Immobilien: Interesse an Crowdfunding steigt

Immobilien: Interesse an Crowdfunding steigt
Niedrige Beträge, hohe Zinsen: Crowdlending in Betongold verspricht viel. Wie sicher ist und nützlich ist das Modell?

329 Meter hoch, 80 Stockwerke, gläserne Außenwand. 2018 soll das Three World Trade Center in New York eröffnet werden. "Ein Teil der Finanzierung wurde über die Crowdfunding-Plattform Fundrise bewerkstelligt", erzählt Tobias Leodolter. "In Amerika ist das bereits ein Milliardengeschäft." Ein Praktikum bei einem Makler-Unternehmen in Übersee machte den 25-Jährigen mit der Materie vertraut. Zurück in der Heimat, griff er die Idee auf und gründete vergangenes Jahr Rendity. "Österreich ist eher konservativ, was die Geldveranlagung betrifft", sagt er. "Dennoch merken wir, dass das Interesse steigt."

Die Macht der Masse

Die Finanzierung durch die Menge, wie Crowdfunding übersetzt werden kann, macht sich die Macht des Schwarms zunutze. Wenn viele Menschen geringe Beträge investieren, kann am Schluss eine beachtliche Summe entstehen. Mit dieser lassen sich Erfindungen, Apps, Start-ups realisieren – oder eben Immobilien. "Deutschland ist in diesem Bereich stark, aber Österreich holt auf. Das ist ein Segment, das sich in den nächsten Jahren dynamisch weiterentwickeln wird", meint Gottfried Haber, Wirtschaftsexperte der Donau-Universität Krems.

Immobilien: Interesse an Crowdfunding steigt
© manuel frauendorf fotografie | skyfilmberlin

Crowdlending im Immobilienbereich

Im Gegensatz zu Crowdinvesting – hierbei erhalten Investoren als Gegenleistung meist eine indirekte Beteiligung am Unternehmen – dominiert im Immobilienbereich Lending-based Crowdfunding, kurz Crowdlending. Hierbei investieren Menschen in ein Wohnprojekt und erhalten Zinsen für ihr Kapital – je nach Plattform zwischen fünf und acht Prozent. Verlockend, angesichts der momentan wenig rentablen Spareinlagen.

"Crowdlending deckt ein Bedürfnis ab, sowohl von der Investoren- als auch von der Bauträgerseite", sagt Wolfgang Deutschmann. Der 24-Jährige startete mit Home Rocket ebenfalls 2015 durch. "Wer bis dato nicht das Vermögen hatte – etwa um eine Vorsorgewohnung zu kaufen – kann nun in den Immobilienbereich investieren und gute Renditen erzielen."

Zwischen Eigenkapital und Bankkredit

Für Immobilienentwickler ist es eine weitere Möglichkeit, Projekte aufzustellen, wie Leodolter meint. "Um Bankkredite zu erhalten, ist ein gewisser Eigenkapitalanteil erforderlich. Ein Stück davon lässt sich über die ,Crowd‘ sammeln." Damit eigne sich das Modell auch für risikoreiche Vorhaben, die anderswo abgelehnt würden. Die Entwickler kommen für die Zinsen auf und zahlen eine Provision an die Plattformbetreiber.

Ob sich das rentiert? Maximilian Kneussl ist geschäftsführender Gesellschafter bei Vestwerk. Mit "The Son", einer Revitalisierung eines Gründerzeitensembles aus dem 19. Jahrhundert in Wien, lancierte sein Unternehmen das erste Immobilienprojekt auf der Crowdfunding-Plattform Conda. "Wir hatten einen massiven Werbewert, was für die Vermarktung der zukünftigen Wohnungen sehr wichtig ist", bilanziert Kneussl. Der Baustart wird im zweiten Quartal 2017 anvisiert. "Ich würde es wieder tun."

Immobilien: Interesse an Crowdfunding steigt

Denn neben den klassischen Investoren ziehe das auch ein jüngeres Publikum an, das bis jetzt noch nicht viel mit Immobilien zu tun hat. Auch Leodolter und Deutschmann erzählen, dass Projektentwickler vermehrt von selbst auf sie zukommen und interessiert sind.

Wie sicher ist das Geschäft?

Auf Home Rocket ist ein Investment ab 250 Euro möglich, auf Rendity ab 1000 Euro. In beiden Fällen wird das Geld des Anlegers auf ein Treuhandsammelkonto überwiesen. Wird die Fundingschwelle, ein im Vorhinein festgelegter Betrag, erreicht, wandert das Kapital zum Entwickler, der das Projekt umsetzt. Nach Ende der Laufzeit (meist zwischen einem und drei Jahren), überweist dieser im Idealfall den Betrag samt Zinsen zurück auf das Konto. "Bei Nichterreichen der Schwelle kommt das Geld ohne Abzug retour", sagt Deutschmann. Das sei bisher noch nicht notwendig gewesen.

Was kann also passieren? Mögliche Szenarien: Der Bauträger wird insolvent, das Vorhaben nicht umgesetzt, die Einheiten nicht verkauft. Im schlimmsten Fall ist das eingesetzte Kapital futsch. Die Plattformbetreiber versichern, das Scheitern zu minimieren: Von Gutachten und strengen Überprüfungen bis zum Advisory Board, bei dem Immobilienexperten ihre Erfahrung und Netzwerke einfließen lassen.

Kleine Beträge, geringerer Anlegerschutz

Bei der Beteiligungsart handelt es sich gewöhnlich um qualifizierte Nachrangdarlehen. "Das bedeutet, dass im Fall eines gescheiterten Projektes zuerst die Bank finanziell bedient wird. Wenn noch etwas übrig bleibt, folgen die Nachrangdarlehen und anschließend die Gesellschafter", erklärt Karin Fuhrmann, Steuerexpertin bei TPA. "Wir sprechen zum Glück von kleinen Beträgen. Der Anleger darf im Normalfall maximal 5000 Euro pro Jahr investieren – oder er deklariert, dass es sich nur um bestimmte Anteile seines Nettoeinkommens handelt. Aufgrund der Marktsituation – hohe Nachfrage, niedriges Zinsniveau – halte ich das Risiko daher für überschaubar – aber es gibt eines. "

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Die rechtliche Grundlage für Crowdfunding-Plattformen bildet das Alternativfinanzierungsgesetz. "Es regelt, welche Angaben zu machen sind, und vereinfacht die Handhabung. Eine Konzession ist nie, eine Prospektpflicht in den meisten Fällen nicht erforderlich", sagt Fuhrmann. Zudem besteht ein zweiwöchiges Rücktrittsrecht für den Anleger: "Ich halte das für angemessen." Allgemein gilt zu bedenken, dass Erträge in der Einkommenssteuer zu deklarieren sind.

Ob die Mischung aus modernem Start-up-Esprit und altbewährter Veranlagungsform hierzulande einen ähnlichen Aufschwung wie in Amerika nimmt, bleibt abzuwarten. "Es wird sicherlich davon abhängen, ob negative Erfahrungen von Anlegern ausbleiben", sagt Gottfried Haber. Denn der Schwarm, er kann auch anders.

www.homerocket.com

www.rendity.com

www.conda.at

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