Die vier jungen Leute sind digitale Nomaden. Sie arbeiteten schon vor den Corona-bedingten Lockdowns im Homeoffice und nutzen das aus, um die Arbeit mit Vergnügen zu verbinden. Denn warum sollten sie alleine in ihren Wohnungen in Großbritannien, Litauen oder Deutschland sitzen, wenn sie auch mit Leuten in ähnlichen Situationen eine Ferienwohnung mieten und den Feierabend am Strand verbringen können?
Diego Bejarano Gerke, 30, hat sich diese Frage vor fünf Jahren gestellt und mit seiner ebenfalls deutschen Kollegin Julia Kallweit den "Wifi Tribe" gegründet. Gruppen von circa 20 Personen reisen jeden Monat an einen anderen Ort. Um Teil des "Stamms" zu werden, muss man sich bewerben. Einmal dabei, können die Mitglieder selbst entscheiden, an wie vielen "Kapiteln" sie teilnehmen möchten, sprich wie viele Monate sie zu den Reisenden gehören wollen.
"Wir haben uns in Brasilien kennengelernt, oder?", sagt die Engländerin Kate, 29, und schaut den 36-jährigen Tomas aus Litauen fragend an. "Ja genau, und dann waren wir zusammen auf Kreta, und jetzt sind wir hier", bestätigt dieser. Er arbeitet für ein amerikanisches Unternehmen, war vorher als freier Mitarbeiter sowieso schon im Homeoffice und wurde schließlich Vollzeit angestellt.
"Mein Arbeitstag ist ganz normal, um die acht Stunden, wobei die Zeitumstellung manchmal den Rhythmus durcheinanderbringt", erzählt er. Kate ist jetzt Junior Softwareentwicklerin, als sie vor zwei Jahren zum "Wifi Tribe" gestoßen ist, war sie noch als Freischaffende im Marketing tätig.
"Für die meisten Leute, die im Homeoffice arbeiten, ist es schwierig, sich mit den Arbeitszeiten der Freunde zu arrangieren, die einen Büroalltag haben. Dementsprechend schwierig ist es, gemeinsam Urlaub zu machen. Das ist es, was unsere Gemeinschaft bietet: Die Möglichkeit, neue Beziehungen zu knüpfen und mit anderen gemeinsam zu reisen", so Diego.
In der Zwischenzeit reisen mehrere Gruppen des "Wifi Tribes" parallel, in Südamerika, Europa, Südostasien und Afrika, wobei das Coronavirus auch ihre Pläne für 2020 gestört hat. US-Amerikaner konnten nicht an den „Kapiteln“ teilnehmen. Gran Canaria war einer der wenigen Orte, der sich wegen geringer Infektionszahlen als Reiseziel anbot. Sie sorgen sich vor allem um das Gastland und bleiben dieser Tagen unter sich, um auf keinen Fall Infektionen unter die Leute zu bringen.
Die Besitzer der Ferienwohnungen sehen in den digitalen Nomaden zumindest einen Ersatz für die durch Corona wegfallenden Urlauber. "Meiner Meinung nach sind sie die besseren Touristen, weil sie nachhaltiger sind. Sie bleiben länger, haben mehr Geld und geben es in den lokalen Gaststätten aus", sagt Nacho Rodriquez von "Repeople", einem Unternehmen, das seit fünf Jahren an einer Infrastruktur für Homeoffice-Touristen auf den Kanaren arbeitet und nun auch von der Regierung mit Marketing-Maßnahmen im Wert von 500.000 Euro unterstützt wird.
Man hofft darauf, dass die Leute wiederkommen, sich in die lokale Gemeinschaft eingliedern, eventuell auf lange Sicht ganz herziehen, ihre Steuern auf den Kanaren zahlen und neue Unternehmen mit Sitz hier gründen.
Maren Häußermann
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