Versteckte Preiserhöhung: Iglo wegen "Shrinkflation" verurteilt

Zusammenfassung
- Iglo wurde wegen Shrinkflation beim Atlantik Lachs vom OLG Wien verurteilt und muss die Praxis künftig unterlassen.
- Das Urteil gilt als erstes rechtskräftiges zu Shrinkflation in Österreich und soll Signalwirkung gegen versteckte Preiserhöhungen haben.
- Die Bundesregierung arbeitet an einem Gesetzesentwurf für mehr Transparenz, während auch der "Österreich-Aufschlag" bei Markenartikeln politisch thematisiert wird.
Was Käpt’n Iglo dazu sagt, ist nicht überliefert. Der bärbeißige, aber gutmütige Seemann hätte es wahrscheinlich nicht gutgeheißen, dass Iglo den Packungsinhalt seines „Atlantik Lachs“ im Februar 2023 von 250 auf 220 Gramm schrumpfen ließ. Der Preis für den Tiefkühlfisch, der wenige Monate davor um knapp 15 Prozent angehoben wurde, beließ der Hersteller hingegen gleich.
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) reichte im Auftrag des Sozialministeriums Klage ein und bekam am Freitag vom Oberlandesgericht (OLG) Wien auch in zweiter Instanz recht. Es ist das erste rechtskräftige Urteil gegen die „Shrinkflation“ in Österreich. Iglo muss solche Praktiken künftig unterlassen und dem VKI innerhalb von 14 Tagen auch etwas mehr als 3.600 Euro für die Kosten des Verfahrens überweisen.
Iglo hatte zwar die reduzierte Füllmenge korrekt angegeben, die Verpackung aber davon abgesehen unverändert gelassen. Nach Ansicht des Gerichts genügt das nicht, um eine Täuschung auszuschließen. Denn der Durchschnittsverbraucher gehe davon aus, für den bereits bekannten Preis bei unveränderter Verpackung ein Produkt mit unveränderter Füllmenge zu erhalten, heißt es in dem Richterspruch.
Signalwirkung
„Das Urteil sei ein starkes Zeichen gegen wettbewerbswidrige Praktiken, bei denen Preiserhöhungen versteckt und Verbraucher systematisch in die Irre geführt werden“, sagte VKI-Chefjuristin Petra Leupold. Sie sieht darin eine „Signalwirkung für den gesamten Markt“.
Die Praxis ist tatsächlich weit verbreitet. Beispiele gab es in den vergangenen Jahren zuhauf. Sie reichen von geschrumpften Füllmengen bei Kelly's- und Pringles-Chips, Soletti Salzstangerl und Ültje Erdnüssen bis hin zu kleiner gewordenen Schokoladetafeln von Lindt und Milka sowie eingedampften Löskaffee von Jacobs und Tee von Teekanne.
Zuletzt machte die frühere Iglo-Schwestermarke Eskimo von sich reden. Sie ließ ihren Magnum-Eislutscher zum gleichen Preis um knapp zehn Prozent zusammenschmelzen. Die anders als Iglo nach wie vor zu Unilever gehörende Marke ist dafür heuer auch für den VKI-Negativpreis „Konsum-Ente“ nominiert.
Iglo wünscht sich rechtliche Klärung
Iglo verkauft seinen Tiefkühlfisch seit etwa mehr als zwei Monaten wieder mit der ursprünglichen Füllmenge von 250 Gramm. Einen Zusammenhang mit dem Verfahren stellt man in Abrede. Eine Sprecherin verweist auf eine „Entspannung bei den Rohwarenpreisen“, die man „gerne weitergebe“.
In einer Stellungnahme wünscht sich der Hersteller auch eine rechtliche Klärung „wie und in welchem Ausmaß eine Mengenänderung zusätzlich zu kennzeichnen wäre.“
Gesetzesentwurf in Vorbereitung
Konsumentenschützer fordern jedenfalls seit Längerem eine deutliche Kennzeichnung, dass die Verpackung eine geringere Menge beinhalte, wenn sie gleich groß bleibt oder sich die Größe nur geringfügig verringert hat.
Das Urteil gegen Iglo zeige klar, dass Shrinkflation eine Täuschung sei und rechtliche Konsequenzen habe, sagte die zuständige Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).
Die Bundesregierung arbeite an einem Gesetzesentwurf, der für Transparenz an der Kassa sorgen werde. Zuletzt hieß es, dass er noch heuer vorgelegt werden soll.
Druck bei „Österreich-Aufschlag“
Auch in einer weiteren preistreibenden Angelegenheit wird der Druck erhöht. Beim Treffen der EU-Wirtschafts- und Finanzminister in Kopenhagen, das am Samstag zu Ende geht, will sich Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) gegen den „Österreich-Aufschlag“ stark machen.
„Internationale Markenartikelkonzerne verlangen in kleineren Ländern höhere Preise als in großen Ländern, das wirkt wie ein Zoll“, sagte Marterbauer. Wegen der territorialen Lieferbeschränkungen kosten bestimmte Markenartikel etwa in Österreich 15 bis 20 Prozent mehr als in Deutschland. Für Verbraucher in der EU verursachen die Lieferbeschränkungen laut einer Studie Mehrkosten von 14 Mrd. Euro jährlich.
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