High-Noon in Brüssel: EU-Rekordstrafe für Google

Eigene Shopping-Inserate illegal vorgereiht: Wettbewerbskommissarin Vestager verhängt 2,42 Milliarden Euro Strafe gegen US-Konzern.

Dienstag, 12 Uhr mittags in Brüssel. Das Duell Google vs. EU-Kommission kommt nach jahrelangen Ermittlungen zu einem ersten Ende: EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verhängt gegen den US-Internetriesen eine Wettbewerbsstrafe, die sich gewaschen hat. Google muss 2,42 Milliarden Euro Geldbuße zahlen, weil es bei der Internetsuche seinen eigenen Shopping-Dienst unzulässig bevorzugt hat (Fallzahl 39740 Google Search, zu den Dokumenten).

Google habe verhindert, „dass die europäischen Verbraucher wirklich zwischen verschiedenen Diensten wählen“ könnten, wurde die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin in der Aussendung zitiert. Die eigenen Google-Preisvergleichsergebnisse würden bei der Suche ganz oben angezeigt - der bestgereihte Mitbewerber komme durchschnittlich erst auf Seite vier (!) der Suchergebnisse, also dort, wo kaum ein User mehr hinklickt, kritisierte Vestager.

So habe Google seine dominierende Stellung in der Online-Suche ausgenutzt, um seinen anfangs mehr schlecht als recht funktionierenden Service (der ab 2004 Froogle, ab 2008 Product Search, ab 2013 Shopping hieß) systematisch hochzubringen.

90 Tage, sonst weitere Strafen

Google sei nun aufgefordert dieses Verhalten innerhalb von 90 Tagen abzustellen. Ansonsten seien Zwangsgelder von bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes seiner Muttergesellschaft Alphabet zu zahlen. Das wären bis zu rund 12 Millionen Euro pro Tag.

High-Noon in Brüssel: EU-Rekordstrafe für Google
EU-Kommission
Die generellen EU-Wettbewerbsstrafen bemessen sich nach dem weltweiten Jahresumsatz und sind mit 10 Prozent gedeckelt. Theoretisch hätte diese Strafe bei Google also sogar mehr als acht Milliarden Euro betragen können. Die bisherige Höchststrafe wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung hatte 2009 mit 1,06 Milliarden Euro ebenfalls ein US-Konzern ausgefasst: der Chiphersteller Intel.

Google erwägt dagegen zu berufen

Der Fall hat die EU-Kommission mittlerweile fast sieben Jahre lang beschäftigt. Im Detail hat die Kommission die genannten Vorwürfe gegen das Unternehmen seit April 2015 untersucht. Google wies die Anschuldigungen bisher stets zurück und warf den Wettbewerbshütern Mängel in der Untersuchung vor.

"Bei allem Respekt, wir stimmen den Schlussfolgerungen, die heute verkündet wurden, nicht zu", sagte Google-Vizepräsident Kent Walker am Dienstag: "Wer online einkauft, will Produkte rasch und einfach finden. Und Werbekunden promoten genau diese Produkte. Deshalb zeigt Google Shopping-Anzeigen an - auf eine Art, die für beide Seiten nützlich ist." Man werde nun die Entscheidung der Kommission prüfen und überlege, dagegen zu berufen.

Drei Verfahren insgesamt

Es ist freilich nur der erste von insgesamt drei EU-Wettbewerbsverfahren, die gegen Google laufen. Die anderen beiden richten sich gegen den Werbedienst AdSense sowie gegen die Smartphone-Software Android.

Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen EU und USA wird der Google-Fall wohl noch zusätzlich belasten. Eigentlich wäre US-Handelsminister Wilbur Ross am Dienstag in Deutschland erwartet worden. Er sollte gemeinsam mit der deutschen Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries den G20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg vorbereiten. Dort sollten auch der seit Monaten schwelende Handelskonflikt und angedrohte Strafzölle auf Stahlprodukte ein Thema sein. Ross sagte seinen Besuch allerdings am Montagabend kurzerhand ab - mit der vagen Begründung er müsse einen Termin bei Präsident Donald Trump wahrnehmen.

Ende 2016 hatte die EU-Kommission gegen den IT-Konzern Apple eine Zahlungsverpflichtung von 13 Milliarden Euro verhängt. Hierbei handelte es sich allerdings um einen Fall von unerlaubter Beihilfe wegen wettbewerbsverzerrender Steuerdeals mit Irland. Auch dieser Fall hatte bei den US-Behörden für wütende Anschuldigungen in Richtung Brüssel gesorgt.

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