Hellas: Ausverkauf im Pleitestaat
So etwas liest sich gut für Leute mit Geld: 1,1 Hektar, Sandstrände, ein Häuschen gibt es, auch eine Kirche, einige Ziegen und nur einen Hirten, der alle vier Tage vorbeischaut. Es handelt sich um eine Insel. Eine griechische Insel die, so der Anbieter, groß genug ist, um totale Privatsphäre zu garantieren – oder geeignet wäre, sie touristisch auszubauen. Der ausgeschriebene Preis: 45 Mio. Euro. Und, so wird versichert, sollte sich ein Käufer finden, wird der Hirte nicht mehr stören kommen – so laute der Deal.
Nicht nur der griechische Staat braucht Geld. Auch die Griechen. Durchaus auch solche, die Besitz haben. Und so sind es vor allem Familien, die zwar im großen Stile Land geerbt haben, es jetzt aber kaum mehr schaffen, die Steuern für ihren Landbesitz zu berappen, die ihren Besitz abstoßen: Und nicht selten sind das Inseln.
Griechenland hat 6000 Inseln, 227 davon sind bewohnt. Und rund 60 befinden sich in Privatbesitz. Es ist ein diskreter Markt, auf dem nicht jeder Anbieter auch öffentlich aufscheinen möchte – um nicht Vermutungen und Rückschlüsse auf seine finanzielle Lage zuzulassen. Das Angebot ist groß. An der Nachfrage jedoch hapert es. Nur eine Insel wurde bisher verkauft. Oxia, eine unbesiedelte Insel im Ionischen Meer. Für fünf Millionen Euro ging sie an eine Investmentfirma aus Katar, hinter der die Familie des Emirs Scheich Hamad al-Thani steckt. Die will Oxia jetzt touristisch ausbauen.
Und noch weitere Projekte der katarischen Königsfamilie stehen im Raum. So soll sie etwa Interesse am Gelände des ehemaligen Flughafens von Athen haben. Oder auch an anderen Inseln.
Genehmigungsdschungel
Die Idee, Griechenland solle seine Inseln verkaufen, um der Schuldenkrise Herr zu werden, kommt dabei aus Deutschland. FDP-Mann Frank Schäffler hatte das angeregt. Dass der griechische Staat selbst jedoch Inseln verkauft, davon ist keine Rede. Und private Käufe haben ihre Tücken. 32 Genehmigungen braucht es, um den Traum vom eigenen griechischen Eiland wahr werden zu lassen – seitens des Verteidigungsministeriums etwa, des Umweltministeriums, oder auch der Behörde, die das archäologische Erbe Griechenlands hütet. Bisher hat es noch keine ausländische Privatperson durch diesen Dschungel geschafft.
Was der griechische Staat allerdings auf Drängen von EU und IWF sehr wohl los werden möchte, sind Staatsbetriebe. Gerade in diesem Jahr stehen eine ganze Reihe an Privatisierungen an, die weitreichende strategische Bedeutung haben. So etwa Anteile von Hellenic Petroleum (erhoffte 580 Millionen Euro), der Wett- und Glücksspielmonopolist OPAP (erhoffte 2,3 Milliarden Euro), die staatliche Post sowie Häfen, Flughäfen und die staatliche Bahn.
Zwei Jahre mehr Zeit
Griechenland ist im Verzug mit den eingeforderten Privatisierungen. Drei Milliarden Euro sollen derart in die Staatskassen kommen alleine in diesem Jahr. Laut dem Chef der griechischen Privatisierungsagentur, Costas Mitropoulos, ist das ein "machbares Ziel". Die griechische Regierung jedoch, die verlangte am Samstag zwei Jahre mehr Zeit für die Umsetzung der von ihr geforderten Sparpakete. Ein Aufwärtstrend oder gar ein Ende der Finanzkrise ist nicht in Sicht. Und solange sich daran nichts ändert, wird so mancher Insel-Besitzer, der von sich selbst vielleicht sagen würde, finanziell reif für die Insel zu sein, tunlichst versuchen, sein Eiland abzustoßen.
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