Wenn die Wohnung doch nicht perfekt ist

Wenn die Wohnung doch nicht perfekt ist
Gewährleistung und Schadenersatz: IMMO erklärt, was Eigentümer und Mieter wissen müssen.

Risse in der Mauer, Wasser im Keller, undichte Fenster – die Liste möglicher Baumängel ist lang. IMMO erklärt, wie man Gewährleistungsansprüche durchsetzt oder Schadenersatz geltend macht – und worauf Bauherren, Wohnungskäufer und Mieter besonders achten müssen.

Gewährleistung

Innerhalb von drei Jahren ab der Übernahme kann man Gewährleistungsansprüche geltend machen – vorausgesetzt, man weiß, wer das Problem verursacht hat. Den Schaden selbst zu beheben, ist nicht ratsam: Wer den Mangel voreilig beseitigt, verliert den Gewährleistungsanspruch. „Es gilt das Primat der Verbesserung. Das heißt, man muss dem Unternehmen zuerst die Möglichkeit geben, den Schaden zu beheben“, sagt der Grazer Rechtsanwalt Rainer Kurbos. „Passiert innerhalb der festgesetzten Frist nichts, kann man einen sogenannten Ersatzvornahme-Aufwand, mit anderen Worten Geld, verlangen.“ Kommt es zu keiner Einigung, bleibt nur der Weg zu Gericht – sofern die dreijährige Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

Schadenersatz

Während die Gewährleistungspflicht des Unternehmens nur die Behebung des Mangels umfasst, geht das Thema Schadenersatz weiter. Ein Beispiel: Ist das Dach undicht, muss das ausführende Unternehmen den Schaden beheben und das Dach reparieren. Wurden durch diesen Mangel auch die wertvollen Perserteppiche ruiniert, kann der Geschädigte einen Geldersatz verlangen. Sobald man einen Schaden entdeckt, hat man drei Jahre Zeit, um zu klagen. „Man kann zuerst versuchen, zu einer außergerichtlichen Lösung zu kommen. Funktioniert das nicht, muss man zu Gericht gehen, um die Schadenersatzansprüche geltend zu machen“, sagt die Wohnrechtsexpertin des Mieterschutzverbandes, Barbara Walzl-Sirk. Bei versteckten Mängeln, die aufgrund von Baufehlern entstehen, sich aber erst später auswirken oder entdeckt werden, kann man bis zu 30 Jahre nach der Übergabe Schadenersatzansprüche geltend machen. Kurbos hat auch Verständnis für die andere Seite: „Es kommt durchaus vor, dass Unternehmer kurz vor Ende der 30-jährigen Frist geklagt werden. Für die Firmen ist das natürlich ein Wahnsinn, die können nicht für jede Arbeit 30 Jahre lang Geld für allfällige Mängel zurücklegen.“

Beweislast & Verfahren

Doch so lange sollte man sich ohnehin nicht Zeit lassen: Während der ersten zehn Jahre liegt die Beweislast beim Werkunternehmer. Er muss nachweisen, dass er den Schaden nicht verschuldet hat. Während der folgenden 20 Jahre liegt die Beweislast beim Eigentümer. Das Verschulden eines Unternehmens nachzuweisen kann schwierig werden: Ist etwa nach 15 Jahren das Kanalrohr undicht, könnte es sein, dass es schlecht verlegt wurde. Es wäre aber auch möglich, dass sich der Baugrund gesetzt hat und die ausführende Firma keine Schuld trifft.

Eine Klage sollte man sich gut überlegen. Denn der Verlierer muss die Prozesskosten tragen. „Oft kostet das Verfahren mehr als die Behebung des Mangels“, warnt Kurbos. „Wegen einer Schadenssumme von 10.000 Euro bei einem undichten Wintergarten würde ich bei unklarer Sachlage nicht zu Gericht gehen. Verfahrenskosten von 10.000 bis 15.000 Euro sind keine Seltenheit.“

Bauherren

Bei größeren Bauprojekten wird man fast immer den einen oder anderen Fehler finden. Es ist daher üblich, einen Haftrücklass zu vereinbaren und drei bis fünf Prozent der Summe bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist einzubehalten.

