Ziegeln und Beton: Ihr Weg zurück auf die Baustelle
Das Thema Kreislaufwirtschaft ist in der Immobilienwirtschaft angekommen. In Zeiten von Teuerung und Materialknappheit gewinnen Wiederverwertung (Recycling) und Wiederverwendung (Reuse) immer mehr an Bedeutung. Moderne Prozesse machen es möglich, Baustoffe wieder dem Bauprozess zuzuführen. Das reduziert die Baukosten, aber auch den Ressourcenverbrauch und die CO2-Belastung.
Zweite Chance für Ziegeln
2,2 Mio. Tonnen Baurestmassen recycelt alleine der österreichische Baukonzern Porr jährlich – gleich direkt auf den eigenen Baustellen oder über das Recycling Center Himberg. 1,7 Mio. Tonnen davon ersetzen auf eigenen Baustellen und Anlagen die Primärrohstoffe.
Besonders gut funktioniert etwa das Recycling von Beton, der zu Recyclingbeton verarbeitet wird, und Ziegeln, die zu einem pflanzenfreundlichen Dachsubstrat werden, das zur Begrünung von Dächern eingesetzt wird.
Laut dem Bundesabfallwirtschaftsplan 2023 fielen in Österreich im Jahr 2020 rund 11,4 Mio. Tonnen mineralischer Bau- und Abbruchabfälle an – das entspricht rund 1.300 Tonnen pro Kopf.
Recycling von Gipskarton
Beim Salzburger Wohnprojekt „Billy-up“ in der Billrothstraße, wo nach Entkernung und Umbau eines ehemaligen Laborgebäudes der Universität Salzburg insgesamt 36 Wohnungen entstehen, wird an diesem Hebel angesetzt.
Die ausführende Salzburg Wohnbau recycelt nicht nur Beton, Gipsdielen, Glas und Metalle, sondern auch die Rigips-Gipskartonplatten, die bei der Errichtung des Gebäudes im Jahr 1974 verbaut wurden. Für dieses innovative Vorhaben zeichnet Saint-Gobain Austria gemeinsam mit der ARA verantwortlich – seit 2021 besteht die Projektzusammenarbeit mit dem Ziel, die Prozesskreisläufe der Baustoffe weiter zu optimieren.
Sortenreine Trennung
Aber es gibt noch Luft nach oben: Der Circularity Gap Report Austria zeigt, dass erst 9,7 Prozent der österreichischen Wirtschaft zirkulär funktioniert. Saint-Gobain Austria und die ARA wollen künftig eine Deponierung der anfallenden Bauabfälle vermeiden und stattdessen eine hundertprozentige stoffliche Verwertung forcieren.
Um dieses Vorhaben zu realisieren, ist eine sortenreine Trennung von Gips und Karton essenziell. Diese erfordert eine gesonderte Reinigung der Kartonreste durch spezialisierte Aufbereitungsanlagen, die von der ARA bereitgestellt werden. Der Rohstoff Gips ist endlos recyclingfähig. Somit können aus dem in der Aufbereitungsanlage in Bad Aussee gewonnenen Recycling-Gips wieder neue Gipskartonplatten hergestellt werden.
Was tut sich in der Forschung?
Expandiertes Polystyrol, auch als Styropor oder EPS bekannt, ist zu 100 Prozent recyclingfähig. Bei Bauware wird es aktuell aber nur zu rund einem Viertel recycelt.
Der Rückbau einer Fassade stellte für die Kreislaufwirtschaft von Anfang an eine Herausforderung dar. Nach den Abbrucharbeiten ist EPS mit Fremdmaterialien wie Putz, Klebstoffen, Armierungsgittern und Dübeln vermischt, sowie zumeist mit Hexabromcyclododecan (HBCD) versetzt.
Um aus dem Material wieder Polystyrol-Rezyklat gewinnen zu können, muss das Material zuvor bestmöglich von Verunreinigungen befreit werden. Im Forschungsprojekt „EPSolutely“ haben zwölf Partner unter der Leitung des Forschungspartners Fraunhofer Austria erste Lösungsansätze für das Recycling von EPS gefunden.
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