Die wichtigsten Trends der Branche
46.700 Teilnehmen drängten sich drei Tage lang durch die Hallen der Messe München. Diese Woche ging die Expo Real, die wichtigste Immobilienmesse Europas, über die Bühne – und sie schlug alle Rekorde: Mit fast 2.200 Ausstellern war die Messe größer denn je. „Die starke Beteiligung spiegelt eine positive Erwartung der Immobilienwirtschaft für dieses Jahr wider“, sagt Klaus Dittrich, Geschäftsführer der Messe München.
Österreich war hinter Deutschland übrigens das wichtigste Ausstellerland – die Signa-Gruppe von Rene Benko stach mit einem der größten Stände hervor.
Das wirtschaftliche Umfeld aber ist gar nicht so rosig: Drohende Handelskriege, bevorstehender Brexit, mögliche Rezession. Dazu wird seit Jahren unter Experten über eine Trendwende am boomenden Immobilienmarkt diskutiert, eingetreten ist der Abschwung aber nicht. „Der aktuelle Immobilienzyklus ist weit fortgeschritten“, meint Jörg Quentin, Leiter der Immobilienbewertung bei der Deutschen Pfandbriefbank, einem großen Immobilienfinanzierer.
Der Grund: die anhaltende Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese werde, so sind sich Experten weitgehend einig, auch in absehbarer Zeit nicht geändert werden. Diese Politik macht Immobilienkredite jedenfalls günstig und mindert gleichzeitig die Attraktivität anderer Kapitalanlagen. Quentin: „Dies gilt, obwohl die hohe Nachfrage der Investoren zu steigenden Immobilienpreisen und damit niedrigeren Renditen führt.“ Das negative Umfeld wirke tendenziell belastend auf die Immobilienmärkte, aber: „Es dürfte in näherer Zukunft den Effekt der Niedrigzinsen nicht überwiegen“, so Jörg Quentin.
Manche Experten meinen sogar, dass die Immobilienwirtschaft von den wirtschaftspolitischen Instabilitäten profitiere. „Die Menschen kaufen in solch einer Phase Immobilien, da ist die Unsicherheit aus dem Weißen Haus oder aus London eher hilfreich“, meint Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel.
Wegen der niedrigen Zinsen ist ausreichend Liquidität am Markt. Deswegen laufen die europäischen Immobilienmärkte auch heuer auf Hochtouren, wenn auch möglicherweise keine Rekordwerte mehr erreicht werden.
Denn: Die Transaktionen könnten noch mehr sein, wenn nicht zwei Faktoren diesen Investitionsboom limitieren würden: die Bauindustrie und der Mangel an passenden Objekten und Grundstücken. „Die Verfügbarkeit von Produkten ist der entscheidende Einflussfaktor, dass die Investitionsvolumina zurückgehen“, berichtet Jos Tromp, Chef der Research-Abteilung für Europa von CBRE.
Laut einer Umfrage der Expo Real im Vorfeld der Messe steht aber noch ein anderes Thema ganz oben auf der Agenda von Immobilienmanagern: bezahlbarer Wohnraum. Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, dass das Thema leistbares Wohnen der wichtigste Einflussfaktor auf die Immobilienwirtschaft in Europa sei. Erst dahinter, auf Rang zwei und drei, landeten die Themen Zinspolitik und Flächenmangel.
Diskussionen um Mietbeschränkungen in Deutschland
Der Anlass sind Diskussionen in Berlin um die Enteignung von großen Wohnkonzernen. Die deutsche Hauptstadt leidet seit Jahren an Wohnungsknappheit und exorbitant hohen Mieten. Daher kommt es, dass sogar politische Parteien die Überlegungen aufgreifen. Auch in den Hallen der Expo Real wurde über die Vorschläge und mögliche Beschränkungen der Mieten an mehreren Ecken durchaus kontroversiell debattiert. So gab es etwa am Stand der Stadt München eine Diskussion zwischen Vertretern der Stadtregierung und Bauträgern. „Wir müssen jedenfalls ein Auge auf die Regulationen in Berlin haben, wenn auch verschiedene Parteien verschiedene Vorschläge haben“, so Kai Mende vom CBRE Büro in Berlin.
Interessantes Detail: Laut Expo- Real-Umfrage traut die Hälfte der Befragten dem Markt und privaten Unternehmen immer weniger zu, gesellschaftliche Probleme zu lösen. 75 Prozent der Befragten empfehlen, verstärkt mit Kommunen zu kooperieren.
Was die Digitalisierung betrifft, gibt es in der Immobilien- und Baubranche ebenfalls noch Luft nach oben. Gerade im Bausektor werden Unmengen an Informationen generiert: Besprechungsnotizen, Pläne, Messungen. „Um aus diesen unstrukturierten Daten Gold zu machen, müssen die Daten strukturiert werden“, sagt Tech-Unternehmer Marc Bickel.
Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) steht erst am Anfang. „Derzeit werden die Grundlagen für die Anwendung von KI geschaffen“, sagt Patrick Theis von Drees & Sommers, „selbstlernende Systeme lernen beispielsweise, Pläne zu lesen. Man muss sich vorbereiten, dass es hier in den nächsten Jahren zu Änderungen kommt.“
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