Beim Bau eines Einfamilienhauses kann man außerdem eine Zahlung in Etappen (etwa nach der Fertigstellung des Kellers und des Rohbaus) vereinbaren. Gibt es Baumängel, kann der Bauherr bis zu deren Behebung einen Teil der Forderungen einbehalten.

Ist das Haus fertig, übernimmt der Eigentümer das Objekt und unterschreibt, dass es keine augenscheinlichen Mängel gibt. Weil sich Laien mit dieser Beurteilung schwer tun, sollte bei der Bauabnahme ein Sachverständiger oder ein Bauingenieur dabei sein. „Der Sachverständige haftet auch für seinen Befund“, sagt Kurbos.

Wohnungskäufer

Wenn die Wohnung doch nicht perfekt ist
Bildnummer: 59279516
Wechselt eine gebrauchte Wohnung den Besitzer, können Gewährleistungsansprüche (bei Geschäften zwischen Privatpersonen) zum Teil ausgeschlossen werden. Weiß ein Verkäufer von einem Problem, muss er den Käufer informieren. Wird ein Mangel absichtlich vertuscht, kann der Käufer den Vertrag anfechten oder Schadenersatz fordern.

„Bei Neubauprojekten gibt es kurz vor dem Ende der Gewährleistungsfrist meist noch eine Begehung. Manchmal sieht man erst durch die Benützung, dass es Mängel gibt. In der Regel kümmert sich darum die Hausverwaltung“, sagt Walzl-Sirk. Gibt es Probleme mit allgemeinen Teilen des Hauses, müssen sich Wohnungskäufer in vielen Fällen erst mit ihren Miteigentümern einigen. „Wenn in einer Anlage der Keller undicht ist, kann es durchaus sein, dass diejenigen mit einem Parkplatz auf einer Mängelbehebung bestehen, die anderen aber lieber eine Preisminderung vom Bauträger hätten“, sagt Kurbos.

Mängel in der Mietwohnung

In einem vermieteten Objekt ist für die Behebung von Baumängeln der Vermieter zuständig. Unterliegt die Wohnung dem Mietrechtsgesetz (MRG), kann der Mieter bei Schimmel, undichten Fenstern, Wasserflecken und anderen Baumängeln bei der Schlichtungsstelle bzw. beim zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf Durchführung notwendiger Sanierungsmaßnahmen oder auf Behebung von ernsten Schäden einbringen. „Der Vermieter bekommt dann den Auftrag, die Baumängel zu beheben. Bis es so weit ist, kann der Mieter von seinem Recht auf Mietzinsminderung Gebrauch machen“, erklärt Walzl-Sirk.

Direkt von den Themen Gewährleistung und Schadenersatz betroffen sind Mieter nur dann, wenn sie selbst einen Auftrag vergeben – also zum Beispiel auf eigene Kosten eine neue Heizung einbauen oder die Elektroleitungen erneuern lassen.

Doch was passiert, wenn es einen Gewährleistungs- oder Schadenersatzfall gibt und der Mieter längst gekündigt hat? „Im Vollanwendungsbereich des MRG hat der Mieter für Maßnahmen, die auch nach dem Ende des Mietverhältnisses von Nutzen sind – etwa beim Einbau einer neuen Heizung – einen Anspruch auf Investitionskostenersatz“, sagt Walzl-Sirk. „Hat der Vermieter die Investition abgelöst, kann er, natürlich im Rahmen der gesetzlichen Fristen, im Schadensfall Ansprüche an den Ausführenden stellen.“

Rainer Kurbos: Baurecht in der Praxis.

7. erweiterte und aktualisierte Auflage, Linde Verlag,

Buch: € 39,90

E-Book: € 31,99

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