Hypo: Schelling stellt Bayern Rute ins Fenster

Hans Jörg Schelling
Falls Bayern dem Balkan-Deal nicht zustimmen, will Österreich klagen. BayernLB-Antwort steht kurz bevor.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) erwartet bis Ende der Woche eine Antwort der Bayerischen Landesbank (BayernLB) zum geplanten Verkauf der Hypo-Alpe-Adria-Südosteuropa-Töchter. Sollte der frühere Eigentümer der Krisenbank ein Veto einlegen, dann erwägt Schelling eine Schadenersatzklage, wie er am Dienstag vor dem Ministerrat sagte.

In Wien wird die Stellungnahme aus München dazu bis Ende der Woche erwartet. "Die Prüfung des gesamten Vorgangs ist kurz vor Abschluss", war am Dienstagvormittag aus München zu hören.

Neue Forderungen?

Die BayernLB, die noch mit rund 2 Mrd. Euro an Krediten in der einstigen Tochter Hypo Alpe Adria (jetzt Heta) steckt, hat bei den einstigen Kreditverträgen umfangreiche Zustimmungsrechte bei Verkäufen, Abspaltungen und Umgründungen zugestanden bekommen. Aktuell geht es um die Freigabe des Verkaufs der Balkan-Banken. Wie es heißt, müsste ein Nein zu dem Balkan-Banken-Deal von den Bayern allerdings mit gewichtigen Argumenten untermauert werden. Erwartet wird zugleich, dass ein "Go" aus München abermals mit diversen Bedingungen unterfüttert sein könnte.

"Wäre großer Schaden"

"Ich glaube, dass das ein großer Schaden sein würde und sich die Republik oder der Verkäufer Hypo überlegen müsste, eine Schadenersatzklage einzubringen", so Schelling. Außerdem betonte er in diesem Zusammenhang, er habe den Bayern angeboten, dass sie das Balkan-Geschäft der Hypo selbst übernehmen könnten.

Nicht festlegen wollte sich der Finanzminister auf die Frage, ob der Verkauf der Hypo-Beteiligungen für die Republik zum Verlustgeschäft werden könnte, ähnlich wie beim Notverkauf der Austrian Airlines an die Lufthansa. Die Frage, wie mit allfälligen derzeit nicht absehbaren Risiken umgegangen werden soll, ist laut Schelling noch offen. Der Käufer wolle sich diese Risiken absichern lassen, die Verhandlungen seien aber noch nicht beendet, so der Finanzminister.

Um die Balkan-Banken wie geplant an den US-Fonds Advent und die Osteuropabank EBRD verkaufen zu können, braucht Österreich das Okay aus München. Die BayernLB hat hier ein vertragliches Vetorecht.

In der juristischen Auseinandersetzung zwischen der Bayerischen Landesbank (BayernLB) und ihrer ehemaligen Tochter Hypo Alpe Adria, jetzt Heta, ist die bayerische Seite zu keinem Vergleich bereit. "Aus Sicht der Klägerin ist eine Verhandlungslösung zur Zeit ausgeschlossen", sagte BayernLB-Anwalt Michael Rohls am Dienstag in einem Verhandlungstermin vor dem Landgericht München I.

"Verhandlungslösung"

Nach Einschätzung des Münchner Gerichts lässt sich der Streit zwischen der BayernLB und der früheren Hypo nur einvernehmlich beenden. Eine "Verhandlungslösung" hatte Gerichtsvorsitzende Gesa Lutz auch mit Blick auf das vom österreichischen Nationalrat beschlossene Sondergesetz zur Sanierung der Hypo angeregt. "Man muss sich irgendwann zusammensetzen", sagte die Vorsitzende Richterin der 32. Zivilkammer.

Die BayernLB hat im Oktober gegen das Hypo-Sondergesetz Klage beim österreichischen Verfassungsgerichtshof eingelegt. Mit diesem Sondergesetz vom heurigen August, mit dem Österreich einen Teil der Hypo-Gläubiger einem Schuldenschnitt unterwarf, war auch der Streit mit den Bayern noch einmal eskaliert. Denn auch die BayernLB sollten mit dem österreichischen Sondergesetz rund 800 Mio. Euro in den Wind schreiben.

