Erben ohne zu streiten: Was Erblasser dafür tun können

Michael Lunzer
Interview mit Michael Lunzer, der Präsident der Notariatskammer für Wien, NÖ und Burgenland, über gute Wege beim Vererben

KURIER: Herr Lunzer, worauf sollte man bei der Verteilung seines Erbes achten?

Michael Lunzer: Man sollte mit seinen Erben jedenfalls zu Lebzeiten besprechen, ob sie jene Vermögensteile, die man ihnen vererben möchte, auch tatsächlich wollen und brauchen können.

In der Praxis ist es oft sehr schwierig, über das Erben zu sprechen. Warum?

Die Elterngeneration glaubt oft zu wissen, was das Beste für die Kinder ist. Ich erlebe immer wieder, dass Kinder im Nachhinein nichts mit dem Vererbten anfangen können. Dinge sollten so hinterlassen werden, dass sie den Erben nicht belasten. Etwa wenn Kinder gemeinsam eine Immobilie erben und sich gar nicht so gut verstehen, wie Eltern das glauben.

Aber wie soll verteilt werden, wenn es nur eine Immobilie und mehrere Kinder gibt?

Entweder gibt es ein Kind, das wirtschaftlich so stark geworden ist und die anderen auszahlen kann. Oder vielleicht sagt ein Kind auch, dass es das Haus gar nicht will und freiwillig auf seinen Anteil verzichtet. Kinder haben nicht immer das Bedürfnis, alles gleichmäßig zu bekommen. Eine gute Möglichkeit diesbezüglich sind Schenkungen zu Lebzeiten. Man kann alles vertraglich regeln und schon erfolgte Zuwendungen an bestimmte Nachkommen transparent machen. Damit sind auch Erb- und Pflichtteilsverzichte möglich. Man kann etwa sagen: Dem ersten Kind gab man einen Zuschuss zur Unternehmensgründung, dem zweiten half man beim Hausbauen und das dritte Kind bekommt dafür das Einfamilienhaus.

Ist das mit einem Testament nicht möglich?

Nein, nicht abschließend friedenstiftend. Weil es pflichtteilsrechtliche Ansprüche gibt. Über den Wert von Dingen oder über Schenkungen, die zu Lebzeiten erfolgten und nicht bewiesen werden können, kann oft großer Streit unter der Nachkommenschaft ausbrechen.

Oft heißt es, die Kinder verstehen sich gut, da gibt es sicher keine Probleme.

Darauf ist aber kein Verlass. Ich sehe es als Verantwortung der Eltern, Streit in der Nachkommenschaft durch Erbschaft zu vermeiden. Sie sind die Einzigen, die es tun können.

Kommen Sie als Notar manchmal auch in die Rolle, dass sie Konflikte schlichten müssen?

In meinem Besprechungszimmer liegt ein Packerl Papiertaschentücher zum Trocknen von Tränen. Selten aber doch ist die Regelung des Erbes schmerzhaft. Oft brechen alte Dinge auf.

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