AllesWirdGut Architekten erklären wie gute Konzepte überleben

AllesWirdGut Architekten erklären wie gute Konzepte überleben
AllesWirdGut baut und plant seit 21 Jahren erfolgreich plant und baut. Ein Interview über Wettbewerde und flexiblen Wohnbau

KURIER: Die Corona-Maßnahmen haben die Architekturbranche hart getroffen. Wie oft mussten Sie sich „AllesWirdGut“ zureden?

Friedrich Passler: Wir waren von der Plötzlichkeit schockiert, aber haben viel in dieser Zeit gelernt und uns daran gewöhnt, dass man sich nicht gegenübersitzen muss. Wir bauen auch in Deutschland und Luxemburg und es war eine Erleichterung, dass wir nicht mehr so viel reisen mussten.

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Friedrich Passler, Christian Waldner, Andreas Marth und Herwig Spiegl 

Wird Covid-19 wirtschaftliche Folgen für Ihr Architektur-Büro haben?

Passler: Noch wurden keine Aufträge gestoppt. Die Sorge war eher aufseiten der Auftraggeber, dass wir Termine nicht einhalten können. Das war aber kein Problem. Was man allerdings noch nicht weiß, ist, wie sich diese Krise in den nächsten Jahren auswirken wird.

Wir akquirieren viel über Wettbewerbe. Dabei treffen Jurys mit bis zu 30 Personen physisch aufeinander, um Projekte zu beurteilen. Diese Entscheidungen sind vertagt worden, genauso wie Wettbewerbe. Wir haben dadurch ein Akquisitionsloch.

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Sozialer Wohnbau „Erz“ in Wien mit 121 Wohneinheiten 

Sie gewinnen durchschnittlich jeden achten Wettbewerb. Ist das finanziell überhaupt rentabel?

Christian Waldner: An offenen Wettbewerben nehmen bis zu 100 – an geladenen rund 30 Architekten – teil. Davon jeden Achten zu gewinnen, ist gut. Natürlich wäre es einfacher, wenn nur zehn Teilnehmer im Wettbewerb sind – und der Bauherr hat trotzdem ein breites Spektrum an Auswahlqualität. Es braucht nicht 30 Ideen um eine tolle zu finden.

Passler: Außerdem gibt es bei 100 Teilnehmern keinen Kostenersatzbeitrag der Auslober, sondern ein Preisgeld für die Gewinner. Im Wettbewerbswesen hätten wir einige Anmerkungen – auch an unsere Berufsvertretung.

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Die Neugestaltung des Römersteinbruch in St. Margarethen zur Open Air Festspiel Arena  

Welche sind das?

Passler: Es gibt zu wenig Wettbewerbe. Die Teilnehmer stauen sich. Wir sind auf den deutschen Markt ausgewichen, weil es in Österreich nicht genug Wettbewerbe gibt für ein wachsendes Büro.

Waldner: Zudem ist der Wettbewerb bei den Kommunen noch nicht angekommen. Die BIG als größter Bauherr in Österreich schreibt aus, genauso wie große Städte und Verbunde, aber auch in kleineren Bereichen sollte mehr ausgeschrieben werden.

Passler: Dann sollten bei größeren Wettbewerben erfahrene Büros tendenziell bevorzugt werden und bei kleineren Wettbewerben – wie einem Kindergarten am Land – jüngere Büros einen Vorzug bekommen. Auch der Hintergrund der Büros im Sinne von Erfahrung, Struktur und Referenzen sollte eine Rolle spielen.

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magdas Caritas Hotel ist Arbeits- und Wohnort für geflüchtete Jugendliche

Was bleibt in der Bauphase von dem gewonnen Entwurf übrig?

Waldner: Wenn es gut läuft, bleibt sehr viel übrig. Die Herzstücke unserer Architektur sind intelligente Konzepte und gute Strukturen. Das hält meist stand.

Passler: Das sind auch die Gründe, aus denen wir Wettbewerbe gewinnen. An der Schönheit eines Gebäudes setzt der Sparstift zuerst an. Leider.

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Gestaltung der Maria-Theresien Straße in Innsbruck 

Mit rund 80 Mitarbeitern und zwei Bürohunden sind Sie öfter umgezogen. Worauf achten Architekten bei der Besichtigung eines Büros?

