Hotelier-Sprecherin: "Airbnb fliegt uns um die Ohren"

ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer
Schwarze Schafe und "Klassenkampf wie anno 1930": ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer im Gespräch.

Michaela Reitterer betreibt ein Hotel und eine Pension in Wien und ist Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung. Warum sie auch auf Airbnb vermietet und als Hufschmied richtig zufrieden wäre, erklärt sie im KURIER-Gespräch.

KURIER: Per 1. Jänner ist die Bestpreisklausel gefallen. Hoteliers können jetzt auf der eigenen Homepage billiger anbieten als auf Online-Portalen wie Booking. Hat das viel geändert?

Michaela Reitterer: Es kann jeder Hotelier selbst entscheiden, wie er mit dem Fall der Klausel umgeht.

Bietet er auf der eigenen Homepage billiger an als auf der Plattform, wird er dort wohl bald nicht mehr vorkommen, oder?

Das kommt drauf an. Aber es kann ihm niemand mehr ein Problem daraus machen, wenn er eigene Pakete für seine Homepage schnürt. Das hatten die Online-Portale verboten. Mit dieser Einschränkung hatte man weder Hoteliers noch Gästen geholfen.

Wird es für Konsumenten damit nicht noch unübersichtlicher?

Nein, die allermeisten Gäste kennen es bisher schon so. Ich würde ein alternatives Angebot nicht als unübersichtlich bewerten, sondern als Chance.

Viele schauen zum Ärger der Hoteliers auch auf die Internetseite von Airbnb. Sie selbst bieten dort auch Zimmer an. Zufrieden?

Ich biete dort elf Zimmer an, aber nicht im Hotel, sondern in meiner Pension. Da ist Airbnb ein Vertriebskanal für eine bestimmte Produktkategorie, der sich sonst nicht sehr von anderen unterscheidet. Dagegen ist nichts einzuwenden. Auch nicht, wenn private Anbieter sich an die Regeln halten. Schwierig wird es, wenn im Pfusch angeboten wird, wenn keine Steuern gezahlt werden, während bei uns die Umsatzsteuer von zehn auf 13 Prozent erhöht wird. Privatvermieter müssen sich an gar keine Regeln halten, für gewerblichen Betriebe gibt es immer mehr Bürokratie.

Warum bieten Sie nicht auch die Zimmer Ihres Hotels auf dem Portal an?

Weil die Leute auf Airbnb was anderes suchen, vor allem Wohnungen und günstige Unterkünfte.

Aber es würde ja nichts kosten, auf Airbnb zusätzlich das Hotel zu bewerben, oder?

Nein, weil die Provision erst bei Buchung fällig wird. Aber man ist in einem direkten Dialog mit dem Kunden, bekommt viele Nachfragen, das ist zu aufwendig für den Hotelbetrieb.

In London dürfen Airbnb-Vermieter nur 90, in Amsterdam nur 60 Tage im Jahr vermieten. Was wünschen Sie sich für Wien?

Der Punkt ist ein anderer und er betrifft nicht nur Wien: Es ist für immer mehr Leute attraktiver, ihre Zweitwohnungen über Airbnb zu vermieten, als einen Dauermieter zu nehmen. Die Vorschläge vom Kanzler zum Mietrecht sind da nicht hilfreich.

Der Vorschlag, Befristungen zu erschweren?

Genau. Denn dann werden sich viele überlegen, ob sie überhaupt noch vermieten. Wir haben jetzt schon Tausende Wohnungen in Wien, die leer stehen und ausschließlich der Vermögensbindung dienen. Leerstände führen zu einem knappen Wohnungsangebot, höheren Mieten. Das muss der Kanzler auch wissen. In einem Punkt hat er recht: Die Politik hat das Vertrauen verspielt.

Zuletzt haben die Touristiker einen Korb bekommen, als sie den Koch auf die Liste der Mangelberufe heben wollten. Muss vielleicht doch der Beruf an sich attraktiver werden?

Ich würde mir wünschen, dass die Pauschalverunglimpfung durch die Gewerkschaft aufhört. Ja, wir haben schwarze Schafe, aber viel mehr gute Betriebe.

Sollte die Gewerkschaft denn wegschauen?

Sie soll schwarze Schafe der Wirtschaftskammer melden, die dann prüfen soll. Gibt es Probleme, sollte den Betrieben die Lehrlingsbewilligung entzogen werden. Das wäre eine moderne Sozialpartnerschaft, die sich mit modernen Fragen beschäftigt, und nicht der alte Klassenkampf wie anno 1930.

Klingt auch klassenkämpferisch. Und mit der Wirtschaftskammer sind Sie zufrieden?

(lacht) Wäre ich ein Hufschmied, wäre ich mit der Novelle der Gewerbeordnung hochzufrieden. Wir leben in einer Zeit, in der uns Uber und Airbnb um die Ohren fliegen und reden über Hufschmiede. Unglaublich! Ich bin Hotelier, hätte mir für meine Kollegen in der Ferienhotellerie etwa gewünscht, dass sie nicht fünf, sechs Nebengewerbe anmelden müssen.

Welche Nebengewerbe?

Man braucht einen Gewerbeschein, wenn man den Gast vom Bahnhof abholt, einen anderen, wenn man ihn zum Skilift fährt, einen für Massagen, einen für Mietwagen, bald einen für Reisebüros, wenn man Urlaubspakete schnürt. Das ist nicht zeitgemäß.

Wie stehen Sie zu Hotel-Crowdfunding-Projekten?

Ich halte Crowdfunding für ein gutes Marketingtool zur Stammkundenbindung. Der Gast zahlt zum Beispiel 1000 Euro zur Finanzierung einer neuen Wellnessanlage. Das sind Geschichten, die man gut erzählen kann. Als überlebenssichernde Rettung sehe ich Crowdfunding nicht. Es ist eine Verbindlichkeit wie jeder andere Kredit auch.

Michaela Reitterer

Die Wienerin leitete ihr Reisebüro Kuoni Hippesroither, bevor sie 2002 ihren Eltern das Hotel „Zur Stadthalle“ abkaufte, das sie zum weltweit ersten Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz umbaute. Seit 2013 ist Reitterer Präsidentin der ÖHV.

ÖHV

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) vertritt rund 1350 Hotels, davon sind 70 Prozent in der 4- und 5-Stern-Kategorie sowie 73 Prozent aus der Ferienhotellerie. Von 15. bis 17. Jänner findet der ÖHV-Kongress in Bad Ischl statt.

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