Vergangene Woche hatte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) gegenüber der APA erklärt, er sehe "null" Anlass für Vergleichsgespräche zur Beilegung des Streits zwischen BayernLB und Hypo Alpe Adria beziehungsweise Heta. Jetzt müssten die Gerichte entscheiden.

SPD: "Katastrophe für den Steuerzahler"

Die SPD im bayerischen Landtag verfolgt den Zivilprozess zwischen BayernLB und ihrer ehemaligen Tochter nach den Worten ihres Landesbank-Experten Harald Güller "mit großer Sorge". Sollte die BayernLB den Prozess verlieren, wäre dies "eine Katastrophe für den Staatshaushalt und letztlich den Steuerzahler".

Alarmiert zeigte sich Güller von der Anregung des Gerichts, einen Vergleich anzustreben: "Das ist ein Indiz dafür, dass die Rechtslage vom Gericht nicht so klar angesehen wird." Die SPD forderte Finanzminister Söder auf, in absehbarer Zeit im Landtag eine Einschätzung zur Lage abzugeben.

Anwalt: "Gericht völlig verrannt"

Auf juristischer Ebene hat sich der Ton jedenfalls erheblich verschärft. In der Verhandlung vom Dienstag warf Heta-Anwalt Daniel Busse (Frankfurt) dem Gericht vor, sich "völlig verrannt" zu haben und nicht zu wissen, "worum es geht". Gerichtsvorsitzende Gesa Lutz rügte die Wortwahl des Anwalts.

In dem Rechtsstreit geht es um rund 2,4 Mrd. Euro, die die BayernLB von ihrer Ex-Tochter zurückfordert. Nach Ansicht der Bayern handelt es sich um rückzahlbare Darlehen, während sich die österreichische Seite auf das "Eigenkapitalersatzgesetz" (EKEG) beruft, wonach darin eine Eigenkapitalhilfe in einer Krisensituation der Hypo zu sehen ist. Das würde einen Rückzahlungsanspruch ausschließen. Untermauert wird diese Argumentation vor allem durch ein umfangreiches Gutachten des renommierten Grazer Sachverständigen Fritz Kleiner. Die Heta hat daher Widerklage in Höhe von 3,43 Mrd. Euro erhoben, weil sie bereits zurückgezahlte Beträge wieder haben will.

Gutachter "ungeeignet"?

Die österreichische Seite ist verärgert über ein Gutachten des Mainzer Rechtsprofessors Peter Mülbert zum österreichischen EKEG, das die Kammer zur Grundlage ihrer Beweiserhebung macht. Der "unglücksselige Professor Mülbert aus Mainz hat vom österreichischen Recht keine Ahnung", sagte Anwalt Busse. Er sei als Gutachter in dieser Angelegenheit "völlig ungeeignet". Einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter hat das Gericht inzwischen abgewiesen.

Zeugenbefragungen

Der Versuch der Beklagtenseite, die Einvernahme von 15 Zeugen, darunter etliche ehemalige Landesbank-Vorstände, zu verschieben, scheiterte am Dienstag. Heta-Anwalt Busse warf dem Gericht vor, die Spielregeln zu ändern, "wenn Sie sehen, dass Sie nicht durchkommen". Bei den in dieser Woche anstehenden Zeugenbefragungen geht es darum, ob die Mutter BayernLB von der behaupteten Kapitalschwäche ihrer Tochter Hypo gewusst hat. Auf diese subjektive Seite kommt es nach Ansicht der Heta-Anwälte nicht an.

"Verzögerungstaktik"

BayernLB-Anwalt Rohls warf der Gegenseite vor, auf Zeit zu spielen und dazu "Verzögerungstaktik" anzuwenden. Um ihre angebliche Unterkapitalisierung zum Zeitpunkt der Zugehörigkeit zum BayernLB-Konzern zu beweisen, habe die Hypo Alpe Adria "hanebüchene Zahlen" vorgelegt, die "in keiner Weise nachvollziehbar" seien. Das vom österreichischen Parlament beschlossene "Enteignungsgesetz" sei "ohne Beispiel in Europa" und habe auf den Prozess "keinen Einfluss", zeigte sich Rohls überzeugt.

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