Hopfen und Malz sind nicht verloren

Hopfen und Malz sind nicht verloren
Wie sich Mini-Anbieter in Zeiten von Megafusionen auf dem Biermarkt behaupten.

Es ist eine unscheinbare, kleine Türe in Wien-Ottakring, durch die der Besucher in eine nach Hopfen und Malz duftende Welt gelangt. Jeder Bierliebhaber fühlt sich hier sofort wie zu Hause. Begrüßt wird man von Thomas Haginger und Franz Xaver Lughofer, dessen zweiter Vorname der Xaver-Brauerei ihren Namen gespendet hat. Es wird gerade frisches Bier gebraut – wie jeden Freitag.

Stolz zeigen die beiden Freunde ihre Wirkungsstätte. Sie ist wohl der krasse Gegensatz zu den riesigen Hallen und Tanks der großen Bierkonzerne, die ihre Produkte praktisch weltweit verkaufen und die am Fusionskarussell drehen. Immer mehr kleine Brauereien fassen in Österreich Fuß und bereichern die Bierszene. Mittlerweile gibt es 169 Brauereien, die jeweils weniger als 20.000 Hektoliter Bier pro Jahr produzieren, also in die kleinste Betriebsgrößenklasse fallen. Der größten Betriebsgrößenklasse (ab 500.000 hl) gehören im Vergleich dazu nur acht Brauereien an, wie die Statistik des Verbandes der Brauereien Österreichs zeigt.

Experimente

"Wir haben keinen Druck. Unser Bier kommt sehr gut an und alles, was wir produzieren, können wir verkaufen. Auch Experimente sind bei uns möglich", erklärt Franz Lughofer zufrieden. Momentan gibt es acht verschiedene Sorten der Xaver-Brauerei. Bis zum Ende des Jahres werde man aber noch zwei weitere Varianten in den Handel bringen. Mit Sorten wie Pale Ale, Witbier oder Stout bedienen die zwei gebürtigen Oberösterreicher Lücken auf dem Biermarkt. "Wir füllen die Nischen, die uns die großen Konzerne bieten. Was die Produktionsleistung angeht, könnten wir nicht mithalten, aber das Interesse an Neuem in der Bierherstellung wird größer." Mit sortenabhängigen Preisen zwischen 2 Euro und 2, 50 Euro pro 0,33 Liter-Flasche liegt man deutlich über dem Standardpreissegment. An eine Expansion denke man momentan nicht. Die Brauerei wolle ausschließlich Wien beliefern. "Wir haben aber auch Kooperationen mit Lokalen wie dem Steirereck", erklärt Lughofer.

Ehrlichkeit

Auch Thomas Mauer von der Wiener Brauerei BrewAge nennt Wien als den Hauptmarkt, auf den man sich konzentriere. "Allerdings liefern wir auch nach Deutschland und vergangene Woche sogar nach Japan." Das ambitionierte Vier-Mann-Unternehmen setzt ebenfalls auf die Nische. Die Spezialbiere müssten aber weiterhin gefördert und bekannter gemacht werden. "Wir wollen immer neue Zielgruppen ansprechen und zeigen, dass es nicht nur das Helle oder Dunkle gibt", so Mauer. Bis dato gibt es acht verschiedene BrewAge-Sorten. Die Stärken einer kleinen Brauerei liegen seiner Meinung nach eindeutig in der Ehrlichkeit, Transparenz und Vielfalt.

Social Media

Die zwei kleinen Brauereien haben einige Gemeinsamkeiten. Unter anderem sind beide in den sozialen Netzwerken aktiv. "Natürlich ist Social Media ein Thema für uns. Wir wollen hier präsent sein, aber man darf nicht vergessen, auf mehreren Ebenen zu werben. Nicht jeder ist auf Facebook", schildert Mauer. BrewAge beliefert Lokale in allen Bundesländern und auch der eigene Shop im sechsten Wiener Gemeindebezirk helfe, die Umsätze zu steigern. Um den Überblick zu bewahren, wo es BrewAge-Bier zu kaufen gibt, installierte man auf der Webseite der Firma einen "Bierfinder", der die Lokale und Shops zeigt, die kooperieren. "Wir wachsen gesund und stetig", freut sich Mauer.

Der Markt für kleine Brauereien ist jedenfalls da: Auch 2014 war Bier das Lieblingsgetränk der Österreicher, die mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 105 Litern auf dem weltweit zweiten Rang lagen, traditionell hinter den Tschechen.

Auf dem weltweiten Biermarkt braut sich der größte Zusammenschluss aller Zeiten zusammen: Der weltgrößte Braukonzern Anheuser-Busch InBev (Budweiser, Beck’s, Corona) will die Nummer zwei, SABMiller (Pilsner Urquell, Foster’s), schlucken. AB InBev muss den SABMiller-Aktionären bis 14. Oktober ein Angebot für die Fusion machen. Kommt der Deal zustande und stimmen die Kartellbehörden zu, würde der neue Bier-Riese künftig fast jedes dritte Bier weltweit brauen.

Die ihrerseits aus Fusionen hervorgegangene amerikanisch-brasilianisch-belgische AB InBev braute 2014 mit 155.000 Mitarbeitern 41,5 Milliarden Liter Bier, das sind gut 20 Prozent Weltmarktanteil. Der Umsatz betrug 41,6 Milliarden Euro. SABMiller (amerikanisch-südafrikanisch) bringt es mit 96.000 Mitarbeitern auf "nur" 24,6 Milliarden Liter Gerstensaft, der Umsatz stieg auf 23,2 Milliarden Euro.

Noch höher als der Weltmarktanteil des neuen Brauriesen ist der Marktanteil des österreichischen Biermarktführers Brau Union. Die seit 2003 zum Heineken-Konzern gehörende Bier-Gruppe braut mit 490 Millionen Litern rund die Hälfte des österreichischen Gerstensaftes. Der rot-weiß-rote Bierriese entstand Anfang der 1990er-Jahre, als die Linzer Brau AG ihren größten Konkurrenten Steirerbrau schluckte.

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