Das Wiener Konzerthaus und sein Baustil ohne Namen

Das Wiener Konzerthaus und sein Baustil ohne Namen
Das Wiener Konzerthaus war seiner Zeit bereits bei der Eröffnung am 19. Oktober 1913 weit voraus.

Wir schreiben das Jahr 1913: Der Historismus neigt sich dem Ende zu. Der Jugendstil steht in den Startlöchern. Das Bürgertum erhebt sich und will das mit einem imposanten Bauwerk untermauern. Die Entscheidung fällt auf ein Konzerthaus und der Coup gelingt. „Das Gebäude hatte nichts mit dem damaligen Typus eines Konzertsaals zu tun“, weiß Erwin Barta, Archivdirektor des Wiener Konzerthauses. Finanziert wurde der Bau durch Zuwendungen vom Bürgertum, die die Wiener Konzerthausgesellschaft sammelte.

Das Wiener Konzerthaus und sein Baustil ohne Namen

Seither sind 105 Jahre vergangen und schon bei den ersten Schritten im Eingangsbereich des Hauses ist zu spüren: An Charme, Ambiente und Modernität hat der Bau bis heute nichts eingebüßt. Das ist dem Architektenduo Ferdinand Fellner und Hermann Helmer zu verdanken. Die beiden haben mit den Restaurants, den Foyerflächen und den bordeauxroten Möbeln im ganzen Haus ein Rundum-Angebot für die Besucher geschaffen. „Das waren sehr fortschrittliche Ansätze für die damalige Zeit“, erklärt der Archivdirektor.

Das Wiener Konzerthaus und sein Baustil ohne Namen

Der Baustil des Konzerthauses zeigt den Umbruch, der sich im Jahr 1913 in Wien abgespielt hat. „Zwischen 1865 bis 1895 spricht man von der Gründerzeitarchitektur“, weiß Barta. Danach stellte sich die Frage, wie gebaut werden sollte. „Der Jugendstil, der damals unter dem Namen Wiener Secession bekannt war, schien aber zu modern, das Wiener Konzerthaus war immerhin ein bürgerliches Repräsentationsgebäude“, erklärt er.

Das Wiener Konzerthaus und sein Baustil ohne Namen

Die Entscheidung fiel schlussendlich auf einen Stilmix: So zeigt die Brüstung Otto Wagners Jugendstil und der Mozartsaal repräsentiert den Historismus – genauso wie die Säulen im großen Konzertsaal. „Sie rücken aber in den Hintergrund, versperren niemandem die Sicht, was wiederum dem modernen Ansatz entspricht“, so Barta. Bei der Bauweise handle es sich um einen Stil ohne Namen, der sich wohl etabliert hätte, wäre ihm die Geschichte nicht in die Quere gekommen. „Die Bauzeit endete 1914 mit Kriegsbeginn und nach 1918 gab es keine bürgerlichen Repräsentationsbauten mehr.“

Das Wiener Konzerthaus und sein Baustil ohne Namen

Wie modern das Wiener Konzerthaus damals war, zeigt sich nicht nur in der Architektur, sondern auch in der Ausstattung. Bereits 1913 wurde eine Lüftung im großen Saal eingebaut. „Auch die elektrische Anlage war fortschrittlich – denn auch die Notbeleuchtung wurde mit Strom  statt Gas betrieben“, erklärt Barta.   Das sei zur damaligen Zeit eine komplette Neuheit gewesen – und nicht die einzige, wie die Kurzfilmreihe „Zehn Dinge, die Sie nicht über das Wiener Konzerthaus wussten“ wöchentlich ab 19. Oktober zeigt. konzerthaus.at/mediathek

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