Vor Kurzem wurde die Kunsthalle arlberg1800 mit einer Ausstellung eröffnet. In dem 1500 Quadratmeter großen Komplex befindet sich auch ein Konzertsaal. Auf knapp 1800 Metern über dem Meeresspiegel soll hier unter anderem kleinen musikalischen Formationen sowie Festivals künftig eine neue Bühne geboten werden. Bei der Gestaltung orientierte man sich an den Wellen des Schalls.
Wie eine Welle, die kurz bevor sie gegen die Brandung schlägt an Volumen und Kraft zunimmt, formiert sich der neue Kulturschauplatz
arlberg1800 in St. Christoph am Arlberg. Auf 1765 Metern Seehöhe, zwischen Lechtaler Alpen und dem Verwallgebirge, wird eine Skulptur, in Form einer überdimensionalen Stecknadel des Künstlers Hans Schabus den Standort zusätzlich markieren. Der Name des Projektes steht gleichzeitig für eine exklusive Dachmarke im heimischen Alpintourismus. Dahinter steht der Hotelier Florian Werner, dem mittlerweile im selben Ort die Unterkünfte Arlberg Hospiz, Skyfall Suiten, Alm Residences, arlberg1800 Suiten, ein Restaurant und drei Liftanlagen gehören. Sein jüngster Coup ist im Vergleich dazu dann doch etwas außergewöhnlich. Denn üblich oder gar gewöhnlich ist es nicht, wenn eine neue Plattform für Gegenwartskunst, mit Fokus auf zeitgenössische österreichische Kunst und Musik, inmitten eines typischen Wintersportortes gegründet wird. Rund 26 Millionen Euro soll den privaten Kunstsammler der Bau gekostet haben.
Als kultureller Knotenpunkt soll die neue Halle aber nicht nur Touristen, sondern auch lokales Publikum anziehen. Mit der Planung des Projektes wurde Architekt Jürgen Kitzmüller beauftragt. Die wellenförmige Gebäudeformation ist dabei natürlich nicht durch Zufall entstanden: "Am Anfang habe ich mir die Frage gestellt, ob sich Musik oder Bildende Kunst in eine Form bringen lässt. Wie kann man diese Bereiche mit räumlichen oder baulichen Strukturen umsetzen? Antwort darauf fand ich im Geschwungenen und in Rundungen. Sie symbolisieren den Schall oder besser gesagt deren Wellen. Sie stehen für das Weiche und Emotionale in der Musik", erklärt Kitzmüller. Diese Intention macht sich bereits bei der Gebäudehülle bemerkbar.
Die Lamellen an der Fassade scheinen sich aus dem Boden herauszuformen, der Körper wirkt kraftvoll und kompakt.Großflächige Glasfronten werden von der Konstruktion aus unbehandeltem Rohstahl sogenanntem Schwarzstahl umhüllt. Das Gebäude selbst ist aus Stahlbeton und das Dach fungiert gleichzeitig als ein von außen begehbares Plateau. Die Fenster sollen zum einen Einblicke in das neue Gebäude gewähren und zum anderen einen Ausblick auf die umliegende Bergwelt ermöglichen – zumindest stellenweise ist dies von innen möglich. Die neue Kunsthalle erstreckt sich zu zwei Dritteln unter der Erde, lediglich das Entree ist ebenerdig und auf Straßenniveau zugänglich.
Die 1500 Quadratmeter große Fläche umfasst neben der Kunsthalle und dem Konzertsaal ein Foyer mit separaten Ausstellungskabinette, Ateliers und Proberäumen. "Wir haben versucht, mit den Raumhöhen zu spielen, um dem Besucher nicht das Gefühl zu vermitteln, dass er in einem Keller ist. Der Eingangsraum erstreckt sich vier Meter nach oben und vier Meter nach unten – dadurch wirkt die räumliche Struktur offen", sagt Kitzmüller.
Zudem wurde im Inneren viel mit LED-Technologie gearbeitet. "Diese Technik hat es uns ermöglicht, selbst in unterirdischen Teilen angenehmes Tageslicht zu simulieren. Je nach Veranstaltung und Notwendigkeit kann man das System programmieren."
Im Inneren setzte Kitzmüller auf eine klare, minimalistische Gestaltung. Die öffentlichen Bereiche wurden in Weiß und Grau gehalten – Böden aus grauem Steinzeug treffen auf weiße oder anthrazitfarbene Wände, die durch eine spezielle Tonspachteltechnik hervorgehoben wurden.
Der Musiksaal bildet eine Ausnahme. Der acht Meter hohe Raum wird von geschwungenen Seitenwänden dominiert. Alles scheint sich im Raum dem Thema der Wellen unterzuordnen. Der Architekt hat in erster Linie an ein Holzschiff gedacht, jedoch braucht Akustik Masse: "Aus diesem Grund haben wir den Raum mit Spanten und vollflächiger Plattenbelegung aus Stahl gebaut. Auf diese ,Bordwand‘ wurden Gipsplatten montiert um die Masse nochmals zu erhöhen", erklärt Kitzmüller. Das darauf befestigte schwarze Akustikvlies mit den weiß geölten Eichenlamellen dient der vom Architekten gewünschten Erscheinungsform. Durch die schwimmende Lamellenkonstrukion können Schallwellen optimal bis in die letzte Sitzreihe geleitet werden, da die geschwungenen Formen keine Rückkoppelungen zulassen. Am Ende des Zuschauerraumes wurde die gesamte Rückwand mit schwarzen Platten verkleidet: "Diese Elemente schlucken den Schall damit er nicht zurückgehen kann", erklärt Kitzmüller. Das Akustikkonzept wurde gemeinsam mit dem Büro Pfeiler aus Graz geplant. Sein jüngstes Projekt beschreibt der Baukünstler selbst als ,Arche im Moor‘: "Denn durch die Höhenlage befindet sich die Kunsthalle mitten im Hochmoor." Aber keine Angst, zu sehen ist davon wirklich nichts – weder innen noch außen.
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