Hoteliers proben den Aufstand
Jetzt reicht es den Schweizern: Sie sagen Buchungsportalen wie booking.com den Kampf an – mit einer Motion (parlamentarischer Vorstoß, Anm.), die unliebsame Vertragsklauseln der Portale zu Fall bringen soll. Überraschend kommt das nicht. Schon seit Monaten lobbyieren Schweizer Hoteliervertreter in diese Richtung. Es geht um Macht und viel Geld. Schon sieben von zehn Hotelnächtigungen in der Schweiz werden über Plattformen gebucht. Europaweit läuft jede fünfte, in Österreich jede vierte Buchung über Portale wie booking.com, HRS oder expedia. Solche Plattformen kassieren entsprechend viel Provision und schreiben Vertragspartnern unter anderem vor, dass sie auf ihrer eigenen Hotel-Homepage nicht billiger anbieten dürfen als auf der Plattform. Diese sogenannte Paritätsklausel soll jetzt fallen – fordern Politiker aus dem Kanton Solothurn. Und sind damit relativ spät dran.
Österreich
In Österreich ist der Weg schon aufbereitet. Die Hoteliervereinigung (ÖHV), die vor allem die 4- und 5-Stern-Hotellerie vertritt, hat jahrelang lobbyiert – mit Erfolg. Am 18. Oktober steht das Thema auf der Agenda des Tourismusausschusses, aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Klausel 2017 Geschichte. Österreich folgt damit dem Beispiel der Franzosen, die die Klausel schon im Sommer 2015 per Gesetz gekippt haben. Auch in Deutschland hat das Bundeskartellamt im Dezember 2015 die Bestpreisklauseln von Booking und HRS verboten – mit dem Argument, dass sie den Wettbewerb einschränken.
Aus Sicht von Christoph Klenner werden solche Entscheidungen vor allem den großen Hotelketten helfen. Der Generalsekretär der ETTSA (European Technology & Travel Services Association) ist Lobbyist für Buchungsplattformen und meint, dass Portale gerade kleinen, unabhängigen Hotels helfen würden: Die Ertragslage in der Branche ist schlecht, das Geld für internationales Marketing gerade in kleinen Häusern knapp oder gar nicht vorhanden.
Geschäftsmodell kippt
Die Portale sind ein günstiges Mittel, um auch Häuser im hintersten Tal international sichtbar zu machen. Dem Hotelier entstehen zunächst keine Kosten. Erst wenn der Gast bucht, behält die Plattform eine Provision ein. Diese liegt bei 12 bis 15 Prozent des Zimmerpreises – oder mehr, etwa wenn sich der Betrieb eine bessere Reihung erkauft. Hoteliers verpflichten sich, Zimmer auf ihrer eigenen Webseite nicht billiger anzubieten als auf der Plattform.
Das findet Klenner nur fair. Denn wäre die Buchung auf der Hotel-Webseite billiger, würde der Gast bald nur noch beim Hotel direkt buchen und die Plattform keine Provisionen mehr kassieren. Damit kommt das gesamte Geschäftsmodell der Portale ins Wanken. "Die Portale müssen sich dann ein neues Modell überlegen, das so ähnlich wie jenes von Google funktioniert", sagt Klenner.
Sprich, Hoteliers müssten fixe Beträge für ihre Präsenz auf booking, HRS oder expedia bezahlen, unabhängig davon, ob ein Gast bucht oder nicht. Ob kleine Betriebe sich das leisten können, stellt der Lobbyist infrage.
Priceline Booking, gegründet 1992 in Amsterdam, gehört zum US-Konzern Priceline (mehr als 9 Mrd. Dollar Umsatz). Wie auch Checkfelix, das an Kayak verkauft wurde – bevor Kayak wiederum an Priceline ging.
HRS Die Kölner HRS-Gruppe (Tiscover, HRS, Hotel.de, Surprice) ist das führende Hotelportal in Europa und vermarktet 250.000 Hotels.
Expedia Das weltweit meistgenutzte Internet-Reiseportal hat mehr als 5 Mrd. Dollar Jahresumsatz und expandiert über Zukäufe – 2012 ging die in Düsseldorf gegründete Suchmaschine Trivago an Expedia.
Einen Hotelier nach seiner Meinung zu Buchungsportalen zu fragen, glich lange dem sprichwörtlichen Öffnen von Pandoras Box: Wortgewaltig wurde über das Unheil geschimpft, das diese Plattformen über die Tourismuslandschaft bringen. Von Knebelverträgen und horrenden Provisionssätzen war die Rede. Dennoch sind weltweit 950.000 Hotels auf booking.com. Die Marktmacht ist tatsächlich enorm. Der Booking-Mutterkonzern verdient mit seinen Portalen mehr als zwei Milliarden Dollar im Jahr und setzt den Expansionskurs fort. Während Wettbewerbshüter der Bestpreisklausel die Rote Karte zeigen, dreht sich das Übernahmekarussell in der Branche fröhlich weiter. Allein Expedia hat 2015 mehr als fünf Milliarden Dollar für Übernahmen ausgegeben.
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