Im Heimspiel sticht rot-weiß-rote Karte
Es ist kein Zufall, dass in Supermärkten immer mehr regionale Produkte in den Regalen stehen, Lidl-Manager nun gerne ein rot-weiß-rotes Herz am Revers ihres Sakkos tragen oder der Grazer Kaffeeröster Hornig neuerdings besonders betont, dass er seine Kaffeebohnen in Graz und nicht irgendwo im Ausland röstet: Österreich sells. Zumindest innerhalb von Österreich.
In gefühlt unsicheren Zeiten suchen die Menschen das Vertraute. Sie greifen zu Marken, die sie kennen und Produkten, die aus dem eigenen Land kommen. Das belegt auch die Markenstudie der Werbeagentur Young & Rubicam (Y&R). Für den BrandAsset Valuator (BAV) wurden alleine in Österreich 3400 Menschen zu ihrer Einschätzung zu rund 1000 Marken befragt. Ergebnis: "Marken, die Österreich im Namen haben oder suggerieren, dass sie einen Österreich-Bezug haben, entwickeln sich enorm", beobachtet Sebastian Bayer, Chef von Y&R Wien, der Vergleichswerte seit dem Jahr 2006 hat. Österreichische Marken werden meist als qualitativ hochwertig, zuverlässig, vertrauenserweckend, charmant und einem selbst nahestehend eingestuft.
Österreich-Karte
Unter den Top-5-Marken in Österreich sind neben den Weltmarken Google, Wikipedia und Amazon auch Österreich an sich und der Diskonter Hofer gelandet (siehe Grafik). Hofer, Teil der deutschen Aldi-Gruppe, ist zwar kein österreichisches Unternehmen, agiert als Tochterfirma aber relativ selbstständig und wird daher als österreichisch wahrgenommen, sagt Bayer. Dass Aldi Süd sich bei der Übernahme der Filialkette von Helmut Hofer im Jahr 1967 entschieden hat, den Namen Hofer in Österreich beizubehalten, ist aus dieser Sicht sicher hilfreich. Auch der Salzburger Konkurrent Spar hat sich im Vorjahr im BAV-Ranking von Platz 54 auf Platz 16 vorgearbeitet. Vielleicht auch, weil Vorstandssprecher Gerhard Drexel gerne betont, dass sein Handelshaus – im Gegensatz zu jenen der großen Konkurrenten – in österreichischem Familienbesitz ist.
Die Österreich-Karte spielen aber auch internationale Konzerne gerne aus. Bayer meint, dass Schokoladen von Milka, einer Marke des US-Konzerns Mondelez, von vielen Konsumenten als österreichisch wahrgenommen werden. "Weil Milka stark mit dem Alpen-Bezug arbeitet und im Skisport als Sponsor auftritt." So fuhren unter anderem Anna Fenninger oder Michaela Kirchgasser mit dem lila Helm. Dass der US-Konzern täglich 350.000 Milka-Großtafeln für den europäischen Markt in Bludenz produziert, schadet dem Ansehen in Österreich freilich auch nicht.
Aufsteiger
Auffällig im BAV-Ranking ist, dass viele Bundesländer ihre Positionen verbessern konnten. So hatten das Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich und Vorarlberg Steigerungsraten jenseits der 100-Prozent-Marke. Aber auch die Oesterreichische Nationalbank ist demnach von Platz 227 auf 139 vorgerückt (+88 Prozent), Die Agrarmarkt Austria von 143 auf 76. Auch die österreichische Traditionsmarke Niemetz hat 27 Plätze (auf Rang 65) wettgemacht, Almdudler ist von 93 auf 67 vorgerückt. "Jeder der einen Link zu Österreich herstellen kann, sollte das jetzt auch tun", rät Werber Bayer Konzernlenkern. Einziges Risiko: Wer nicht glaubhaft wirkt, verliert.
Auch bei einer Konferenz des Shoppingcenter-Verbandes ICSC, die vor kurzem in Mailand über die Bühne ging, rieten Experten Managern von Einkaufszentren , authentische Angebote ins Haus zu holen. Nicht umsonst werben Einkaufszentren verstärkt damit, dass am Wochenende Bauern aus der Region unter ihrem Dach Spezialitäten anbieten oder Designer aus der Region vorübergehend ihre Kollektionen bei ihnen präsentieren. Oder sie versuchen, Kunden durch passendes Sponsoring und Veranstaltungen emotional enger an sich zu binden.
Der Trend zu regionalen Produkten endet aber nicht an der Landesgrenze. In Mailänder Einkaufsmeilen werben Pizzabäcker neuerdings damit, dass sie die Zutaten des Teigs in der Lombardei beziehen, Gastronomen zeichnen auf Tafeln nach, wo sie welche Lebensmittel bezogen haben – natürlich aus der Region.
Trends wie diese machen sich am ganzen Kontinent breit. "Regionalität ist das neue Bio", frohlocken Trendforscher. Vorreiter auf diesem Gebiet sind die Schweizer, die selbst in den Speisekarten ihrer Restaurants längst angeben, woher das Fleisch am Teller kommt.
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