Henkel-CEE-Chefin: Standort Wien gut abgesichert

Interview mit Birgit Rechberger-Krammer, Präsidentin Henkel CEE, in ihrem Büro. Wien am 02.03.2018
Birgit Rechberger-Krammer im KURIER-Interview über den Online-Einkauf von Waschmitteln, Trumps "Amerika-zuerst"-Politik und die Sinnhaftigkeit von Frauenquoten

KURIER: Henkel produziert in Dutzenden Ländern. Bleibt der Standort Wien gesichert?

Birgit Rechberger-Krammer: Wir produzieren hier 270.000 Tonnen Flüssigwaschmittel für ganz Europa, die wirtschaftlichen Kennzahlen stimmen. Zuletzt hatten wir viele Wochenendschichten, was durch das gute Einvernehmen mit dem Betriebsrat möglich war. Der Standort bringt Innovation, die Mitarbeiter sind flexibel. Das macht den Standort wettbewerbsfähig und sichert ihn ab.

Sie produzieren keine Eigenmarken, obwohl Händler wie Spar schon mehr als ein Drittel des Umsatzes damit machen. Lassen Sie da nicht viel Geschäft liegen?

In unseren Produktkategorien ist der Eigenmarkenanteil nicht so hoch wie im Lebensmittelbereich. Das liegt daran, dass man für die Produktion entsprechende Technologien, Know-how braucht. Wir haben einen Vorsprung, auf den Händler mit einer Verzögerung von eineinhalb bis zwei Jahren reagieren können. Wir setzen weiterhin auf Innovationen, nicht auf Eigenmarken.

Henkel will den Online-Umsatz bis 2020 auf vier Milliarden Euro verdoppeln. Mit einem eigenen Online-Shop? Auch in Österreich?

Vieles wird online gekauft, wie Waschmittel, das immer weniger Leute nach Hause tragen wollen. Nicht wir machen Online-Shops, die Händler tun es.

Welchen Unterschied macht es für Sie, ob das Waschpulver online oder im Geschäft verkauft wird?

Wir arbeiten an der Gestaltung der Online-Shops mit. Da steckt viel Arbeit und Geld drin, schließlich müssen alle Produktinformationen online abrufbar sein.

Henkel-CEE-Chefin: Standort Wien gut abgesichert
Interview mit Birgit Rechberger-Krammer, Präsidentin Henkel CEE, in ihrem Büro. Wien am 02.03.2018

Sie sind für mehr als 30 Länder verantwortlich. Wie viel Zeit werden Sie in Wien verbringen?

Ziel sind zwei Tage die Woche.

Neben 32 Länder in Europa verantworten Sie auch das Lateinamerika-Geschäft. Wie passt das zusammen?

Viele Erfahrungen aus Osteuropa kann ich dort gut brauchen. Lateinamerika entwickelt sich wie Osteuropa vor 15 Jahren. In Mexiko wird heute noch die Hälfte des Waschpulvers beim Greißler ums Eck gekauft, die Handelsstruktur im Hintergrund ist ähnlich wie in Osteuropa vor 15 Jahren. In Russland sind die großen Handelsketten im Vormarsch, sie verkaufen 70 Prozent aller Wasch- und Reinigungsmittel. Vor 15 Jahren war es noch nicht einmal ein Drittel.

Muss Henkel als internationaler Konzern die nationalistischen Tendenzen in vielen Ländern fürchten. Trumps America-First-Politik zum Beispiel?

Wir produzieren in vielen Ländern, das Thema trifft uns also indirekt über Währungseffekte und Zölle. Nach dem Wahlsieg von Trump hat der mexikanische Peso zum Beispiel um 20 Prozent abgewertet. Aber solche Dinge gehören zum Geschäft.

Sie sind seit 25 Jahren bei Henkel. Wie hat sich die Branche verändert?

Völlig. Meine ersten Kunden hießen Löwa und PamPam, gibt es beide nicht mehr. Die Handelskonzentration ist gestiegen, mit ihr der Anteil an Eigenmarken. Diese Entwicklung sieht man in vielen Ländern. Die Handelskonzentration macht das Geschäft nicht leichter.

Wär es vor 25 Jahren denkbar gewesen, dass eine Frau Präsidentin von Henkel CEE wird?

Ich wollte nach der WU im Vertrieb beginnen, war dort die einzige Frau. Das hat sich sehr geändert. Heute sind 70 Prozent der Key Accounter Frauen, wir haben bei Henkel eine Frauen-Quote von 23 Prozent im Top-Management, im Management von 34 Prozent. Letzteres entspricht insgesamt dem Frauenanteil im Unternehmen.

Sind Sie für Frauenquoten?

Eigentlich nicht, aber ganz ohne Steuerung wird man nichts erreichen. Ich setze mich für Mentoringprogramme ein und für Nachfolgeregelungen, in denen Frauen zum Zug kommen. Aber es spielen ja auch gesellschaftliche Themen eine Rolle.

Ist Österreich unter diesem Aspekt Entwicklungsland?

In Österreich und Deutschland haben Mütter, die nicht zwei Jahre Zuhause bleiben und dann Teilzeit arbeiten noch immer den Stempel "Rabenmutter". Da hinken wir leider noch immer hinter den Ländern Osteuropas oder Frankreich hinterher, wo es auch aufgrund guter Betreuungsangebote normal ist, dass die Frauen mit kleinen Kindern arbeiten gehen. Ich habe ja selbst drei Jahre in Tschechien gelebt. Da sieht man, dass sich auch Kinder positiv entwickeln, deren Mütter gleich wieder arbeiten.

Henkel-CEE-Chefin: Standort Wien gut abgesichert
Interview mit Birgit Rechberger-Krammer, Präsidentin Henkel CEE, in ihrem Büro. Wien am 02.03.2018

Sind Sie mit Familie nach Tschechien?

Ja, mit meinem Mann und Sohn. Mein Mann hat damals beruflich zurückgesteckt, was sicher nicht immer leicht für ihn war. In den Expat-Clubs sind es vor allem Frauen, die sich treffen, während ihre Männer arbeiten. Bei uns war es umgekehrt.

Und in Ihrer Zeit in Düsseldorf war Ihre Familie auch in Deutschland?

Nein. Ich war von Montag bis Donnerstag in Düsseldorf, den Rest der Woche in Wien. Jeder muss für sich die beste Lösung finden. Für mich war das zuletzt die beste Lösung. Ich hatte oft Arbeitstage von 8 bis 23 Uhr, da hat man ohnehin nur ein schlechtes Gewissen, wenn man weiß, dass Zuhause die Familie wartet.

Was raten Sie Frauen?

Ich will Mut machen, Beruf und Familie zu vereinbaren. Man muss aber die persönlichen Lebensumstände im Blick haben, darf sich nicht überschätzen. Nach der Babypause gleich ins Ausland zu gehen, kann zu viel an Veränderung bedeuten und direkt ins Burn-out führen. Viel hängt davon ab, ob man die Unterstützung des Partners hat.

Birgit Rechberger-Krammer Die Wienerin ist seit Oktober 2017 Präsidentin von Henkel Zentral- und Osteuropa und zudem für das Wasch- und Reinigungsmittelgeschäft in in Lateinamerika zuständig. Die 48-Jährige ist seit 1992 im Konzern. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn.

Teil des Düsseldorfer Konzerns Henkel CEE (Blue Star, Fa, Loctite, Pattex, Persil, Schwarzkopf) steuert 15 Prozent zum globalen Umsatz bei. Dieser betrug 2016 rund 18,7 Mrd. Euro. Am Standort Wien wird seit 1927 produziert.

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