Hochspannung für die Stromkunden
Strom ist ein langweiliges Produkt. Nicht allzu viele Österreicher kümmern sich daher darum, von wem und zu welchem Preis sie ihre elektrische Energie beziehen. Das dürfte sich bald ändern.
Denn: „Die Zeiten, in den klassische Energieanbieter nur Strom oder Gas verkauft haben, sind vorbei“, betont Leonhard Schitter, Chef der Salzburg AG, im Gespräch mit dem KURIER. Auslöser für Schitters Aussage ist der jüngste Vorstoß des Verbund. Österreichs größter Stromerzeuger hat sich mit dem Mobilfunker A1 zusammengetan, um ein gemeinsames Angebot zu stellen. Acht Monate Gratis-Energie (Netz und Abgaben sind extra zu bezahlen) und ein Tablet bekommen Neukunden, die sich zwei Jahre für Verbund-Strom und A1-Internet entscheiden. Für die Monate des Jahres, in denen der Energiepreis bezahlt werden muss, verlangt der Verbund 8,39 Cent je Kilowattstunde inklusive Mehrwertsteuer. Dieser Preis ist nicht der günstigste, liegt aber tiefer als der übliche Strompreis der meisten Landes- und kommunalen Versorger. Berücksichtigt man die Gratis-Monate kommt das Verbund/A1-Angebot allerdings fast auf das Niveau der Billigsten am Markt (z.B. MyElectric).
Das Verbund-A1-Offert wird zunächst nur in Niederösterreich und Salzburg angeboten. Ist es erfolgreich, soll es ab 2020 auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt werden. Unter den traditionellen Lieferanten aber sorgt es schon jetzt für Aufruhr. „Das ist eine neue Qualität des Wettbewerbs“, heißt es. Rechtlich dagegen vorgehen will aber niemand.
Die Erfolgschancen einer Klage wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht dürften zu gering sein. Zwar unterbieten Verbund und A1 im ersten Jahr den Marktpreis für Strom. Damit sind sie aber nicht allein. Einige Billiganbieter locken Kunden im ersten Jahr mit ausgiebigen Boni und weit unter dem Markt liegenden Preisen. Bei diesen Offerten zahlen die Kunden allerdings meist im zweiten Jahr so viel, dass der Lieferant die Boni wieder zurückverdient. Beim Verbund aber gilt der Fixpreis.
478.000 Privatkunden beliefert der Verbund derzeit mit Strom. Die Zahl soll sich deutlich erhöhen. Mit seiner aktuellen Kundenzahl ist der Verbund zwar kein regionaler Platzhirsch, wie es bei den Landesversorgern der Fall ist, er ist aber immerhin der fünftgrößte Stromlieferant im Privatkundenbereich. Größer sind Wien Energie, EVN, Energie AG OÖ und Energie Steiermark.
Völliger Umbruch
Für Salzburg-AG-Chef Schitter liegt die Kooperation mit einem Telekomunternehmen für die Strombranche auf der Hand. Beide Sektoren müssten ihre Produkte „spannender machen“. Die Salzburg AG hat Breitband und Kabelnetz bereits im eigenen Unternehmen und seit zwei Jahren auch entsprechende Angebote für Stromkunden.
Die Digitalisierung und der Wettbewerb zwingen die Energieunternehmen zu einem grundlegenden Umbruch ihrer Geschäftsmodelle. „Wir entwickeln uns zu einem digitalen Technologieunternehmen“, sagt Schitter. Die Salzburg AG investiere daher nicht nur 250 Millionen Euro in den Ausbau des Breitbandnetzes, sondern bereite auch den Einstieg in den Mobilfunk vor – mit der 5G-Lizenz, die sich die Salzburg AG gesichert hat.
Insgesamt 209.000 private Stromkunden haben im Vorjahr zu einem neuen Lieferanten gewechselt. Das sind gerade einmal 4,2 Prozent aller Haushaltskunden in Österreich. Heuer dürfte die Zahl der Wechsler allerdings etwas höher werden. Denn schon im ersten Halbjahr 2019 meldete die Energiemarktaufsicht E-Control einen neuen Rekordstand an Umsteigern: 123.241 private Stromkunden haben sich für einen neuen Lieferanten entschieden – die meisten davon in Wien.
Wie man den Stromversorger wechselt
Entscheidet sich ein Konsument, zu einem neuen Stromlieferanten zu wechseln, sind folgende Schritte ratsam:
- Lieferantenwahl
Um herauszufinden, welcher Anbieter am günstigsten Strom liefert, kann man sich im Internet (z. B. www.e-control.at oder www.durchblicker.at) einen Überblick verschaffen. Wichtig: den eigenen Jahresstromverbrauch aus der Stromrechnung ablesen. Für Haushalte liegt dieser um die 2.000 kWh, für Eigenheime – je nach Heizungsart – bei 5.000 bis 9.000 kWh. Rund 150 Stromanbieter gibt es derzeit in Österreich. Ausgewählt werden kann nach Preisen, aber auch nach Erzeugungsart des Stroms: Ökostrom aus Wind, Sonne, Biomasse oder reiner Wasserkraft oder eben den allgemeinen Strommix, der Atom- und Kohlestromimporte enthält.
- Formular ausfüllen
Hat man sich für einen neuen Lieferanten entschieden, kommt die unerfreulichste Aufgabe: Das Ausfüllen des Bestellformulars, das man ganz einfach aus dem Internet hochlädt oder auch auf dem Postweg zugesandt erhalten kann. Dazu ist nicht nur Angabe von Namen und Adresse nötig, sondern auch die 33-stellige Zählpunktnummer ist einzutippen – oder besser mit copy-paste aus der elektronischen Jahresstromrechnung zu übernehmen. Mit dieser Nummer kann der neue Lieferant die Kunden eindeutig zuordnen.
- Absenden und warten
Das ausgefüllte Formular entweder online oder per Post an den neuen Lieferanten schicken. Dieser regelt den Wechsel, meldet das an den Netzbetreiber (der sich nicht ändert) und schickt künftig die Energierechnung. Der Wechsel darf nicht länger als drei Wochen dauern. Achtung: Gewechselt wird nur der Strombezug, nicht der Netzbetreiber. Daher kommen künftig zwei Rechnungen.
Strom ist heuer bei vielen Versorgern teurer geworden. Grund dafür sind die deutlich gestiegenen Großhandelspreise. Der Preisanstieg im Großhandel ist zuletzt wegen der Konjunkturabschwächung allerdings zum Erliegen gekommen. Die Konsumenten müssen vorläufig mit keinen Preiserhöhungen mehr rechnen. Aktuell beträgt der Energiepreis sieben bis acht Cent je kWh. Dieser macht aber nur 35 Prozent des gesamten Strompreises aus. Der Rest sind Netzgebühr und Steuern sowie Abgaben.
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