Immer mehr Jobs: Österreich ist Europameister

Immer mehr Jobs: Österreich ist Europameister
Österreichs Arbeitsmarkt ist dynamischer, flexibler und stärker gefördert als andere. Es gibt aber auch Sondereffekte.

Schon wieder Europameister. Was für die heimische Fußball-Elf ein unrealistischer Traum bleibt, ist für den heimischen Arbeitsmarkt schon fast Routine. Die Arbeitslosigkeit sinkt weiter, Ende Juni verzeichnete Österreich mit einer Arbeitslosenquote von vier Prozent erneut den niedrigsten Wert aller 27 EU-Länder. Der EU-Durchschnitt lag mit 9,4 Prozent mehr als doppelt so hoch. Wie machen das die Österreicher? Der KURIER ging den wichtigsten Fragen zum "Jobwunder" nach.

Immer mehr Jobs: Österreich ist Europameister

Wieso steht Österreich so viel besser da als die übrigen EU-Länder?
Österreichs Arbeitsmarkt kam besser durch die Krise als andere. Auch deshalb, weil der stark betroffene Industriesektor nicht so relevant für den Arbeitsmarkt ist wie in anderen Ländern und weil der Staat mit einem Milliardenbudget für aktive Arbeitsmarktpolitik gegensteuerte. Laut WIFO-Studie halfen auch eine hohe Flexibilität (Teilzeit, Kurzarbeit, Leiharbeit) und eine hohe Dynamik, die Beschäftigung wieder rasch anzukurbeln. Immerhin 900.000 Menschen wechselten im Vorjahr über das AMS ihren Job.

Wird es bald wieder Vollbeschäftigung geben?

Definitiv nicht, warnen Experten vor Euphorie. Trotz Rekordbeschäftigung und sinkender Arbeitslosigkeit gab es Ende Juli noch immer 30.000 Arbeitslose mehr als vor der Krise. Im zweiten Halbjahr dürfte sich der Beschäftigungsanstieg verlangsamen und die Arbeitslosigkeit nicht weiter zurückgehen, so der jüngste Ausblick der
Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS.

Inwiefern schönen die vielen Schulungen die Arbeitslosenzahlen?
Die gut 50.000 Schulungsteilnehmer werden zwar vom AMS extra ausgewiesen, bei die Berechnung der Arbeitslosenquote zählen sie jedoch nicht mit.

Österreich schneidet auch bei den jungen und älteren Arbeitslosen vergleichsweise besser ab. Wie das?
Die statistische Jugendarbeitslosigkeit wird auch durch die staatliche Ausbildungsgarantie niedrig gehalten. Jugendliche ohne Job erhalten eine überbetriebliche "Ersatz-Lehre" vom Staat. Viele Länder können sich dies aus Budgetnot nicht leisten. Generell gilt das duale Ausbildungssystem (Lehre) innerhalb der EU wieder als Vorbild für die Job-Integration Jugendlicher. Bei den älteren Arbeitslosen kommt Österreich die vergleichsweise hohe Anzahl an Frühpensionierungen statistisch zugute.

Wie aussagekräftig ist die EU-weit vergleichbare Arbeitslosenquote überhaupt?
Die von Eurostat errechneten Werte sind Schätzungen. Sie beruhen auf EU-weit einheitliche Haushaltsbefragungen, die mit den statistischen Arbeitslosenzahlen (AMS) kombiniert werden. Als "Arbeitslose" gelten Personen von 15 bis 74 Jahren, die aktiv eine Arbeit suchen und innerhalb der beiden nächsten Wochen eine Arbeit aufnehmen können, also arbeitsfähig und -willig sind. "Die Eurostat-Quote ist eine bloße quantitative Erhebung und sagt nichts über die Struktur und die Qualität der Arbeitsmärkte aus", sagt WIFO-Expertin Hedwig Lutz.

Wo liegen die größten Herausforderungen für den heimischen Arbeitsmarkt?

Die Arbeitsmarktexperten von WIFO und IHS verweisen auf die Strukturprobleme am Arbeitsmarkt, die sich ohne Gegenmaßnahmen auch bei guter Wirtschaftslage verfestigen. Vor allem geht es um die Qualifizierung von schlecht Ausgebildeten, insbesondere bei den Jugendlichen. Eine der größten Herausforderungen ist die demografische Entwicklung. So gehen bis 2015 rund 10.000 Lehrstellen verloren, was den Fachkräftemangel erhöhen wird.

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