Womit die Reichen in der Vergangenheit ihr Vermögen vermehrten
Mehr als 1.000 Seiten zum Thema „Die Geschichte der Vermögensanlage“ klingen wie eine gefährliche Drohung, sind aber durchaus auch unterhaltsam. Etwa das Kapitel zur Frage, ob es sich auszahlt, in Kunst zu investieren. Wie so oft fällt die Antwort unbequem aus. Es kommt nämlich ganz darauf an. Nicht nur auf den Künstler, auch auf die Schaffensperiode, aus der das betreffende Werk stammt, erläutert Autor Johannes Seuferle in seinem zweibändigen Konvolut.
Pablo Picassos Spätwerke beispielsweise erzielen demnach gerade einmal 20 Prozent von dem, was Sammler für Werke aus der so genannten Blauen Periode des Künstlers hinblättern. So gesehen sind nach Seuferles Recherchen selbst die Bilder aus der Kindheit und Jugend Picassos höher bewertet (62 Prozent der Blauen Periode). So weit, so schlecht. Aber es geht ja nicht immer nur ums Monetäre, mutmaßt der Autor.
Der Sammler und der Pfau
Man könne manch’ Sammler durchaus mit einem Pfau vergleichen, „der eine unsinnig lange Schleppe hinter sich herzieht“, findet er. Unpraktisch sei das, aber sobald zum Rad geschlagen, könne er damit den Weibchen und allen anderen demonstrieren, wie fit und attraktiv er ist.
„Der von Speichelleckern umgebene und gelangweilte Unternehmer“ könne so in seinen späten Jahren den Ehrgeiz entwickeln, mit Kunst „seine geborenen Feinde, die gegen das Establishment eingestellten Künstler, für sich zu gewinnen.“ Bei diversen Veranstaltungen hat der Kunstsammler dann auch gleich ein dankbares Gesprächsthema – frei nach Immanuel Kant: „Nur in Gesellschaft ist es interessant, Geschmack zu haben.“
Der Philosoph Kant war in seinen alten Tagen übrigens klug diversifiziert, hat Seuferle recherchiert. Demnach hatte er seine Mittel auf eine sechsprozentige Bankeinlage, ein Hypothekendarlehen an einem Rittergut und eine Beteiligung an einer Zuckerfabrik verteilt.
Millionen-Bonsai
Seuferle geht Kapitel für Kapitel Anlageklassen durch. Von Aktien und Anleihen über Land und Immobilien bis hin zu Rohstoffen und Sammelobjekten. Wie Bonsai-Bäumen, die man wahlweise um 20 Euro im Gartencenter oder zum Preis von einer Million Euro vom namhaften Vorbesitzer kaufen kann.
Eine unausgesprochene These des Buches ist es, dass sich im Laufe der Jahrhunderte gar nicht so viel geändert hat in der Vermögenslage. Und eines sei all jenen, die den Schlüssel zur schnellen Geldvermehrung suchen, gleich verraten: In dem 1.200-Seiten-Wälzer ist er nicht versteckt. Dafür viele überraschende Fakten aus der Zeit der Antike bis heute.
Was gesammelt wird und an Wert zulegt, hat sich im Laufe der Zeit gewandelt, erläutert Johannes Seuferle in seinen zwei Bänden "Die Geschichte der Vermögensanlage (Westend Verlag, 1187 Seiten, 148 Euro). Außenstehende können sich über die erzielten Preise diverser Sammelobjekte oft nur wundern - ein paar Beispiele:
Handtaschen
Die Sammelhandtasche schlechthin ist die Kelly Bag von Hermes, die egal ob neu oder gebraucht um 20.000 Euro den Besitzer wechselt. Die Birkin Bag von Hermes hat seit 1984 stark an Wert gewonnen, wurde etwa 2017 um 377.000 US-Dollar versteigert.
Brieftauben
Brieftauben kann man nicht sammeln wie Oldtimer, ihre Lebenserwartung ist mit 15 Jahren beschränkt. Dennoch erzielen die Tiere bei Auktionen hohe Preise und waren schon in der Antike wertvoll - mit ihnen wurden unter anderem die Ergebnisse der Olympischen Spiele mitgeteilt. Im Militär waren sie lange unverzichtbar, noch Anfang des 19. Jahrhunderts nutzten auch Banker wie die Rothschilds Kurstauben und erfuhren so vor der Allgemeinheit bzw. Börse vom Ausgang von Waterloo. Nun sind Tauben etwas aus der Mode. Dennoch: 2020 wurde ein Exemplar um den Preis von 1,6 Mio. Euro versteigert.
Briefmarken
Früher zahlte der Empfänger die Post, erst ab den 1840er Jahren der Absender. Die Gebührenquittung für die Bezahlung der Sendung klebt am Umschlag - in Form einer Briefmarke. Und diese wurde sofort zum Sammelobjekt. Bereits 20 Jahre nach Einführung der Marken gab es schon die ersten professionellen Briefmarkenhändler. Die Blütezeit ist aber längst vorbei. 1981 und 1982 kam es laut Experten zum größten Crash der Briefmarkenpreise aller Zeiten. "Die Graf Zeppelin-Briefmarke fiel von 17.500 US-Dollar auf 1.500 und die U.S. Number One fiel von 4.000 auf 209 US-Dollar", schreibt Seuferle.
Koi-Karpfen
Schon ab 1870 waren die Fische eine Statussymbol des japanischen Adels. Ein Karpfen kann so viel wie ein Kleinwagen kosten, Spitzenexemplare bis zu 40.000 Euro.
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