Passler: Wir suchen nach Größe und Lage – natürlich spielt der Preis eine Rolle, weil Architekten nicht viel verdienen. Wir wollen auch in der Stadt präsent sein. Daher haben wir im Erdgeschoß die „Alles isst gut“ - Kantine eröffnet.

Die Gestaltung der Räume ist egal?

Waldner: Üblicherweise schaffen wir es, aus einem Büro etwas Tolles zu machen. Aber Ausblick und Belichtungssituationen müssen prinzipiell schon gut sein.

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Die hauseigene Kantine „alles isst gut“ 

Sie sind spezialisiert auf den Wohnbau ...

Waldner: Nein, wir haben viele Kompetenzen im Wohnbau, aber es soll dezidiert nicht als Spezialisierung gesehen werden. Wir möchten nutzungsoffen bleiben. Jede Aufgabe ist eine individuelle Herausforderung.

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Das Ensemble am Hannah-Arendt-Park war eine Arbeitsgemeinschaft mehrerer Architekturbüros, das mit dem Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2019 ausgezeichnet wurde

Kann der Wohnbau überhaupt individuell gestaltet werden?

Waldner: Wohnungen wiederholen sich. Umso wichtiger ist, den Städtebau so zu planen, dass er für die Nutzung und Lage optimal ist – das ist die größte Herausforderung. Es gibt aber einen guten und schlecht geplanten Grundriss.

Passler: Die Wohnung ist im leistbaren Wohnraum so extrem in der Fläche begrenzt, dass sie wenig Spielraum zulässt. Wenn Auftraggeber der Meinung sind, dass die Bewohner so viele abgetrennte Zimmer wie möglich brauchen, müssen kleine Fläche großzügig gestaltet werden.

Ist das ein Kritikpunkt, dass Wohnungen immer kleiner werden?

Passler: Nein, das ist keine Kritik, weil wohnen teuer ist. In Wien ist es verhältnismäßig günstig, aber trotzdem teuer. Wenn sich Menschen Wohnungen leisten sollen, dann müssen sie klein sein und in der Nutzbarkeit die gleichen Anforderungen erfüllen, wie größere Wohnungen.

Waldner: Wie wir mit dem kleiner werden umgehen, ist die heutige Schwierigkeit. Die Barrierefreiheit geht nach oben, Bäder und WCs müssen größer werden und der Wohnraum verliert an Fläche, das ist schade. Man könnte kreativer damit umgehen. Nicht jeder will eine genormte Wohnung. Mehr Diversität würde dem Wohnungsmarkt guttun.

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Eingangshalle des Bürokomplex Doppelmayr in Wolfurt

Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Waldner: Es gibt nicht das eine, aber schon ein paar. Unser allererstes Projekt in Fließ finde ich nach wie vor sehr stark. Und unser Entwurf für Doppelmayr hat es sogar in die Neufert Bauentwurfslehre geschafft. Das ist die berühmteste Publikation für Bautypologie. Die Bibel für Architekten.

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Die neue Unternehmenszentrale  von Doppelmayr in Wolfurt, Vorarlberg ist als neuartiger Bürotyp anerkannt 

War das wie ein Ritterschlag?

Waldner: Ja schon, das kennt man vom ersten Tag des Architekturstudiums. Da ist alles drin vom Flughafen bis zum Badezimmer – und eben auch Doppelmayr als neuartige Bürotypologie.

Sie sind vier Gründungsmitglieder – wie hat sich die Dynamik in den vergangenen 21 Jahren verändert?

Waldner: Am Anfang mussten wir mehr diskutieren. Die Expansion und die Größe hat das immer mehr auseinandergetrieben und jeder hat seine Bereiche und Projekte gefunden. So konnte sich jeder entwickeln. Aber wir machen jetzt einen Schritt zurück.

Passler: Wir gehen inzwischen Projekte wieder stärker gemeinsam an. Wir sind vier verschiedene Typen, die sich gegenseitig sehr schätzen. Das ist die Basis unserer Zusammenarbeit und wir sind überzeugt, dass die Projekte besser werden, wenn wir gemeinsam daran arbeiten.

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