Hausvertrauensperson: Fluch oder Segen?

Hausvertrauensperson: Fluch oder Segen?
Hausvertrauenspersonen können ein Segen für die Bewohner sein. Oder ihren Nachbarn das Leben zur Hölle machen. Wir haben uns umgehört.

Markus Kaser ist einer von den Guten. Vor drei Jahren wurde er bei einer Eigentümerversammlung zum Hausvertrauensmann gewählt. Seitdem kümmert sich der Diplomingenieur in Rente um alle kleinen und großen Belange in einem modernen Wohnhaus im 4. Bezirk in Wien. Schon im ersten Jahr konnte er 36.000 Euro an Betriebskosten einsparen. Sein Motiv ist durchaus egoistisch: "Alles was ich für das Haus einspare, spare ich auch für mich ein", gibt er gerne zu. "Das gesamte Stiegenhaus wurde die ganze Nacht über beleuchtet, damit es toll aussieht, wenn man von draußen reinschaut. Das hat sich der Architekt so eingebildet", erzählt er kopfschüttelnd. "Die ganze Beleuchtung hing an einem Stromkreis. Ich habe dafür gesorgt, dass nur ein Sicherheitslicht bei den Aufzügen durchgehend brennt, man aber in jedem Gang das Licht ein- und ausschalten kann." Kaser verglich verschiedene Angebote, erklärte bei einer Eigentümerversammlung, welche Einsparungen der Umbau bringen würde und beaufsichtigte die Arbeiten. Auch die Heizung hat er in der Zwischenzeit umrüsten lassen.

Doch es geht auch anders: Sigrid Räth, Wohnrechtsexpertin der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kennt auch jede Menge negativer Beispiele aus ihrer Beratungspraxis. Sie berichtet von Häusern, in denen Hausvertrauensleute oder Hauskomitees nach dem Motto "wer nicht für mich ist, ist gegen mich und hat unrecht" agieren: "Miteigentümer, die nicht auf der Seite der Vertrauensleute sind, werden regelrecht gemobbt."

Immer wieder überschätzen Vertrauenspersonen ihre Befugnisse. "Es kommt durchaus vor, dass Hausvertrauenspersonen im Namen aller sprechen obwohl die Mehrheit gar nicht dieser Meinung ist", weiß Udo Weinberger von der Hausverwaltung Weinberger Biletti. "Manche spielen Hauspolizist und wollen den anderen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben."

Hausvertrauensperson: Fluch oder Segen?

Wenn Hausvertrauensleute der Verwaltung ein wenig auf die Finger schauen, ist das nicht schlecht. Doch manchmal werden Miteigentümer durch das Zusammenspiel zwischen Vertrauensperson und Verwaltung übervorteilt: Die Verwaltung stützt sich zur Begründung ihrer Entscheidungen auf die Hausvertrauensleute ohne die anderen zu fragen. Da werden Bäume gefällt oder die Fassadenfarbe geändert, nur weil das Komitee es so beschlossen hat. "Diese Dinge sind schwer in den Griff zu bekommen, weil nicht auf einer rechtlichen Grundlage agiert wird. Die normative Kraft des Faktischen wird hier zum Problem", erklärt Räth. "Wenn der Baum erst einmal gefällt ist oder die Fassade eine andere Farbe hat - was will man dann noch tun? Die Verfolgung der daraus entstehenden Ansprüche tut sich kaum ein Miteigentümer an."

Wie wird man jemanden los, der sich unerwünscht als Hausvertrauensperson aufspielt? Schließlich ernennen sich viele selbst zum Haussprecher. "Oft gar nicht - weil diese Leute rein rechtlich gar keine Macht haben", so Räth. Am besten wird das Problem bei einer Eigentümerversammlung besprochen und die Verwaltung darüber informiert, dass die Gemeinschaft diese Person nicht als Hausvertrauensperson akzeptiert.

Markus Kaser ist bei seinen Nachbarn beliebt. Auch Fragen zur Betriebskostenabrechnung konnte er schon klären. "Ein Bewohner bei uns im Haus hat sich bei mir beschwert, dass er viel mehr Betriebskosten zahlt als sein Nachbar. Ich habe mir von der Verwaltung alle Unterlagen geben lassen und sie überprüft", so Kaser. "Dabei stellte sich heraus, dass der Bewohner vier Parkplätze hat und sein Nachbar nur einen. Die Vorschreibung hat also genau gestimmt."
Weil Kaser sich im Haus um alle technischen Details kümmert, nimmt er auch der Hausverwaltung viel Arbeit ab. Er ist eben einer von den Guten.

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