Wiederaufbau nach Hochwasser stützt Konjunktur
So verheerend die Folgen des Hochwassers für die Menschen in den betroffenen Gebieten ist, für Österreichs Gesamtwirtschaft dürften sie überschaubar bleiben. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) erwartet durch die entstandenen Schäden zwar einen Wachstumseinbruch im laufenden Quartal.
Dieser wird aber durch vermehrte Bauleistung und zusätzliche Nachfrage nach bestimmten Gütern in den Folgequartalen wieder kompensiert. „Aus derzeitiger Sicht gehen wir nicht davon aus, dass wir unsere Jahresprognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach unten revidieren müssen“, erläutert WIFO-Ökonom Marcus Scheiblecker. „Negative und positive Effekte werden sich mehr oder weniger ausgleichen.“ Auch die Experten der Nationalbank sehen derzeit „keinen wesentlichen Einfluss auf das BIP“.
Ulrich Schuh vom Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria geht sogar davon aus, dass die Wirtschaftsleistung in den Folgequartalen und im nächsten Jahr um 0,25 bis 0,5 Prozentpunkte höher ausfallen könnte als ohne Hochwasser. Zum Vergleich: Die Flut-Katastrophe im August 2002 kostete die Wirtschaft etwa 0,1 Prozentpunkt an BIP-Wachstum, dafür gab es 2003 wegen der erhöhten Bauleistung ein Plus zwischen 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte, wie die Nationalbank damals errechnete.
Gründe für die geringen negativen Folgewirkungen sind unter anderem, dass es keine großen Produktionsausfälle (Industrie, Energie) in den betroffenen Gebieten gibt und im Tourismus gerade Zwischensaison ist. „Die Touristen sind derzeit vor allem in Städten, dort sind kaum Ausfälle zu verzeichnen“, erläutert Scheiblecker.
Ernte-Ausfälle
Die größten wirtschaftlichen Schäden gibt es in den Agrar- und Forstwirtschaft. Felder fallen für eine landwirtschaftliche Nutzung aus. Ernte-Ausfälle bei Obst und Gemüse und Getreide könnten zumindest vorübergehend zu einem Preisanstieg führen und die Inflationsrate erhöhen. Auch in der Holzwirtschaft rechnet man mit Umsatzverlusten, so wurden etwa ganze Brennholzlager von der Flut weggeschwemmt.
Auf der anderen Seite wartet auf das Bau- und Baunebengewerbe viel Arbeit. Von der Instandsetzung der Infrastruktur (Straßen, Brücken, Schienen, Schutzbauten) profitiert vor allem der Tiefbau. „Da die Baukonjunktur derzeit schlecht läuft, wird der zusätzliche Nachfrageschub eher nicht zu höheren Preisen führen“, glaubt Scheiblecker.
Zuerst Winterkälte, dann Dauerregen, jetzt auch noch Hochwasser vor der Tür: Bei der Baumarktkette Hornbach in Krems wurde die Ware am Mittwoch vorsichtshalber in höhere Regale umgeschlichtet. Mit einem „Hochwasser-Nachlass“ von 20 Prozent auf sämtliche Artikel will der Händler bis 31. Juli die Beseitigung der Wasserschäden unterstützen.
Hohe Rabatte sind im Einzelhandel derzeit keine Seltenheit. Im ersten Quartal gab es zwar nominell noch einen hauchdünnen Zuwachs von 0,5 Prozent, real entsprach das aber einem Minus von 1,6 Prozent. Ein Minus von zehn Prozent verzeichneten Bau- und Gartenmärkte, die besonders unter dem schlechten Wetter litten. Auch im Textil- (– 5 Prozent) und Schuhhandel (– 7,2 Prozent) gab es herbe Einbußen.
„Jetzt wäre ja die Rosenzeit, aber da geht derzeit gar nichts. Auch beim Sommergemüse sieht es schlecht aus“, klagt Alois Wichtl, Chef von bellaflora, der einen Großteil des Gartencenter-Umsatzes im Frühjahr und Frühsommer erzielt. Was jetzt an Umsatz verloren gehe, sei nicht mehr aufzuholen. Wie viele seiner Branchenkollegen hofft er auf einen sonnigen Juni. Hornbach-Marketingchef Josef Zinner: „Bei diesem Wetter derzeit hat niemand Lust, einen Pool in seinem Garten aufzustellen.“
„Dass die Ergebnisse bei diesen Witterungsverhältnissen nicht gerade berauschend sind, liegt ja wohl auf der Hand“, kommentiert Bettina Lorentschitsch, Obfrau der Bundessparte Handel, die schlechten Zahlen. „Es wird schwer werden, dieses Minus aufzuholen. Da brauchen wir schon einen außergewöhnlich schönen Sommer.“ Aus ihrer Sicht bewahren die Händler noch die Nerven. Derzeit sei weder in der Textil- noch in der Schuhhandelsbranche eine Rabattschlacht ausgebrochen.
Ernst Mayr, Chef der Textilhandelskette Fussl, hat derzeit keinen Grund zu klagen: „Im April war das Wetter gut – davon zehren wir noch.“ In den ersten fünf Monaten setzte der oberösterreichischen Textilhändler 1,9 Prozent mehr um als 2012. „Wäre das Wetter besser gewesen, hätten wir ein Plus von fünf Prozent gehabt“, sagt Mayr. Zu Jahresbeginn haben vor allem jene Händler gute Geschäfte gemacht, die Winterware zum regulären Preis verkauften. „Viele haben ungewöhnlich gute Geschäfte mit Winterjacken gemacht“, heißt es in der Branche.
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