Hotelier Holleis: "Nicht so naiv wie Angela Merkel"
Die Hotels von Wilfried Holleis haben Platz für 1500 Gäste. Im KURIER-Gespräch erzählt der Unternehmer, warum er im Gegensatz zur deutschen Bundeskanzlerin nicht glaubt, dass sich "die Nationen umarmen werden" und welche Erfahrungen ihn veranlassten, im Sommer nur noch arabische Gäste in seinem Grand Hotel einchecken zu lassen. Die Branche sieht er im Umbruch. Nicht nur wegen des Klimawandels. Immobilieninvestoren übernehmen die Jobs der Hoteliers.
KURIER: Sie haben 15 Jahre für ein Casino in Zell am See gekämpft. Zu Silvester wird es im Grand Hotel eröffnen. Warum war Ihnen das so wichtig?
Wilfried Holleis: Wo ein Casino ist, ist die Premium-Liga, sind zahlungskräftige Gäste. Das leitet sich noch heute von Destinationen wie Las Vegas oder Monte Carlo ab. Das Skigebiet Zell am See wird durch die Verbindung bis nach Saalbach in zwei, drei Jahren an 400 Pistenkilometer angeschlossen sein. Zu einem der größten Skigebiete Europas gehört auch ein Casino. Alle bis zum Taxler werden davon profitieren.
400 Pistenkilometer klingt gut. Zumindest, wenn es Schnee gibt. Macht Ihnen der Klimawandel keine Sorgen?
Früher hatten wir am Zeller See Autorennen, aber in den vergangenen zehn Jahren ist er nicht einmal mehr zugefroren. Ich hab’ heuer zum ersten Mal Palmen aufgestellt. Den Klimawandel kann man nicht wegdiskutieren. Für die nächsten 20 Jahre wird der Schnee noch reichen. Wir haben hier seit 100 Jahren den Tourismus. Jeder Wirtschaftszweig hat einen Zyklus, seine Zeit. Irgendwann wird der Wintertourismus ganz anders ausschauen.
Sie haben vor 15 Jahren das Skigebiet Weißsee gekauft. Waren Sie da noch optimistischer?
Es wäre ein Verbrechen gewesen, es zu sperren. Das Gebiet liegt zwischen 1500 und 2700 Metern Höhe, Probleme werden alle bekommen, die unter 1500 Meter liegen. Da wird es zu warm zum Beschneien – ohne Beschneiung kein Wintertourismus.
Ohne Skifahrer aber auch nicht. Wie soll die Jugend für die Bretter begeistert werden?
Im Sommer haben Sie ausschließlich arabische Gäste im Grand Hotel, alle anderen Nationen bringen Sie in Ihrem zweiten Zeller Hotel unter. Das Nebeneinander der Kulturen funktioniert also nicht?
Nein. Man darf nicht so naiv sein wie Angela Merkel und glauben, dass sich alle umarmen werden. Die Realität sieht anders aus.
Nämlich?
Ein Beispiel: Bei uns haben sich britische Gäste aufgeregt, dass sie am Nebentisch Landsleute von jenen Terroristen sitzen hatten, die sich in der Londoner U-Bahn in die Luft gesprengt haben. Die Menschen sind so, damit muss man auch als Hotelier umzugehen lernen.
Woher kommen die Gäste im Winter?
Rund ein Drittel aus Deutschland, der Rest ist ein bunter Mix. Wir haben sehr viele Rumänen, Bulgaren, Ungarn und Polen.
Russen spielen keine Rolle?
Bei uns nur während der russischen Weihnachten. Im vergangenen Winter gab es eine Visum-Krise. Ich denke, heuer wird sich das legen.
Sie bekommen alle paar Wochen Offerte, ein Hotel zu übernehmen. Geht’s der Branche so schlecht?
Es gibt viele Betriebe mit nur einer Saison, das heißt, sie stehen ein halbes Jahr verlassen da. In der Industrie wäre das undenkbar. Das kann sich nicht ausgehen.
Es trifft aber auch Ganzjahresbetriebe ...
Es gibt ein Leidensdreieck aus Löhnen, Bürokratie und Banken. Die Personalkosten steigen jedes Jahr, schon allein wegen der Erhöhungen der kollektivvertraglichen Gehälter. Dazu kommt die Bürokratie – von der Allergenverordnung bis zu baulichen Vorschriften. Wären die Zinsen bei der Bank nicht gerade so niedrig – und es gibt zum Glück keine Anzeichen, dass sie steigen werden – würden noch viel mehr Betriebe zusperren müssen.
Unterm Strich werden die Gästebetten aber nicht weniger ...
In Zell verschwindet jedes Jahr ein Hotel vom Markt. Da ist ein Strukturwandel im Gange, wie ihn andere Branchen schon hinter sich haben. Die Vorarlberger Textilindustrie ist ja auch irgendwann abgewandert, weil das produzieren hier zu teuer wurde.
Der Vergleich hinkt aber. Hoteliers können ja nicht mit ihren Häusern abwandern.
Nein, wir können nur verkaufen, so wie es viele auch tun. Meist wird aus dem Hotel dann ein Apartmenthaus, dessen Wohnungen vermietet werden. In Zell am See fällt schon ein Drittel der Gästebetten in diese Kategorie. Das ist ein massiver Trend, nicht nur bei uns. Die Gastgeber sind dann keine Hoteliers mehr, sondern Immobilienunternehmer.
Holleis-Gruppe
Zur Gruppe gehören die beiden Betriebe in Zell am See – Salzburger Hof (150 Betten) und das Grand Hotel (350 Betten) –, das Berghotel Rudolfshütte mit 300 Betten sowie zwei Hotels in Kroatien (insgesamt 700 Betten). Ein weiteres Hotel am Gardasee ist geplant. Zudem hat Holleis das Skigebiet Weißsee (Uttendorf) gekauft (23 präparierte Pistenkilometer). In der Saison beschäftigen die Betriebe bis zu 500 Mitarbeiter.
Wilfried Holleis
2011 wurde er wegen seiner Expansion Hotelier des Jahres. Nach dem Doktoratsstudium der Betriebswirtschaft hat er ein 2-jähriges Harvard-Post-Graduate-
Studium angeschlossen. Der Autor von Fachbüchern hat an der Uni Innsbruck und St. Gallen gearbeitet und leitete das Controlling der Imperial Hotels Austria (Bristol, Imperial). 1990 übernahm er den Familienbetrieb. Holleis, geboren 1960, ist Vater von fünf Kindern.
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