30 Gramm weniger "Atlantik Lachs": Iglo wegen Shrinkflation verurteilt

Das Problem der sogenannten "Shrinkflation" hat sich in den letzten Jahren verschärft und ist laut dem Verein für Konsumentinformation (VKI) bei vielen Herstellern im Lebensmittelbereich zu beobachten.
Dabei wird die Füllmenge eines Produkts reduziert, ohne den Preis anzupassen oder die Verpackung sichtbar zu verändern – Preissteigerungen sind für Kunden damit oft nur schwer erkennbar.
Der VKI dokumentierte hat im Rahmen seines Lebensmittel-Checks zahlreiche Fälle von Shrinkflation, darunter auch den Fall des Tiefkühlprodukts "Atlantik Lachs" der Marke Iglo. Der Hersteller hatte die Füllmenge des seit Längerem am Markt etablierten Produkts Anfang des Jahres 2023 von 250 Gramm auf 220 Gramm reduziert. Von außen war diese Anpassung nicht erkennbar, da der Preis und die Verpackung – mit Ausnahme der Füllmengenangabe – gleich blieben.
Der VKI brachte dagegen Klage wegen irreführender Geschäftspraktiken ein und bekam vor dem HG Wien und nun auch vor dem OLG Wien Recht.
Nach Ansicht der Gerichte erwartet der durchschnittliche Verbraucher für denselben Preis auch ein inhaltlich unverändertes Produkt. Wird die Füllmenge reduziert, ohne dass dies für Verbraucherinnen und Verbraucher klar erkennbar ist, liegt eine Täuschung über Preis und Beschaffenheit der Ware vor. Zudem wird eine wesentliche Information vorenthalten – nämlich die Reduktion der Füllmenge. Dass die tatsächliche (geringere) Füllmenge korrekt auf der Verpackung angegeben war, ändert nach Ansicht der Gerichte nichts am Vorliegen der Irreführung.
Starkes Zeichen gegen Irreführung
Das Urteil sei ein starkes Zeichen gegen wettbewerbswidrige Praktiken, bei denen Preiserhöhungen versteckt und Verbraucher systematisch in die Irre geführt werden. Zugleich liege damit erstmals ein Urteil zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von Shrinkflation-Praktiken vor. Das habe Signalwirkung für den gesamten Markt, kommentierte Dr. Petra Leupold, Chefjuristin des VKI, das Urteil. "Besonders erfreulich: Iglo hat in Reaktion auf das Urteil die Füllmenge des betroffenen Produkts wieder auf 250 Gramm angehoben."
"Wir nehmen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien zur Kenntnis. Transparenz gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten ist für uns ein zentrales Anliegen", heißt es in einem Statement von Iglo. Die temporäre Reduktion der Füllmenge sei aufgrund gestiegener Rohwarenpreise erfolgt, die angepasste Nettofüllmenge sei gut sichtbar auf der Vorderseite der Verpackung angegeben worden.
Die zuständige Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) zeigte sich über das Urteil ebenfalls erfreut: "Ich sage es immer wieder: Wer trickst, verliert. Das Urteil gegen Iglo zeigt klar, dass Shrinkflation eine Täuschung ist und rechtliche Konsequenzen hat. Für Konsumenten ist das eine wichtige Entscheidung, weil sie verdeutlicht: Preis und Inhalt müssen transparent und nachvollziehbar sein." Jetzt gehe es darum, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Die Bundesregierung werde einen Gesetzesentwurf ausarbeiten, um auch hier für Transparenz an der Kassa zu sorgen. Unser Ziel sei es, eine klare Kennzeichnungspflicht zu schaffen, damit Kunden im Supermarkt auf einen Blick sehen, was sie wirklich für ihr Geld bekommen.
Ausschilderung im Supermarkt?
Kritik am geplanten Gesetz rund um eine mögliche Ausschilderungspflicht im Handel kommt laut Ö1-Morgenjournal von der Wirtschaftskammer. Der Handel solle nicht durch die Ausschilderung von veränderten Mengenangaben belastet werden, da dies zu mehr Bürokratie führen würde. Man müsse bei den Herstellern ansetzen und diese zur Verantwortung ziehen, was jedoch laut EU-Recht schwierig werden könnte. Laut Königsberger-Ludwig werde die "Shrinkflation" künftig entweder am Schild im Supermarkt oder auf der Verpackung des Produktes angezeigt werden.
Iglo sieht weiterhin Rechtsunsicherheit in der Frage, ob, wie und über welchen Zeitraum eine Mengenänderung zusätzlich zu kennzeichnen wäre. "Eine branchenweite Klärung und einen konstruktiven Dialog über praktikable und konsumentenfreundliche Lösungen - wie bereits von der Regierung angekündigt - begrüßen wir."
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