AzW-Direktorin Angelika Fitz: „Es geht um selektives Bewahren“
KURIER: Der preisgekrönte Plattenbau Kleiburg in Amsterdam wurde erhalten und saniert. Ist das der Königsweg im Umgang mit Großwohnanlagen?
Angelika Fitz: Es geht nicht darum, alles zu erhalten oder alles abzureißen. Man muss jeden Komplex einzeln betrachten und sich die Qualitäten hinsichtlich Räume, Lage und Bausubstanz ansehen. Auch die kulturelle Geschichte eines Bauwerks ist bedeutend. Es geht um selektives Bewahren.
Großwohnbauten haben oft einen schlechten Ruf. Zu Recht?
In Wien hat es nie so eine starke Segregation wie etwa in den französischen Banlieues gegeben. Wien ist zu Recht stolz darauf, dass es in allen Bezirken sozialen Wohnbau gibt, etwa auch in der Innenstadt oder in Döbling. Es war nie ein Stigma, in einer Genossenschaftswohnung oder in einer Gemeindewohnung zu leben. Das kommt daher, dass sich der soziale Wohnbau auch immer an die Mittelklasse gerichtet hat. Das wurde zwar oft kritisiert, ist im Grunde aber eine Stärke. Seit 100 Jahren gibt es praktisch durchgehend geförderten und sozialen Wohnbau. Die Stadt hat ihren Bestand nie abverkauft. In vielen anderen europäischen Städten ist genau das passiert und deswegen gibt es jetzt Probleme. Die Struktur des Wohnbaus in Wien hat eine dämpfende Wirkung auf die Immobilienpreise.
Wie kann die Leistbarkeit von Wohnraum erhalten bleiben?
Beim Siegerprojekt Kleiburg in Amsterdam wurde viel über den Selbstbau-Anteil erreicht. Generell wird immer wieder darüber gesprochen, dass die Standards zu hoch wären. Das ist die falsche Diskussion. Zentral sind und bleiben die hohen Grundstückspreise. Insofern ist die neue Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ für Wien sehr wichtig.
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