wären die übrigen Besitzer insofern beeinträchtigt, als sich eine Umverteilung bei der Kostenaufteilung ergeben könnte. Ob dies letztlich als wesentliche Beeinträchtigung gilt, scheint aber eher fraglich."

Ein Kündigungsgrund?

Mieter haben auf die Widmung keinen Einfluss. In den meisten Verträgen ist festgehalten, dass die Räumlichkeiten ausschließlich zu Wohnzwecken genützt werden dürfen. Dennoch gibt es viele Mieter, die zu hause auch arbeiten. Wer in aller Ruhe am Schreibtisch sitzt und damit keinen stört, braucht auch niemanden um Erlaubnis zu fragen. Anders sieht es aus, wenn es regelmäßigen Kunden- oder Patientenkontakt gibt. Wer also zum Beispiel vorhat, einen Raum als Psychotherapie-Praxis zu nutzen sollte dies vertraglich vereinbaren.

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In einem Mietobjekt zu arbeiten, ist kein Kündigungsgrund – so lange dieses überwiegend zu Wohnzwecken genützt wird. "Dient die Wohnung aber vor allem einem gewerblichen Zweck, kann der Vermieter eine gerichtliche Kündigung wegen Fehlens des dringenden Wohnbedürfnisses einbringen", erklärt Barbara Walzl-Sirk, Wohnrechtsexpertin des Mieterschutzverbands. "Wenn auch noch die Nachbarn durch das ständige Kommen und Gehen von Kunden oder Patienten beeinträchtigt werden, kann der Vermieter auch mit einer Unterlassungsklage gegen den Mieter vorgehen."

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