Wie Europas Städte um leistbaren Wohnraum ringen: Beispiele und Strategien

Cityscape of Vienna, Austria
Steigende Mieten, sinkendes Angebot an Sozialwohnungen, Spekulation mit Wohnraum und Verdrängung: Wie Mieter damit umgehen.

Die Wohnungsmärkte in Europa haben sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Es geht um Mietobjekte, die Spielball vom Spekulanten sind, Leerstände und die kurzfristige Vermietung von Wohnungen an Touristen über Airbnb und ähnliche Plattformen. Die Folgen für die Mieter liegen auf der Hand: Die Leistbarkeit der Miete und die Zugänglichkeit zum Mietenmarkt geraten zusehends in Gefahr.

Dem Thema widmeten sich Experten bei einer Tagung der Arbeiterkammer in Wien. Gezeigt wurden Fallbeispiele aus europäischen Städten, sie belegen die internationale Bedeutung der Thematik. So wird etwa in schwedischen Städten die Verdrängung von finanziell benachteiligten Mietern aufgezeigt, um Probleme in bestimmten Stadtteilen zu vermeiden, wie in Landskrona im Norden von Malmö. Hier wurde eine Vermietungspraxis etabliert, damit die Bewohnerschicht ausgetauscht werden kann, sodass keine Arbeitslosen hier mehr wohnen, wie Guy Baeten von der Universität Malmö erzählt.

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Schlüsselbox für Urlauber in Kurzzeitwohnungen

Ein Blick nach Lissabon verdeutlichte die Herausforderungen der überbordenden Touristifizierung einer Stadt. Die große Zahl an Touristen, die die Stadt überschwemmen, erschwert die Wohnungssuche für Einheimische, vor allem in beliebten Lagen. Die Mieten in Lissabon sind durch diese Entwicklung deutlich gestiegen, die Infrastruktur – von Verkehrsmitteln bis Grünzonen und Handel – ist überlastet und die Lebenshaltungskosten steigen.

„Familien rutschen in Armut ab wegen der hohen Wohnkosten“, sagt Filipa Roseta, Stadträtin für Wohnungswesen in Lissabon. Deshalb hat die Regierung einen 10-Jahres-Plan entwickelt, um mehr Wohnungen zu bauen und den Wohnungsbestand zu erhöhen. In Berlin erkämpften Mieterproteste zwar einen Volksentscheid zur Enteignung großer privater Wohnungsbestände wie Deutsche Wohnen und ähnlich große Wohnungsunternehmen  sowie die Überführung in Gemeineigentum. Die Mehrheit der Berliner stimmte dafür – doch ein entsprechendes Gesetz lässt weiter auf sich warten.

Am Beispiel Kopenhagen hat sich gezeigt, dass eine aktive Mieterbewegung sich erfolgreich gegen Investoren wie den US–Konzern Blackstone zur Wehr setzen kann, wie Claus Højte vom LLO Mieterbund Dänemark erzählt. „Das Motto von Blackstone: Kauf es, saniere es und verkaufe es wieder. Kein Investor war so aggressiv wie Blackstone.“ Es kam zu Demonstrationen in Kopenhagen, schließlich wurde gesetzlich beschlossen, dass die Miete auch nach der Sanierung eines Hauses nicht überdurchschnittlich angehoben werden durfte – ein wirksamer Schutz.

Barbara Steenbergen von der internationalen Mieter-Union zeigte auf, dass sich auf EU-Ebene einiges in Sachen leistbares Wohnen tut, um die Mitgliedsstaaten zu unterstützen. „Es gibt einen neuen Wohnkommissar, wir haben einen eigenen Ausschuss zur Bekämpfung der Wohnungskrise und eine Taskforce für bezahlbares Wohnen.“

Wien gilt  international als Vorzeigebeispiel für den sozialen Wohnbau, der leistbare Mieten ermöglicht, dennoch hat sich auch hierzulande etwas verändert. Das zeigt eine neue TU-Studie im Auftrag der Arbeiterkammer zum Thema Miethäuser im Altbau. Das Ergebnis: Der Anteil gewerblicher Käufer hat zwischen 2000 und 2021 zugenommen. „Es geht in Richtung Professionalisierung und das hat preisliche Folgen“, fasst der Arbeiterkammer-Ökonom Thomas Ritt zusammen.

Die Aussagen der Arbeiterkammer will der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) nicht so stehen lassen. Anton Holzapfel sieht den Zinshausmarkt wieder in ruhigerem Fahrwasser. Mittlerweile habe sich diese außergewöhnliche Marktsituation deutlich entspannt. Das historisch höchste Preisniveau des Jahres 2022 sei in den beiden vergangenen Jahren um gut ein Drittel gesunken.

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