Hervis: Was hinter den Aktionspreisen steckt

Hervis Alfred Eichblatt setzt verstärkt auf das Verleihgeschäft
Hervis-Chef Alfred Eichblatt über Statt-Preise, den Trend zum Verleih und neue Konkurrenz.

KURIER: Im Hervis-Flyer gibt es Räder und Schuhe um Minus 50, 60, 70 Prozent. Schaut aus, als würden Sie nichts zum offiziellen Normalpreis verkaufen ...

Alfred Eichblatt: Doch, die Mehrheit der Produkte. In der Werbung streichen wir natürlich die Aktionen heraus.

Aber haben die Teile jemals den Stattpreis gekostet?

Dabei handelt es sich um den vom Hersteller empfohlenen Preis. Das heißt nicht zwangsläufig, dass der Händler diesen jemals verlangt hat. Die Branche verlangt gern am Anfang der Saison hohe Preise und reduziert sie dann.

Und Hervis?

Wir sind mit den Preisen oft vom ersten Tag an günstiger als der empfohlene Verkaufspreis.

Die Spannen sind also entsprechend groß oder wollen Sie gar nichts verdienen?

Wir können uns diese Preise aufgrund unserer Kostenstruktur leisten, kommen mit geringeren Margen aus.

Als Umsatzturbo der Branche gelten E-Bikes. Retten diese Räder den Sportartikelhändlern die Bilanz?

E-Bikes sind ein gutes Geschäft, sie kosten ja um die 2500 Euro. Aber gleichzeitig werden weniger normale Räder verkauft. Mit ein bisschen Glück geht sich unter dem Strich ein Plus im Radsegment aus. Viele leihen sich E-Bikes aber auch nur aus, das darf man nicht vergessen.

Auch bei Hervis. Wie viele Räder haben Sie im Verleih?

Rund 500 in Österreich. Wir haben den Vorteil, dass man bei uns E-Bikes in Linz ausleihen und in einer Wiener Filiale abgeben kann. Das Verleihgeschäft entwickelt sich gut. Auch bei Tischtennistischen, Stand-up Paddles ...

Ich leih mir ein Standup Paddle aber lieber am Strand als am Stadtrand aus. Wollen Sie nicht mit Hervis ins Strandbad ziehen?

Darüber denken wir gerade nach. Kann sein, dass wir das nächsten Sommer in ein paar Strandbädern ausprobieren.

Das heißt also, alle denken so wie ich?

Nein. Sie dürfen nicht vergessen, dass es auch eine Preisfrage ist, ob Sie sich für eine Stunde ein SUP um 17 Euro am Strand leihen, oder eines für fünf Euro am Tag bei uns holen. Wir haben jedenfalls schon jetzt alle Verleih-SUP bis Ende August reserviert.

Ist der aktuelle Hype um die Sharing-Economy nicht etwas übertrieben?

Aus meiner Sicht nicht. Viele wollen sich Sportgeräte nur noch ausleihen, weil sie zuhause gar keinen Platz haben, um sie zu verstauen. Andere wollen schlicht nicht so viel für ein Gerät ausgeben. Und wieder andere kommen zum Beispiel für eine Woche ein Hoverboard ausleihen, weil sie schauen wollen, wie lange die Kinder damit eine Freude haben.

Muss man sich etwas Neues einfallen lassen, um die Branchenumsätze zu halten?

Der Branchenumsatz steigt seit Jahren mit dem Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung. Es gibt zum Beispiel einen Boom an Fitnesstrackern. Früher haben diese Uhren mal 70 Euro gekostet, heute haben sie zig Funktionen und kosten 700 Euro, so wie die neue Garmin. Die Nachfrage ist trotzdem so groß, dass wir ausverkauft sind.

Kaufen kann man diese Uhren aber auch bei Mediamarkt. Graben Ihnen immer mehr Branchenfremde das Geschäft ab?

Die Elektronikhändler könnten auch argumentieren, dass wir jetzt Smartwatches verkaufen. Ich seh das nicht so eng, die Branchengrenzen verschwimmen eben. Unterm Strich gilt: Je mehr Leute Sport machen, desto besser für uns alle.

Hofer und Lidl verkaufen Sportbekleidung genauso wie H&M und Zara. Jetzt kommen auch noch die Sporthändler Decathlon und die norwegische Kette XXL nach Österreich. Wie reagieren Sie auf die neuen Konkurrenten?

Jetzt kommen zwei neue Ketten mit zwei, drei Filialen auf den Markt – so what?! Der Fachhandel entwickelt sich gut. Wir haben hundert Filialen und schreiben jedes Jahr einen Gewinn. Ich bin und bleibe gelassen.

Auch wenn Markenhersteller immer mehr eigene Läden eröffnen und viele nicht einmal mehr eine Verkaufsmannschaft in Österreich haben?

Für uns ist Letzteres kein Problem, weil wir uns in der Beschaffung international aufgestellt haben. Wir haben uns mit 50 Prozent an der Einkaufskooperation STMI beteiligt, über die eine große Zahl europäischer Händler einkauft – zusammengenommen haben sie ein Umsatzvolumen von zwei Milliarden Euro ...

... und bekommen so bessere Einkaufskonditionen ...

Ja, auf diese Art begegnen wir dem Trend zur Globalisierung in der Industrie. Die Markenshops stören mich übrigens nicht. Dort werden Highlights präsentiert, wir verkaufen Massenartikel. Ein Markenshop nebenan treibt den Umsatz in unseren Filialen meistens sogar an.

Der Branchenumsatz der Sportfachhändler in Österreich wird seit Jahren konstant mit 1,7 Milliarden Euro beziffert und teilt sich im Wesentlichen auf wenige Player auf. Brachenschätzungen zufolge teilen sich Intersport, Hervis und Sport-2000-Händler etwa 70 Prozent des Marktes untereinander auf. Einen großen Teil des Umsatzkuchens holen sich auch Branchenfremde wie Diskonter, die Funktionskleidung, Wanderstöcke oder Fahrräder verkaufen.

Hervis, die Sporthandels-Tochter der Salzburger Spar-Gruppe, erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr 493 Mio. Euro Umsatz (+5,2 Prozent). Zur Handelskette gehören in Österreich aktuell 90 Standorte mit mehr als 3000 Mitarbeitern, darunter 300 Lehrlinge.

Dazu kommen insgesamt mehr als 100 Standorte in Deutschland, Slowenien, Ungarn, Tschechien, Rumänien und Kroatien. Alfred Eichblatt führt das Unternehmen seit 1997.

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